piwik no script img

Fehlende RadwegeGeld ausgeben schwer gemacht

Anja Krüger
Kommentar von Anja Krüger

Um den Ausbau von Straßen kümmern sich auf Bundesebene riesige Verwaltungseinheiten, um den Radverkehr nur wenige Personen.

Der Bedarf an guten Radwegen steigt immens – die Infrastruktur muss rasch sehr viel besser werden Foto: Gerhard Leber/imago

I n kaum einer Rede verzichten Ver­kehrs­po­li­ti­ke­r:in­nen darauf, ein Loblied auf den Radverkehr zu singen und die Verbesserung der Infrastruktur anzukündigen oder anzumahnen – je nachdem, ob sie in der Regierung oder der Opposition sind. Doch tatsächlich passiert viel zu wenig. Dass es auch schnell gehen kann, hat etwa der Berliner Bezirk Kreuzberg in der Coronakrise mit dem zügigen Ausbau der Pop-up-Radwege gezeigt. Doch diese Ausnahme bestätigt nur die Regel: Ansonsten geht es, wenn überhaupt, schleppend voran.

Dabei steigt der Bedarf an guten Wegen für Rad­le­r:in­nen immens. Mit dem Boom der E-Bikes hat sich ihr Radius enorm vergrößert. Damit zur Arbeit zu fahren erscheint vielen Berufstätigen inzwischen sehr viel unkomplizierter zu sein als mit einem konventionellen Rad oder – schon wegen des Parkplatzproblems – dem Auto. Und solange die Coronakrise nicht überwunden ist, ist diese Alternative zu Bussen und Bahnen besonders attraktiv. Betriebsvereinbarungen oder tarifvertragliche Regelungen zur Anschaffung von Dienst-E-Bikes, die es heute nur punktuell gibt, werden bald für viele Millionen Menschen gelten. Dann wird es richtig voll auf den Radwegen der Republik.

Die Infrastruktur muss rasch sehr viel besser werden. Das gilt nicht nur für die Innenstädte. Auch und gerade Verbindungen zwischen Ortschaften müssen besser werden. Dass viele Bundesstraßen keine Radwege haben, hindert radelnde Pendler:innen, sie zu nutzen.

Um den Ausbau von Straßen kümmern sich auf Bundesebene riesige Verwaltungseinheiten, um den Radverkehr nur wenige Personen. Das zeigt: Wirklich ernst nimmt die Bundesregierung den Radverkehr nicht. Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) macht zwar für den Ausbau der Radinfrastruktur mit 1,4 Milliarden Euro so viel Geld locker wie keiner seiner Vorgänger. Aber wie viel davon tatsächlich in neue Projekte fließt, bleibt abzuwarten. Denn für einen wirklichen Durchbruch gibt es noch immer viel zu viele Barrieren in Gesetzen und Vorschriften und viel zu wenige Ra­d­ex­per­t:in­nen in den Verwaltungen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Anja Krüger
Wirtschaftsredakteurin
Buchveröffentlichungen: „Die verlogene Politik. Macht um jeden Preis“ (Knaur Taschenbuch Verlag, 2010), „Die Angstmacher. Wie uns die Versicherungswirtschaft abzockt“ (Lübbe Ehrenwirth, 2012).
Mehr zum Thema

2 Kommentare

 / 
  • "Dabei steigt der Bedarf an guten Wegen für Rad­le­r:in­nen immens. ..."



    UND es würde auch was passieren mit/bei dem Millionen-Mitteln die jetzt im Topf sind, denn wer lässt sich gerne ein Geschäft an der Nase vorbeigehen.



    Nur, der Platz für so etwas wie Radverkehrsinfrastruktur ist schon für Parkplätze für Autos usw. verbraucht & an Straßenbau & -reparatur, Autos zusammenschrauben usw. kann man MEHR verdienen.



    Da lässt man/Frau notgedrungen doch die Millionen liegen & nimmt zähneknirschend die Milliarden.



    Da kannste nix machen, da ist nichts dran zu verändern.



    Is so ;-(,Sikasuu



    Ps. Jetzt nicht mit Niederlanden, gar Dänemark kommen. Die sind genetisch ganz anders, so was ist in DE gar nicht machbar!

  • Ich wusste es bis vor kurzem auch nicht. Aber eine Straße beinhaltet nach Verwaltungsrecht sehr wohl auch die Rad- und Fußwege (und Parkplätze und ÖPNV-Spuren). Dass in der Alltagssprache dann immer nur die Fahrbahn für PKW und LKW gemeint ist sagt sehr viel über die Verdrängung der „schwachen“ Verkehrsteilnehmer aus dem Bewusstsein aus. Ach ja, die versprochene Förderung ist lächerlich gering. Solange die Landesstraßenämter keine Planer an die Städte ausleihen müssen wird das Geld auch nicht ausgegeben werden können, wie die letzten Jahre gezeigt haben. Vermutlich ist Radwegeplaner auch nicht sexy genug. Wie auch, wenn nichts richtig Gutes bei den Planungen heraus kommen darf, weil sonst zu teuer? Das ist in den Niederlanden ja ganz anders!