Feuer in Brasilien: Das Pantanal brennt wieder

Auch unter Präsident Lula brennt es in dem brasilianischen Naturreservat. Kann er die Brandrodungen der Großgrundbesitzer stoppen?

zwei Feuerwehrleute versuchen, mit einem Schlauch auf ihren Schultern einen Brand im Wald zu löschen

Feuerwehrleute versuchen, die Heimat vieler Tier- und Pflanzenarten zu retten: Einsatz am 7. Juli 2024 Foto: Lucio Tavora/dpa

BERLIN taz | Die Feuer kamen in diesem Jahr früher als erwartet, und an vielen Stellen sind sie nicht natürlich entstanden. „Die Brände sind auf menschliches Handeln zurückzuführen“, sagte Brasiliens Umweltministerin Marina Silva diese Woche vor Journalist*innen.

Aktuell untersuche die Bundespolizei die Ursache von mindestens 18 Brandherden im Pantanal. In dem größten Binnenland-Feuchtgebiet der Erde wüten die schwersten Feuer seit dem Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 1999. Viele sollen sich von Privatgrundstücken aus verbreitet haben.

Das brasilianische Weltrauminstitut Inpe registrierte in den ersten sechs Monaten dieses Jahres bereits deutlich über 3.500 Feuer. Im Vergleich dazu wurden im gleichen Zeitraum 2020, das bislang als das Jahr mit den schlimmsten Bränden galt, lediglich 2.534 Feuer aufgezeichnet. Damals war ein Drittel des Pantanals zerstört worden.

Das Pantanal ist eines der größten Sumpfgebiete der Welt und steht bis zu sechs Monate im Jahr völlig unter Wasser. Es liegt zum größten Teil im Südwesten von Brasilien, der Rest befindet sich in Bolivien und Paraguay. Die Unesco hat das Gebiet zum Welterbe erklärt. Das Naturreservat zählt zu den artenreichsten Gebieten des Planeten und ist die Heimat von seltenen Spezies wie Jaguaren, Tapiren und exotischen Vögeln. Außerdem leben hier viele indigene Gemeinden.

Allein im vergangenen Monat wurden hier mehr als 2.000 Brände gemeldet. Normalerweise beginnt die Brandsaison erst Ende Juli oder Anfang August während der trockensten Zeit des Winters. Allerdings ist Brasilien in diesem Jahr von einer schweren Dürre betroffen.

Neben den Auswirkungen der Klimakatastrophe ist dafür auch El Niño verantwortlich. Durch das natürliche Klimaphänomen, das durch die Erderhitzung verstärkt wird, ändern sich die Meeresströme. Teile des östlichen Pazifiks werden wärmer, westliche Teile kühler.

Neue Dürrerekorde

In manchen Regionen führt der El Niño zu Starkregen. Zuletzt im Süden Brasiliens, wo Überschwemmungen viele Teile des Bundesstaates Santa Catarina unter Wasser setzten. In anderen Regionen kommt es zu Hitzewellen und Dürren. Anfang des Jahres brannte es im Amazonas-Gebiet so viel wie nie zuvor. Immer neue Rekorde wurden vermeldet und die Bundesregierung musste den Notstand für etliche Gemeinden ausrufen.

Pantanal gehört zu den trockeneren Regionen. Es erlebt derzeit die schlimmste Dürre seit 70 Jahren. Etwa 700.000 Hektar Land sind bereits verbrannt – fast fünf Prozent des gesamten Gebiets. Da es zuletzt kaum regnete, ist auszuschließen, dass die Brände durch Blitzeinschläge ausgelöst wurden.

„Es gibt zwei Arten von Bränden: Die einen werden von den Indigenen gelegt, um das Land zwischen den Ernten zu roden. Aber das macht nur einen sehr kleinen Anteil aus“, sagt der Geologe Pedro Luiz Cortês der taz. Die meisten Brände würden von Großgrundbesitzern gelegt, um sich öffentliches Land anzueignen. Cortês ist Professor an der Universität von São Paulo und forscht über Waldbrände.

Bolsonaros Erbe

Als das Pantanal 2020 in Flammen stand, regierte noch der rechtsradikale Präsident Jair Bolsonaro. Dieser leugnete die Umweltzerstörung und ließ Kontrollbehörden zerschlagen. Von staatlicher Seite gab es kaum Unterstützung, die Brände einzudämmen. Oftmals waren Indigene und Um­welt­schüt­ze­r*in­nen auf sich alleine gestellt.

Mit Luiz Inácio „Lula“ da Silva regiert mittlerweile ein Mann, der sich den Umweltschutz zumindest auf die Fahnen schreibt. Unter seiner Regierung gelang es tatsächlich, die Abholzung in Amazonien um 60 Prozent zu reduzieren. Allerdings mache die Regierung nicht genug, um der Zerstörung Einhalt zu gebieten, kritisieren Aktivist*innen. Sie unterstütze weiter umstrittene Projekte wie Ölbohrungen im Regenwald.

Außerdem setzt das einflussreiche Agrobusiness die Regierung massiv unter Druck. Seine Ver­tre­te­r*in­nen sitzen in allen Parlamenten. Wälder werden niedergebrannt, um Platz für Viehweiden und Plantagen zu machen: Fleisch und Soja sind Brasiliens Exportschlager.

Regierung ergreift Maßnahmen

Die Regierung hat im Pantanal nun eine umfassende Brandbekämpfungsoffensive gestartet, bei der die brasilianische Luftwaffe eine zentrale Rolle spielt. Zusätzlich sind auch die Marine, Bodentruppen und Feuerwehrkräfte mobilisiert worden, um die Flammen einzudämmen. Eine Sondereinheit mit Mit­ar­bei­te­r*in­nen verschiedener Ministerin wurde gebildet, Ministerin Silva reiste in die Region.

Auch an Geld werde es nicht mangeln, erklärte Planungsministerin Simone Tebet, warnte aber zugleich: „Kein Budget wird ausreichen, wenn wir nicht eine Kampagne zur Sensibilisierung und Rechenschaftspflicht für Brandstiftung im Pantanal und in allen brasilianischen Ökosystemen durchführen.“

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