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Fall Mouhamed DraméPsychische Krisen lassen sich nicht mit der Waffe lösen

Dinah Riese
Kommentar von Dinah Riese

Der Freispruch für fünf Po­li­zis­t:in­nen in Dortmund zeigt erneut: Staatsgewalt ist tödlich – und die falsche Antwort auf psychische Krisen.

Der Prozess um den Tod von Mouhamed Dramé in Dortmund endet mit einem Freispruch der angeklagten Po­li­zis­t:in­nen Foto: imago

D er 16-jährige Mouhamed Dramé brauchte Hilfe in einer psychischen Ausnahmesituation. Stattdessen wurde er erschossen. Die Kugeln einer Maschinenpistole trafen ihn im Gesicht, am Hals, in die Schulter, in den Bauch. Abgefeuert hatte die Waffe: ein Polizeibeamter, bei einem Einsatz, bei dem so ziemlich alles falsch gemacht wurde.

Zur Rechenschaft dafür gezogen wird niemand. Die beteiligten Polizeibeamten wurden am Donnerstag allesamt freigesprochen: Sie hätten sich in einer Notwehrsituation gesehen.

Das Problem ist: Diesen Polizeieinsatz hätte es so nie geben dürfen. Immer wieder sterben Menschen durch Polizeikugeln. Immer wieder trifft es vor allem Menschen in psychischen Ausnahmesituationen. Menschen, die nicht zurechnungsfähig sind. Die wie Dramé suizidgefährdet sind. Viele von ihnen erleben weitere Formen von Diskriminierung, etwa Armut oder Rassismus. Am Ende sind sie tot, statt dass ihnen geholfen wurde – weil die Polizei bei ihrem Einsatz selbst erst die Notwehrsituation hervorruft.

Sich selbst angetan hat Mouhamed Dramé nichts. Tot ist er trotzdem.

Dramé war zunächst eine Gefahr für sich selbst. Er hatte sich ein Messer an den Bauch gehalten. Erst als die Polizei ihn mit einer vollen Ladung Pfefferspray angriff, lief er auf die Beamten zu. Sich selbst angetan hat er nichts. Tot ist er trotzdem. Und er ist kein Einzelfall.

Seit Jahren schon mahnen Ex­per­t*in­nen, dass bewaffnete Uniformierte, die vorpreschen und dabei womöglich noch Pfefferspray, Taser oder gar Schusswaffen einsetzen, die Situation eskalieren, statt sie zu beruhigen. Immer wieder fordern sie, dass es Not­ärz­t*in­nen oder psychosoziale Krisendienste sein müssten, welche die Betroffenen zuerst erreichen.

Trotzdem sinken die Zahlen nicht – sie steigen. 2024 wurden so viele Menschen durch Polizeischüsse getötet wie seit 1999 nicht mehr. In etwa zwei Dritteln der Fälle befanden sich die Opfer in einer psychischen Krise. Und solche Krisen lassen sich nicht mit der Waffe lösen. Dass die Polizei diesen Lernprozess offenbar strukturell verweigert, bezahlen Menschen mit ihrem Leben. Immer und immer wieder.

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Dinah Riese
Ressortleiterin Inland
leitet das Inlandsressort der taz. Davor war sie dort seit Oktober 2018 Redakteurin für Migration und Integration und davor von 2016-17 Volontärin der taz Panter Stiftung. Für ihre Recherche und Berichterstattung zum sogenannten Werbeverbot für Abtreibungen, Paragraf 219a StGB, wurde sie mehrfach ausgezeichnet. Im März 2022 erschien von Gesine Agena, Patricia Hecht und ihr das Buch "Selbstbestimmt. Für reproduktive Rechte" im Verlag Klaus Wagenbach.
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34 Kommentare

