Ferienende in Hamburg: Unfall überschattet Schulbeginn
Neunjähriger fällt aus Schulfenster vier Meter in die Tiefe. Es war vermutlich wegen Corona geöffnet. Schutzmasken kamen etwas später an.
„Der Unfall betrübt uns sehr. Wir sind in Gedanken bei dem Jungen und seiner Familie“, sagt Schulbehördensprecher Peter Albrecht. Man sei dabei, den Vorfall zu prüfen. „Davon hängen dann geeignete Maßnahmen ab.“
Der Unfall, über den zuerst der NDR berichtete, ist der traurige Endpunkt einer Woche, in der heftig um die geplante Schulöffnung gestritten wurde. Als unstrittig gilt, dass Lüftung wichtig ist, um Corona-Ansteckung über Aerosole zu verhindern.
Die Behörde forderte die Schulen auf, „deutlich stärker darauf zu achten, geschlossene Räume regelmäßig komplett zu lüften“. Dies solle in Pausen oder auch durch Unterbrechung des Unterrichts geschehen. Sollten die Fenster aus Sicherheitsgründen zu sein, sollte eine Lehrkraft die Lüftung beaufsichtigen, so der Plan.
Virologe wirbt für Kompromisse
Zu Beginn der Woche hatten Eltern in einem offenen Brief kritisiert, dass der Schulbetrieb unsicher sei. Dabei ging es auch um Masken. Schulsenator Ties Rabe (SPD) legte fest, dass die Schüler ab Klasse 5 auf Fluren und in Pausen Masken tragen müssen, diese aber im Klassenzimmer ablegen dürfen. Die Elterngruppe will die Maskenpflicht auch im Unterricht.
Rabe beruft sich unter anderem auf ein Konzept-Papier der Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin. Dem entgegen steht nun ein Papier der Gesellschaft für Virologie, das sich für Masken im Unterricht ausspricht. Unterschrieben hat es auch Jonas Schmidt-Chanasit vom Hamburger Bernhard-Nocht-Institut, der bisher Rabes Konzept stützte.
Der sieht in der Stellungnahme keinen Widerspruch. „Wir argumentieren rein aus virologischer Sicht“, sagte er der taz. Aus pädagogischer oder pädiatrischer Sicht sehe die Sache anders aus. „Da ist ganz klar ein Kompromiss notwendig.“
In einem Rundbrief am Donnerstag teilt die Behörde mit, dass eine Maskenpflicht auch nicht auf Beschluss von Lehrer- oder Schulkonferenz zulässig sei. Auf „Freiwilligkeit beruhende Absprachen“ zwischen Lehrern und Schülern seien aber möglich.
Etwas zu spät kam nach Einschätzung von Kritikern ein Brief der Schulbehörde, der den Kindern am Donnerstag ausgeteilt wurde. Die Eltern sollen darin zusichern, dass sie nicht später als am 22. Juli aus einem Risikogebiet zurückgekehrt sind. Unterschrieben zurück gegeben werden sollte der Zettel bis Montag, also drei Tage nach Schulbeginn.
Nur 143 Schulen rechtzeitig beliefert
Und noch etwas lief nicht rund. Schulsenator Rabe hatte den Lehrkräften zu ihrem eigenen Schutz 50.000 Visiere und FFP-2-Masken zugesichert, die besser als die bereits verteilten rund 80.000 Mund-Nasen-Bedeckungen auch den Träger selber vor Infektion schützen sollten. Die Lieferung kam jedoch bis zum Schulstart am Donnerstag nur bei 143 der 372 Schulen an.
Die Behörde nennt logistische Gründe. So war zunächst geplant, dass sich die Lehrkräfte die Masken in der Schulbehörde abholen, bevor entschieden wurde, sie von einer Firma ausliefern zu lassen. „Dieser Service, insbesondere die Umverpackung auf kleinere Pakete, verlängert die Auslieferung um rund vier Tage“, sagt Sprecher Albrecht.
Das kam nicht nur gut an. Christian Gefert von der Vereinigung der Leitungen Hamburger Gymnasien und Studienseminare (VLHGS) sagte am Donnerstag zur taz: „Wir als Schulen sind sehr enttäuscht“. Solle diese Ausrüstung Sinn ergeben, müsse sie „zum Schulstart vorliegen“. Die Behörde verspricht: Spätestens Dienstag sind alle Schulen versorgt.
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