Fehlstart von Schwarz-Rot in Berlin: Die SPD braucht einen Neuanfang
Die Berliner SPD ist tief gespalten. Um nicht auseinanderzufallen, braucht es eine Führung, die nicht weiter polarisiert. Doch die ist nicht in Sicht.
B islang ist sie die einzige, die öffentlich Konsequenzen fordert. Bereits vor dem Debakel bei der Wahl von Kai Wegner zum neuen CDU-Regierenden Bürgermeister von Berlin hatte sich Sawsan Chebli zu Wort gemeldet. „Wir regieren seit Jahren leider mit kontinuierlichen Stimmenverlusten. Das kann nicht länger folgenlos bleiben.“ Das diktierte die ehemalige Berliner SPD-Staatssekretärin dem Spiegel nach der Bekanntgabe des Ergebnisses des Mitgliederentscheids zur Koalition mit der CDU.
Cheblis Forderung war eine Kampfansage an die beiden SPD-Vorsitzenden Franziska Giffey und Raed Saleh. „Ich hielte es für sinnvoll und angemessen, wenn sich die bisherigen Vorsitzenden nun voll auf Regierungspolitik konzentrieren würden“, sagte sie wörtlich. „Der nötige Neuaufbau der SPD kann nicht im Nebenjob erledigt werden.“
Tatsächlich braucht die Berliner SPD dringend einen personellen Neuanfang. Die tief gespaltene Partei hat ihr Schicksal nicht nur in die Hände der CDU gegeben, sondern auch in die von Franziska Giffey. Der aber geht es weniger um die Partei als ums eigene politische Überleben. Nachgerade faustisch ist dieser Pakt, der auch das endgültige Verschwinden der SPD in der politischen Bedeutungslosigkeit bedeuten könnte. Der Ruf nach einem harten Schnitt ist da nachvollziehbar.
Dennoch müssen Giffey und Saleh zunächst nicht um ihren Posten als SPD-Vorsitzende fürchten. Der nächste Parteitag der Berliner SPD findet zwar bereits am 26. Mai statt. Eine Neuwahl des Landesvorstands steht allerdings nicht auf der Tagesordnung, sie ist erst für einen noch nicht terminierten Parteitag im kommenden Jahr vorgesehen.
Hoffen auf nächstes Jahr
Für die Gegnerinnen und Gegner einer Koalition mit der CDU (und damit auch von Giffey und Saleh) ist dieser Zeitplan ein Problem. Würde der Landesvorsitz schon am 26. Mai gewählt werden, müsste vor allem Franziska Giffey ihre Abwahl fürchten. Bereits bei ihrer Wiederwahl im Juni 2022 hatte sie nur 59 Prozent der Delegiertenstimmen bekommen. Das war vor ihrer Entscheidung, Rot-Grün-Rot eine lange Nase zu zeigen und sich der CDU als Juniorpartnerin an den Hals zu werfen.
Ohne reguläre Neuwahl bliebe den Giffey-Kritikern nur, für den Parteitag im Mai einen Abwahlantrag zu stellen. Den allerdings müsste der amtierende Landesvorstand zulassen. Dort aber haben Giffey und Saleh eine satte Mehrheit. Keine Überraschung also, dass sich die innerparteiliche Opposition auf den Parteitag im kommenden Jahr konzentriert. Schon jetzt gibt es Aufrufe an die Kritiker, die Partei nicht zu verlassen, um dann eine Mehrheit gegen Giffey und Saleh zustande zu bringen.
Für die Regierungsarbeit im Senat bedeutet das für die kommenden Monate wenig Gutes, da hat Sawsan Chebli recht. Statt sich um ihren Job als Wirtschaftssenatorin zu kümmern, wird Franziska Giffey weiter um ihre politische Existenz kämpfen müssen. Der interne Machtkampf in der SPD wird die Partei damit weiter spalten. Mit aller Kraft werden Giffey und Saleh versuchen, die Zusammensetzung der Delegierten für den Parteitag im kommenden Jahr zu ihren Gunsten zu verändern.
Wieder einmal ist die Partei mit sich selbst beschäftigt. Gut möglich, dass die CDU inzwischen in den Umfragen weiter voraneilt und die Grünen die SPD überholen.
Giffey und Saleh wäre es wohl egal. Hauptsache Macht. Dass sie damit durchkommen könnten, hat auch damit zu tun, dass es bislang keine wirkliche personelle Alternative zum amtierenden Führungsduo gibt. Ein Name, der immer wieder genannt wird, ist der von Cansel Kiziltepe.
Allerdings gilt für die Parteilinke dasselbe, was Sawsan Chebli auch an Franziska Giffey moniert. Die innerparteiliche Opposition wird ihr auch vorhalten, sich mit ihrem Eintritt in den Senat auf die Seite von Giffey und Saleh geschlagen zu haben.
Dennoch halten viele Kiziltepe als einzige Alternative zu Franziska Giffey, was eine Spitzenkandidatur für die nächste Wahl zum Abgeordnetenhaus im Herbst 2026 betrifft. Doch dazu müsste eine Senatorin der SPD mitten in der Legislatur ihren Hut gegen eine andere Senatorin in den Ring werfen.
Bliebe noch eine Übergangslösung, etwa mit dem einflussreichen Kreisvorsitzenden und Bundestagsabgeordneten Ruppert Stüwe aus Steglitz-Zehlendorf. Ein personeller Neuanfang wäre das aber nicht.
Aber ein Ende des faustischen Pakts.
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