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  • Nach Aussagen des Einsatzleiters im Prozess handelte es sich um einen Fall von akuter Selbstgefährdung. Diese Fälle gibt es jeden Tag, deswegen ist das Vorgehen auch landesrechtlich geregelt im Gesetz über Hilfen und Schutzmaßnahmen bei psychischen Krankheiten (Nordrhein-Westfalen). Notärzte haben damit regelmäßig zu tun, dafür sind sie auch ausgebildet. Die Einrichtung hat die Polizei alarmiert. Es kann sein, dass dabei das Stichwort "Messer" zu dem massiven Polizeieinsatz geführt hat, weil jemand am Telefon geglaubt hat es handelt sich eine Lage mit intensivster Fremgefährdung wie in Würzburg. Der Einsatzleiter hat aber ausgesagt, dass er vor Ort selbst gesehen hat, dass es sich um einen Fall von Selbstgefährdung handelt. Pfefferspray und Elektoschocker sind dafür nicht gedacht und wie die Katastrophe zeigt, eher schädlich. Wer in einer Notwehrsituation mit der Maschinenpistole schießt, zielt nicht auf Hals und Brust sondern auf die Beine, dann fällt der Mensch hin und ist erst mal handlungsunfähig. Für diesen Fall braucht man den Rettungsdienst sowieso. Ich, falls ich mal aggressiv und verrückt werde möchte das für mich persönlich so.

    • @Hans - Friedrich Bär:

      Ich hoffe, Herr Bär, dass Sie scon einmal mit einer Pistole, einer Maschinenpistole oder einem Gewehr bewiesen haben, dass Sie auf 25 Meter einen Luftballon im Zielbereich eines Schießstandes treffen können.



      Wenn nicht, müssen Sie sich sagen lassen, dass Sie eher theoretische Kenntnisse, hollywood-basiert, besitzen.

      Wenn eine Person mit einem Messer auf mich zurennt - ich nutze die persönlich Form, um es zu verdeutlichen - schieße ich auf Wirkung. Diese Wirkung, nämlich den "Angreifer" zu stoppen, erziele ich dadurch, dass ich auf das größte Ziel , den Oberkörper, visiere und schieße, bis ich Wirkung erkennen kann. Das dürften in der Regel etwa drei bis fünf Schuss sein. Manchmal ... Stress, Aufregung, Überforderung ... können deutlich mehr Schüsse die Folge sein.



      Auch bei Beinen - die Schienbeine bzw. Waden sind kein gutes Ziel - schieße ich, wenn, auf die Oberschenkel und auch dort befindet sich ein großes Blutgefäß, das bei einem Treffer sehr wahrscheinlich betroffen ist und dazu führt, dass der Treffer letal ist.

    • @Hans - Friedrich Bär:

      "Wer in einer Notwehrsituation mit der Maschinenpistole schießt, zielt nicht auf Hals und Brust sondern auf die Beine"

      In der Realität geht das nur, wenn die Person sich nicht bewegt und niemand sonst durch einen möglichen Fehlschuss/Querschläger gefährdet werden könnte. Dann haben Sie aber in der Regel keine akute Notwehrsituation.

      Wenn jemand bewaffnet auf Sie losgeht, schießen Sie auf die Körpermitte, solange bis sich eine Trefferwirkung einstellt - das ist insbesondere bei unter Drogen stehenden oder psychisch auffälligen nicht unbedingt beim ersten Treffer gegeben.

      Eine Maschinenpistole verschießt übrigens 9mm-Patronen...genau wie eine Pistole. Das ist kein Maschinengewehr.

  • Wieso wir der Artikel mit der falschen Altersangabe eingeleitet. Selbst die Familie gibt an, dass er bei der Flucht schon mindesten 20 war?

  • "Trotzdem sinken die Zahlen nicht – sie steigen. 2024 wurden so viele Menschen durch Polizeischüsse getötet wie seit 1999 nicht mehr."

    Das ist doch albern dramatisiert. Ein Anstieg von 10 auf 17 Fälle ist immer noch statistisches Rauschen, viel zu geringe Zahlen um daraus Trends zu konstruieren, zumal die drei Jahre davor eher unterdurchschnittlich waren:

    www.mdr.de/nachric...ch-bilanz-100.html

    Natürlich ist das immer tragisch aber mir ist lieber, dass die Polizei auf Nummer sicher geht. Letztlich ist jeder Amokläufer (Stichwort: "Familiendramen", erweiterter Suizid) in einer psychischen Ausnahmesituation.

  • Das ist zwar ein netter Gedanke, aber wo hätte man denn eine psychologische Fachkraft, die Wolof oder Französisch spricht, und kein Problem damit hat, an jemanden im psychischen Ausnahmezustand und mit einem Messer bewaffnet heranzutreten, auf die Schnelle auftreiben wollen? Nicht zu vergessen, dass offensichtlich auch schon die Mitarbeiter der Jugendeinrichtung, die das Opfer kannten, offensichtlich nicht in der Lage waren, irgendeine Form von Kommunikation mit ihm zu führen. Bei aller Liebe, das ist einfach utopisch, zu meinen, man hätte hier einfach einen "Menschenflüsterer" rankarren können, Psychologen sind keine Zauberer.



    Es ist mmn auch völlig falsch, solche Situationen immer nur am Ergebnis bewerten zu wollen. Ich kenne die Statistiken natürlich nicht, aber die Tatsache, dass der Einsatzleiter noch heute sagt, das Vorgehen wäre korrekt gewesen, zeigt mir, dass es oft genug funktioniert haben muss. Natürlich ist es hier schief gegangen und das ist tragisch, aber deswegen von blanker Willkür auszugehen ist Quatscht.

  • Durch Pfefferspray und Taser nicht zu stoppen. Mit dem Messer in der Hand auf die Beamten zulaufen und den Aufforderungen nicht folgen. Notwehreinsatz des sichernden Beamten. Schlüssiges Urteil. Trotzdem tragisch.

    • @Trabantus:

      Ja, der Fehler lag natürlich vorher. Das kann man aber den einzelnen Beamten nicht vorwerfen, schon gar nicht im Sinne des Strafrechts.



      Ich fand das Plädoyer der Staatsanwaltschaft nicht so falsch, dass der Einsatzleiter haften müsste, allerdings fand ich die geforderte Strafe weit überhöht (Freiheitsstrafe).

  • ... guten Tag,



    "Er hatte sich ein Messer an den Bauch gehalten. Erst als die Polizei ihn mit einer vollen Ladung Pfefferspray angriff, lief er auf die Beamten zu."

    Meine Frage an Dinah Riese würde lauten: "Welche Alternative hatten die/der Polizist*in in dieser Situation? Sich umdrehen und weglaufen?



    Das wäre für Ordnungshüter*innen eine ja wohl keine Alternative.

    Für mich ein klassischer Fall von Behördenversagen. Im Vorfeld hätte man sich um das spätere Opfer kümmern müssen.

    Btw: Ein bewaffneter Angreifer legt 7 Meter in 3 Sekunden mit schnellen Gehen oder Laufen zurück — dann steht er mit seiner Waffe vor der Polizei ( oder vor irgendjemanden anderes). Einfach mal im Kopf Einundzwanzig, Zweiundzwanzig, Dreiundzwanzig ...



    Gruß Fritz

    • @Fritz Müller:

      Bei Problemen die seit Jahren bekannt sind, sollte man evtl. mal an „ernsthaften“ Lösungen Arbeiten. Und z.b. bzgl. der Deeskalation nachbessern.

      Laut diesem Artikel www.tagesschau.de/...usbildung-101.html wird von dem Einsatz von Pfefferspray auch abgeraten.



      „Für den Kriminologen Feltes ist der Einsatz von Pfefferspray ein grundlegender Fehler im Umgang mit Menschen in einer psychischen Ausnahmesituation. Die Personen würden dadurch noch aggressiver oder reagieren, panisch und versuchen zu fliehen. Auch der Polizeiwissenschaftler Martin Thüne der Thüringer Fachhochschule für öffentliche Verwaltung sagt, Pfefferspray führe in der Regel dazu, dass die Situation weiter eskaliere.“



      Sie können auch nochmal den Kriminologen Rafael Behr dazu lesen taz.de/Kriminologe...lizisten/!5805761/.

      Und bzgl. Deeskalation wurden einige Sachen, wie der Einsatz von Psycholog:innen, gar nicht in Erwägung gezogen. Und den Einsatz von Mitteln wie Pfefferspray, Elektroschockern und der Maschinenpistole wurde wohl nicht mal Angedroht.



      Der Umgang mit dem Fall würde ich auch als Anzeichen für Mangelhafte Fehlerkultur ansehen.

  • Dass die Polizei diesen Lernprozess offenbar strukturell verweigert, bezahlen Menschen mit ihrem Leben. Immer und immer wieder.

    Woran macht die Autorin das fest? Es ist allgemein bekannt, dass auch Polizisten nicht unbedingt die 40 Stunden Woche haben. Liegt es nicht eher daran das es zu wenige Polizisten gibt, so das bei deren Ausbildung nicht unbedingt viel Zeit bleibt.

    Was leider überhaupt nicht passt, hier für die taz Leser wohl schon, ist die Einseitigkeit des Artikels. Eigentlich Schade bei solch wichtigen Themen.

  • Ich hätte jetzt von der Autorin einen Vorschlag erwartet, wie die Polizei oder noch zuvor Zeugen damit umgehen sollten?

    Denn diese haben ja die Polizei gerufen.

    Ich habe selbst die Situation erlebt dass eine mir mal nahe stehende Person mittels Auto einen Suizid angedroht hatte.

    Ich dachte eher an unbeteiligte, die dadurch verletzt oder gar getötet werden konnten und habe selbstverständlich die Polizei gerufen.

    In Würzburg waren nach einer psychischen Ausnahmesituation drei Frauen tot.

    Wie sollen sich also umstehende in so einer Situation, die ein Verhalten beobachten?

    Einen Sozialarbeiter, die Psychiatrie oder die Polizei kontaktieren?

    Wie lautet denn die Empfehlung?

  • Für dieses Urteil fehlt mir jedes menschliche und moralische Verständnis.

    • @Heinz Günter Gruse:

      Warum? Wenn keinem der Beamten nachgewiesen werden kann, den Tod von Mouhamed Dramé durch eigenes Fehlverhalten maßgeblich herbeigeführt zu haben, ist ein Freispruch doch die logische Konsequenz, das heißt ja nicht, dass bei dem Einsatz "alles richtig gemacht" wurde, und schon gar nicht, dass die Konsequenzen nicht schrecklich sind.

      • @Agarack:

        Rafael Behr z.b. Beurteilt den Freispruch laut der Quelle hier www.epd.de/regiona...rame-ist-sehr-mild so:



        „Es habe „den taktischen Fehler“ nicht gesehen, der dazu geführt habe, dass sich die Beamten durch eigenes unüberlegtes Handeln in eine angebliche Notwehrsituation gebracht hätten.“.

        In meinen Augen wäre das auch Fehlverhalten, und daraus entsteht laut Behr letztendlich auch eine andere Problematik:



        „Ich persönlich hätte es besser und gerechter empfunden, wenn der Einsatzleiter wenigstens, wie von der Staatsanwaltschaft gefordert, zu einer symbolischen Strafe verurteilt worden wäre“, sagte Behr. Eine symbolische Verurteilung des Einsatzleiters hätte auch für eine größere „generalpräventive Wirkung“ sorgen können.“



        „Bei dem jetzt ergangenen Urteil fürchte ich, dass die autoritären Kreise in der Polizei auftrumpfen werden und sagen 'Sehr Ihr, die Kollegen haben alles richtig gemacht'“, sagte Behr dem epd. Das verringere den Reformwillen.

        Das würde ich persönlich auch so sehen, so bleibt halt weiter der Eindruck das die Polizei vor Gericht unangebrachterweise geschont wird.

        • @serious?:

          Diese Wortmeldung finde ich, offen gesagt, äußerst fragwürdig, weil die meisten vorgebrachten Argumente nichts mit dem Fall zu tun haben. "Symbolische" Verurteilungen zu Präventionszwecken ohne klar nachweisbaren Rechtsbruch haben in einem Rechtsstaat nichts verloren, und ich finde es massiv irritierend, wenn ausgerechnet ein Kriminologe so etwas äußert. Stellen Sie sich mal vor, eine junge Person würde mit Kokain in Eigenbedarfsmenge aufgegriffen und würde trotzdem zu einer "symbolischen" Strafe wegen Drogenhandels verurteilt, um Drogenhändler abzuschrecken, dann ist das Problem offenkundig.

          Das Gericht hat kein schuldhaftes, strafbares Fehlverhalten festgestellt. Fehler zu machen, ist schlecht, aber nicht automatisch strafbar. Somit ergibt sich in einem Rechtsstaat ein Freispruch. Wenn Herr Behr das anders sieht, muss er schon begründen, wo genau das strafbare (!) Fehlverhalten liegt. Ob das die "autoritären Kollegen" freut oder nicht, ist irrelevant.

          • @Agarack:

            Ich halte Herr Behr als Professor welcher Kriminologie und Soziologie unterrichtet hat für Quailfizierter in der Beurteilung, als sie mir hier über ihre Kommentare erscheinen.

            Ebenso weiß nicht was ihr Erfahrungs- und Informationsstand ist, aber meines Wissens nach sind Richter keine Personen, welche nicht zu Fehleinschätzungen und „Fehlurteilen“ kommen können.



            Es soll auch Gründe geben warum in Revision gegangen werden kann.



            Meiner Meinung nach hätte man der Staatsanwaltschaft durchaus folgen können, da m.e. nach in unnötiger Weise in einer Form eskaliert wurde was zum Tode Mouhamed Dramés führte.

            Die Aussage von ihnen „Ob das die "autoritären Kollegen" freut oder nicht, ist irrelevant.“ ist generell arg schwierig, da sie die Gesellschaftliche Ebene und Dimension, im Gegensatz zu Behr, Missversteht.

            Sie sollten evtl. den Artikel www.epd.de/regiona...rame-ist-sehr-mild nochmal offener und mit höheren Erkentnissinteresse lesen.

            • @serious?:

              "Ich halte Herr Behr als Professor welcher Kriminologie und Soziologie unterrichtet hat für Quailfizierter in der Beurteilung, als sie mir hier über ihre Kommentare erscheinen."

              Auch für Fragen des Strafrechts?

              Für gesellschaftlich wünschenswert kann man persönlich alles mögliche halten, aber die eigene Sicht der Welt kann nicht Grundlage einer individuellen strafrechtlichen Verurteilung sein...zumindest nicht in einem Rechtsstaat.

  • Mir tut die Familie leid, denn die Familie muss diese Tragödie ertragen, weil in der Polizei immer noch keine Konsequenzen gezogen wurden, wie der Umgang bei der Polizei so zu verändern ist das keiner sein leben dabei verliert ( die Polizisten sind in gewisser weise auch Opfer der eigenen Führung die nichts tut um so etwas zu verhindern ). Die Ausbildung der Polizei ist in diesen und in anderen gleichen Situationen völlig unzureichend und absolut skandalös. Die Familie verliert ein Familienmitglied, die Polizei verliert seine Reputation, alle verlieren und das ist typisch für den heutigen Staat! Was muss noch passieren damit sich etwas in der Ausbildung der Polizei positiv ändert, denn es haben bereits viel zu viele für nichts ihr Leben in gleicher Situation verloren.

  • Der Fall Mouhamed Dramé ist natürlich sehr tragisch. Ich glaube aber offen gesagt nicht, dass die von Frau Riese für diesen Fall notwendigen Ansprüche an psychosoziale Nothilfe leistbar wären. Notärzt*innen sind oft nicht besser geeignet als Polizeibeamte, um mit psychischen Aufnahmesituationen umzugehen, insbesondere dann, wenn sie dafür nicht spezifisch geschult sind. Das ist einfach nicht das Haupttätigkeitsfeld. Hinzu kommt, das Mouhamed Dramé nach allen Berichten nur zwei Sprachen sprach, von denen Deutsch und Englisch keine waren - und, das er akut suizidal war, wodurch der Einsatz höhergradig zeitkritisch war. Eine multilinguale, sehr schnell verfügbare, speziell geschulte psychiatrische Nothilfe würde die aktuell vorhandenen Ressourcen (vor allem an Personal) massiv überfordern. Ich halte ein solches Konzept daher für durchaus wünschenswert, aber leider völlig unrealistisch.

    • @Agarack:

      Das Problem auf dass Fr Riese im Artikel hinweist ist ein strukturelles Problem der Polizei und deren Umgang mit psychsich kranken Menschen.

      Notärzt*innen sind oft nicht besser geeignet als Polizeibeamte, um mit psychischen Aufnahmesituationen umzugehen, insbesondere dann, wenn sie dafür nicht spezifisch geschult sind. Das sind Polizeibeamte eben auch nicht hinreichend bzw. streng genommen überhaupt nicht.

      "In Hamburg und Bayern gibt es in der Ausbildung den sogenannten Trialog: Angehende Polizisten und Polizistinnen setzen sich mit Psychiatern, Angehörigen und Betroffenen einen Tag zusammen. Aber das ist zu knapp und erreicht in der Ausbildung nur wenige. So etwas muss man intensiv trainieren, am besten angeleitet von Pflegern aus der Psychiatrie. Stattdessen verbreiten sich Ideen wie die vom suicide by cop, also dass Menschen sich bewusst von der Polizei töten lassen wollen"

      www.zeit.de/gesell...le/komplettansicht

      "Ich halte ein solches Konzept daher für durchaus wünschenswert, aber leider völlig unrealistisch." Die Frage ist dann, was ist die Alternative ?

      • @Rabenbote:

        Aus meiner Sicht wären umfangreichere Schulungskonzepte für Polizeibeamte durchaus sinnvoll, mit Praxisanleitung, praktischen Übungen und regelmäßigen Fortbildungen. Das wird sicherlich nicht alle Todesfälle in diesen Zusammenhängen verhindern, aber vielleicht in der Summe das eine oder andere Leben retten, was ja schon sehr viel wert wäre. Die hierfür nötigen Ressourcen zu schaffen, erscheint mir immer noch anspruchsvoller - aber wesentlich naheliegender als im von Frau Riese vorgestellten Konzept.

    • @Agarack:

      Denke nicht das es zu viel Verlangt und Unmöglich ist, in einer Metropolregion, dafür zu sorgen das man in den Bereich einer „psychiatrischen Nothilfe“ besser Aufgestellt ist.



      Geschützt und über Distanz sollten sehr wohl auch andere Personen als Polizisten oder Polizistinnen, eine Person in einer Krise ansprechen können. Und die Aussage „das er akut suizidal war, wodurch der Einsatz höhergradig zeitkritisch war“ hat m.E. nach mehr was von einer Entlastung für die bzw. den Angeklagten.



      Das ist nicht persönlich gemeint aber ich finde sie machen es sich in ihrer Betrachtung auch zu einfach.

      • @serious?:

        "Denke nicht das es zu viel Verlangt und Unmöglich ist, in einer Metropolregion, dafür zu sorgen das man in den Bereich einer „psychiatrischen Nothilfe“ besser Aufgestellt ist."



        Man kann immer "besser" aufgestellt sein. Dem würde niemand widersprechen. Es gibt aber erhebliche Unterschiede zwischen: "Mehr Ressourcen für die psychiatrische Nothilfe" und: "Es muss zu jeder Tages- und Nachtzeit innerhalb von 20 Minuten psychiatrisches Personal verfügbar sein, das zudem geschult ist, mehrere Sprachen inkl. französisch so gut zu sprechen, dass es in diesen Sprachen in akuten Notsituationen beraten kann". Denn genau letztere Situation müsste gegeben sein, damit dieser konkrete Fall durch ein solches Konzept anders gelaufen wäre.

        Und ja, Zeitdruck durch akute Suizidalität ist durchaus ein entlastender Faktor für die Beschuldigten. Wie sollte es auch sonst sein, in jeder anderen Situation hätte man ja auch sehr viel länger auf Nothilfe warten können.

        • @Agarack:

          Im Endefekt wiederholen sie hier nur ihren zurückliegenden Kommentar.

          Warum sollte es in einer Metropolregion keine permanente Verfügbarkeit geben können und auch müssen?



          Sie können anhand des Falles auch sehen, warum es in dem Fall hier, unabhängig von der Sprachbarriere, Sinn gemacht hätte, alleine auch um die Einsatzkräfte daran zu Erinnern das der Einsatz von Pfefferspray die Lage vermutlich nur eskaliert, und dann eine zu Vermeidende Notwehrsituation eintritt, eben auch um bestehenden Problemen entgegenzuwirken, wenn sie es nicht getan haben lesen sie ruhig nochmal den Link im Kommentar taz.de/Kriminologe...schuesse/!6000538/ wo das erläutert wird.

          Schön das sie den Punkt, das man akuten Suizidalität hinterher immer, auch zu unrecht, als Entlastungsargument bringen kann, scheinbar nicht Wahrnehmen wollen. Das ändert nichts daran das dies nicht so ist, und es gut Möglich ist das Mouhamed Dramé sich nicht vor deren Augen suizidiert hätte, wenn man z.b. behutsamer Vorgegangen wäre, bzw. gewartet hätte.



          Sie wirken über ihre letzten Kommentare jetzt doch eher recht Authoritätshörig bzw. zu unkritisch, als zur Beseitigung von Mängeln gut wäre.

  • Das können aber keine normalen Not­ärz­t*in­nen oder psychosoziale Krisendienste sein, die an Personen mit Messer in der Hand herantreten. Das ist eine unkalkulierbare Gefahrensituation.

    Natürlich müssen solche Einsätze anders ablaufen und Deeskalation im Vordergrund stehen.

    Aber manche stellen sich das auch etwas zu einfach vor.

  • "Der Freispruch für fünf Po­li­zis­t:in­nen in Dortmund zeigt erneut: Staatsgewalt ist tödlich – und die falsche Antwort auf psychische Krisen"



    Der Freispruch? Und bei einer Verurteilung wäre das Fazit ein anders?



    Der FREISPRUCH zeigt gar nichts, der VORFALL zeigt, dass psychologischen Krisen und Waffengewalt einander nicht dienlich sind.



    ---



    "Seit Jahren schon mahnen Ex­per­t*in­nen, dass bewaffnete Uniformierte (...) die Situation eskalieren, statt sie zu beruhigen"



    Zustimmung. Nur wer ist sonst dazu bereit?



    In der Realität gehen die geforderten "Not­ärz­t*in­nen oder psychosoziale Krisendienste" nie freiwillig ohne Polizeischutz auf bewaffnete Personen zu.



    Die Polizei bettelt nicht um derlei Einsätze, sie ist dazu verpflichtet. So auch hier: der Junge saß im Hof einer Jugendhilfeeinrichtung, die kamen nicht klar mit der Situation (man sollte meinen das in einer Stelle wie dieser eine psychologische Fachkraft vorhanden ist) und riefen die Polizei...



    Problem gelöst👏



    Die Polizei ist immer der Depp für alles, Knautschzone zwischen Politik die sie schlecht ausrüstet und schult und Bevölkerung die nie zufrieden mit ihr ist.



    Polizei sind wir alle - wir als Souverän habens in der Hand

  • Kann man bei 17 (straflosen) Tötungen bis Oktober 2024 überhaupt von einem Trend sprechen? Will man bei einer psychischen Krise einfach davon ausgehen, dass ein anderes Vorgehen nicht zum Tod einer Person geführt hätte? Beiträge wie dieser hier sind mir doch etwas zu einfach.

  • Im Nachbarartikel war als Begründung für die Maßnahmen Pfefferspray und Elektroschocker gegeben worden: „Soll ich warten, bis sich Herr Dramé ein Messer in den Bauch rammt? Und 11 Polizisten stehen drum rum und tun nichts.“ Das einzig richtige wäre hier gewesen den Rettungsdienst samt Notarzt zu holen. Denn ob ein Stich gegen den Bauch mit einer Verletzung der Bauchschlagader oder mit einer simplen Schnittwunde der Bauchhaut endet kann der Einsatzleiter nicht vorhersehen, deswegen muss er wirksame Maßnahmen ergreifen um ohne Verzug vorbereitet zu sein. Die Formulierung "bis sich Herr Dramé ein Messer in den Bauch rammt?" zeigt , dass der Einsatzleiter nur diffuse, keinesfalls differenzierte Vorstellungen von der medizinischen Gefahrenlange hatte und wie der Nachbartikel richtig feststellt nichts dazu gelernt hat, aus meiner Sicht nicht einmal einfache Sachverhalte der Ersten Hilfe und die jedem Laien bekannten Gründe für die Aktivierung des Rettungsdienstes.

  • Wenn ich all die Berichte von Personen lese, die wegen Mord und Totschlag nicht verurteilt, sondern nur in die Psychiatrie eingewiesen werden, ja dann kann die Polizei doch gar nicht anders als vom Schlimmsten auszugehen .

  • Wie viele Psychiater, Sozialarbeiter und freiwillige Helfer müssen dann erstochen werden, bis man wieder die Polizei ruft.

    Mit Verlaub, ein Mensch mit Messer ist brandgefährlich, muss man nur Zeitung lesen. Wenn der den Teufel flüstern hört, ist ihm egal wer vor ihm steht.

  • Die Häufigkeit und Schwere psychiatrischer Erkrankungen in der Bevölkerung plus psychische Ausnahmesituationen werden allgemein zu gering geschätzt. Das stimmt, da hat der Artikel recht.

    Die Entschuldigung eines Schützen durch den Notwehrexzess nach §33StGB setzt Verwirrung, Schrecken oder Furcht bei dem Schützen voraus.

    Ein Polizeibeamter, der vor einem 16-jährigen, der mit einem Messer herumfuchtelt erschrickt oder Furcht empfindet? Wirklich? Was kann in dieser Situation verwirrend gewesen sein? Deswegen haben wir doch eine mindestens dreijährige Polizeiausbildung!

    Und wer gerade einen schlechten Tag hat soll sich krankmelden weil er weiß, dass man zum Umgang mit einer Waffe einen klaren Kopf braucht.

    Juristisches Fallbeispiel



    www.uni-potsdam.de...wehrexzess-33-stgb

    • @Hans - Friedrich Bär:

      Wenn ein 16-jähriger Mann auf Sie zugeht oder zurennt und ein Messer in dr Hand hält, dürfen Sie davon ausgehen, dass Sie in Lebensgefahr sind. Ein Messer kann Sie töten und die Person, die dieses Messer führt braucht nur einen Stich ... selbst Menschen im zarten Alter von 12 Jahren sind nur physisch gesehen dazu in der Lage.



      Ich hoffe für Sie, dass Sie ein Meister in Selbstverteidigung oder Kampfsport sind, um bei so einem Angriff keinerlei Furct zu verspüren. Die Menschen, die ich kenne - auch die, die anderen Menschen beibringen wie man sich wehrt - haben allesamt Angst bzw. Furcht vor und bei einem Messernagriff.

    • @Hans - Friedrich Bär:

      Wenn jemand unmittelbar vor Ihnen mit einem Messer auf Sie zugeht und mit Taser nicht zu stoppen ist, dann werden Sie - egal welche Ausbildung - durchaus Furcht empfinden, er könnte das Messer gegen Sie einsetzen.