Fehlerhafte Mieterhöhungen: Wohnungskonzern schludert
Mietervereine bemängeln die jüngsten Mieterhöhungen der Firma Heimstaden. Mieter*innen sollten sich unbedingt rechtlich beraten lassen.
Jetzt warnt eine Reihe von Mietervereinen: Die Erhöhungen seien zum großen Teil fehlerhaft oder gar unrechtmäßig. Von der Politik fordern sie, sowohl gegen die Verstöße der Vermieter als auch gegen die immer weiter steigenden Mieten vorzugehen.
Heimstaden mache sich hier die Lage der Mieter*innen zu nutze, kritisiert unter anderem der Verein „Mieter helfen Mietern“. Über die Hälfte der aktuellen Mieterhöhungen weise zum Teil eklatante Fehler auf.
Vor allem bemängeln die Hamburger und Berliner Mietervereine zwei Dinge: Zum einen lägen die jüngsten Erhöhungen oft deutlich über den ortsüblichen Vergleichsmieten. Zum anderen habe Heimstaden in vielen Fällen versucht, unbemerkt die Bruttokaltmiete einiger Mieter*innen in eine Nettokaltmiete umzuwandeln. „Eine derartige Bauernfängerei hat mit der Wahrnehmung gesellschaftlicher Verantwortung nichts zu tun“, sagt Paul-Hendrik Mann vom Mieterverein zu Hamburg.
Kappungsgrenze überschritten
Darüber hinaus sei bei vielen weiteren Mieterhöhungen die sogenannte Kappungsgrenze überschritten worden. Dieser Grenzwert soll gewährleisten, dass Mieten in drei Jahren um nicht mehr als 15 Prozent steigen.
Viele Heimstaden-Mieter*innen bekamen jedoch Erhöhungen von bis über 20 Prozent in wesentlich kürzeren Zeiträumen. „Diese gravierenden und umfangreichen Fehler – immer konsequent zum Nachteil von uns Mieter:innen – basieren auf dem Profitstreben von Heimstaden“, so eine Sprecherin der Initiative „Stop Heimstaden“ Berlin.
Die Mietervereine empfehlen, unbedingt jede Mieterhöhung rechtlich prüfen zu lassen. Auch bei anderen großen Vermietern seien diese oft nicht korrekt oder zulässig. Auch sei es wichtig, sich untereinander zu vernetzen und zu unterstützen. Gerade ältere Mieter*innen vertrauten oft blind auf die Rechtmäßigkeit der Mieterhöhungen.
Marc Meyer vom Verein „Mieter helfen Mietern“ zeigt sich enttäuscht vom Verhalten der Vermietergesellschaft. „Spätestens mit der aktuellen Mieterhöhungswelle wird deutlich, dass Heimstaden keinen Deut besser ist als die berüchtigte Voreigentümergesellschaft Akelius.“ 2021 hatte Heimstaden etwa 14.000 Akelius-Wohnungen übernommen. Insgesamt besitzt das schwedische Unternehmen nun mehr als 4.500 Wohnungen in Hamburg, in Berlin sind es 20.000.
Verbot von Indexmieten gefordert
Neben der aktuellen Erhöhungsoffensive kritisiert das Mieterbündnis auch grundsätzliche Entwicklungen des Wohnungsmarktes. Vor allem die immer stärkere Verbreitung von Indexmieten mit Erhöhungsraten von bis zu 20 Prozent seien für viele Mieter*innen „fatal“.
Zudem würden die Mieterhöhungen immer wieder systematisch ausgereizt, wenn über längere Zeit keine Erhöhung vorgenommen wurde. In diesem Fall könne die Miete auf einen Schlag um so viel erhöht werden, wie sie über den gleichen Zeitraum mit einer Indexmiete gestiegen wäre.
Nach dem Einstieg von Heimstaden in den Hamburger Wohnungsmarkt hatte es Hoffnung auf einen besseren Mieter*innenschutz gegeben. Das Unternehmen stellt sich nach außen als soziale und verantwortungsbewusste Eigentumsgesellschaft dar. Allein: „Die Zusicherungen von Heimstaden waren offensichtlich das Papier nicht wert, auf dem sie geschrieben wurden“, sagt Mann.
Deshalb fordert das Bündnis aus Mietervereinen nun verstärkt die Politik. Es brauche ein generelles Verbot von Indexmieten sowie eine Begrenzung der Mieterhöhungen auf elf Prozent in drei Jahren bei bestehenden Indexmieten. Darüber hinaus fordern die Vereine die Einführung eines bundesweiten Mietendeckels, auf dessen Niveau überzogene Mieten herabgesetzt werden müssten.
Fehlverhalten von Vermietern müsse stärker sanktioniert werden. Auch betont der Mieterverband, dass die Pläne der Ampel-Regierung endlich durchgesetzt werden müssten. Im Koalitionsvertrag hatten sich die Parteien auf eine Kappungsgrenze von elf Prozent über drei Jahre verständigt.
Diese Maßnahmen seien vor allem für Hamburg wichtig, gerade mit Blick auf den neuen Mietenspiegel, der Ende des Jahres kommen soll.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Umweltfolgen des Kriegs in Gaza
Eine Toilettenspülung Wasser pro Tag und Person
Streit in der SPD über Kanzlerkandidatur
Die Verunsicherung
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Biden genehmigt Lieferung von Antipersonenminen
BGH-Urteil gegen Querdenken-Richter
Richter hat sein Amt für Maskenverbot missbraucht
Hype um Boris Pistorius
Fragwürdige Beliebtheit
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten