Feministin vor Gericht: Abtreibungsgegner will Anonymität
Yannic Hendricks, der dutzende Ärzt*innen anzeigte, verklagt die Vorsitzende von Pro Familia in Hamburg – weil sie seinen Namen im Internet nannte.
Das sei halt so sein Hobby, sagte Hendricks im Interview mit der taz und im Deutschlandfunk über seine 60 bis 70 Anzeigen. Weil er aber anonym bleiben möchte, weitete der Abtreibungsgegner sein Hobby aus: Er geht gerichtlich gegen alle vor, die seinen Namen im Internet nennen. Solch ein Fall beschäftigt am 15. März das Hamburger Landgericht.
Kersten Artus, Journalistin und Vorsitzende von Pro Familia Hamburg, nannte Hendricks Namen auf Facebook und Twitter. Der Student aus Kleve reichte Zivilklage ein, weil Artus sich weigerte, eine Unterlassungserklärung zu unterzeichnen, ihre Beiträge zu löschen und Hendricks’ Anwaltskosten zu zahlen. Seine Anwälte argumentieren, dass Artus seine Persönlichkeitsrechte verletzt habe und kein öffentliches Interesse an Hendricks’ Namen bestünde.
Eigentlich sollte der Fall schon vor knapp einem Monat verhandelt werden, doch der Termin musste verschoben werden, weil Hendricks seine Klage erweiterte. Grund war Artus’ Reaktion auf einen Tweet. Ein User twitterte das Foto eines Plakats an der Roten Flora in Hamburg. Darauf war unter anderem ein gemaltes Porträt von Hendricks zu sehen. Artus kommentierte den Beitrag mit „Ohlala“. Sie stelle ihren Mandanten nun auch noch per Foto an den Pranger, argumentieren Hendricks’ Anwälte in der Klageerweiterung.
Kersten Artus, Pro Familia
Artus hingegen findet, das Bild an der Roten Flora beweise das öffentliche Interesse an Hendricks. Das wiederum habe er durch seine Strafanzeigen-Kampagne selbst gesteigert. „Er ist diesen Weg bewusst gegangen und will damit auch die Gesellschaft verändern“, sagt sie.
Ähnlich argumentierte auch das Düsseldorfer Landgericht und lehnte eine einstweilige Verfügung gegen das Online-Medium „Buzzfeed“ ab. Auch dort wurde Hendricks’ Name genannt. Der will seinem Hobby weiter nachgehen und legte Berufung ein. Und „auch wegen der Veröffentlichung des Hetzplakats“ an der Roten Flora wurde laut Hendricks Anwälten Strafanzeige erstattet.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Anschlag auf Magdeburger Weihnachtsmarkt
Vieles deutet auf radikal-islamfeindlichen Hintergrund hin
Keine Konsequenzen für Rechtsbruch
Vor dem Gesetz sind Vermieter gleicher
Wahlprogramm von CDU und CSU
Der Zeitgeist als Wählerklient
Anschlag in Magdeburg
Auto rast in eine Menschenmenge auf dem Weihnachtsmarkt
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen