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Faktisches Blutspendeverbot für QueersSie müssen weiter warten

Dürfen homo-, trans- und bisexuelle Männer künftig einfacher Blut spenden? Die zuständige Arbeitsgruppe hat eine Entscheidung erneut vertagt.

Wer als Mann mit anderen Männern Sex hatte, darf erst ein Jahr danach Blut spenden Foto: Eibner/imago

„Dieser Unwillen zum Handeln macht mich fassungslos. Es ist ein richtiger Schock“, sagt Lucas Hawrylak. Der Aktivist setzt sich schon länger für die Abschaffung des de facto Blutspendeverbots für Männer ein, die mit anderen Männern Sex haben. In Deutschland gilt aktuell: Wer als Mann mit anderen Männern Sex hat, darf erst 12 Monate nach dem letzten Geschlechtsverkehr Blut spenden. „Andere Länder gehen mit gutem Beispiel voran, deshalb verstehe ich nicht, wieso sich Deutschland dagegen wehrt“, sagt Hawrylak.

Grund für Hawrylaks jüngste Enttäuschung ist eine Antwort des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) auf eine Anfrage des FDP-Abgeordneten Jens Brandenburg, die der taz exklusiv vorliegt. Darin heißt es, die Arbeitsgruppe Blut wolle sich erst wieder an einem bisher „nicht bekannten“ Termin treffen, um über eine Änderung der Blutspenderegeln zu entscheiden.

„Der aktuelle Ausschluss stigmatisiert schwule Männer und verschärft die ohnehin schon akute Knappheit an Blutkonserven. Das diskriminierende Blutspendeverbot für homo- und bisexuelle Männer gehört endlich abgeschafft“, sagt Brandenburg, Sprecher für LSBTI-Angelegenheiten im Bundestag.

Eigentlich wollte die Arbeitsgruppe schon Ende März entscheiden, ob die Rückstellfrist von zwölf auf vier Monate verkürzt oder ganz abgeschafft werden kann. Die Gruppe besteht aus Paul-Ehrlich Institut, Robert-Koch-Institut und BMG unter Leitung der Bundesärztekammer (BÄK). Dieses Treffen war auf den 12. April verlegt worden. Und auch dieser Termin ist jetzt wieder verschoben worden.

„Jahrzehntelang gepflegte Vorurteile“

„Grund hierfür ist, dass die im Nachgang an die zweite Arbeitsgruppensitzung erforderliche Überarbeitung der schriftlichen Ausarbeitungen zu den aktuellen Sachständen noch nicht abgeschlossen ist“, heißt es in dem Schreiben aus dem BMG.

Der FDP-Abgeordnete Brandenburg hat dafür kein Verständnis. Das Blutspendeverbot sei wissenschaftlich längst überholt: „Eine überzeugende wissenschaftliche Erklärung für 12 Monate Enthaltsamkeit gibt es nicht. Jahrzehntelang gepflegte Vorurteile müssen jetzt endlich objektiven Erkenntnissen weichen. Für die Sicherheit der Blutspenden ist nicht die sexuelle Identität der Spender entscheidend, sondern tatsächliches Risikoverhalten.“Die BÄK, die in der Richtlinie „Hämotherapie“ die Rückstellfrist regelt, hat sich auf Anfrage nicht zur Verschiebung des Termins geäußert.

Bei einer Anhörung im Gesundheitsausschuss vor drei Wochen kritisierten unter anderem die Deutsche Aidshilfe und der Lesben- und Schwulenverband die aktuelle Regelung als diskriminierend und stigmatisierend. Auch die Initiative „Prout at work“, zu der 16 internationale Unternehmen zählen, spricht sich in einem Positionspapier für eine Änderung der Regelung aus.

Im Bundestag wollen neben der FDP auch die Grünen eine Gesetzesänderung und selbst aus der Fraktion des Gesundheitsministers Jens Spahn (CDU) werden solche Rufe lauter.Vor wenigen Wochen hatte der parlamentarische Geschäftsführer der CSU, Stefan Müller, bei Twitter geschrieben: „Die jetzigen Einschränkungen sind nicht nur lebensfern und diskriminieren Homo- und Bisexuelle, sondern sie sind auch medizinisch gar nicht notwendig.“ Auch der CDU Bundestagsabgeordnete und Hamburger Landeschef Christoph Ploß schließt sich dem an.

Dass die Blutspenderegeln noch vor der Bundestagswahl im September geändert werden, bezweifelt mittlerweile auch Aktivist Hawrylak. Dabei hatte er sich im August vergangenen Jahres noch mit Gesundheitsminister Spahn getroffen und zu dem Thema ausgetauscht. „Ich bin damals mit einem guten Gefühl aus dem Gespräch gegangen“, sagt er rückblickend. Die erneute Vertagung der Entscheidung bezeichnet Hawrylak als „Hinhaltetaktik, weil EntscheidungsträgerInnen keine Entscheidung treffen wollen.“

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5 Kommentare

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  • Natürlich sollen diese Diskriminierungen schnellstmöglich abgeschafft werden, allerdings ist mir nicht ganz klar warum andere als heterosexuelle Menschen überhaupt ihre sexuelle Orientierung ansprechen. Ich spende regelmäßig Blut, nach meinen sexuellen Vorlieben oder Orientierungen wurde ich noch nie gefragt .

    • @Rainer Konrad:

      Der offizielle Spenderfragebogen des Paul-Ehrlich-Instituts fragt explizit das Sexualverhalten ab: Promiskuität, Prostitution, Sex mit "einer Person, die im Ausland geboren ist oder mehr als sechs Monate dort gelebt hat", und für Männer homosexuellen Geschlechtsverkehr, für Frauen Geschlechtsverkehr mit bisexuellen Männern, u.a.

      Das mit dem Ausland finde ich übrigens auch total schräg. Und wenn ich jetzt Sex mit jemandem hatte, der im Ausland geboren ist, was dann?!?

  • 7G
    75787 (Profil gelöscht)

    Schon der Fragebogen zum Blutspendetermin ist zutiefst diskriminierend und gehört in dieser Form abgeschaft. Grund genug, den Blutspendetermin zu boykottieren bis dieser Anachronismus aufgehoben wird.

  • Im pöhsen und angeblich so homophoben Russland schon seit ein paar Jahren erlaubt:

    www.queer.de/detail.php?article_id=5219

  • Ich habe Blutspenden immer als einen Service an anderen gesehen, nicht als etwas, das ich für mich mache. Irgendwann habe ich so halb aus Versehen bei einer Ärztin im Blutspendezentrum geoutet, sie musste mich dann sperren, was ihr peinlicher war, als mir. Aber es ist ja nicht etwas, das mich diskriminiert, ich hab ja nichts davon, Blut zu spenden und mir wird ja dadurch kein Spenderblut verwehrt.

    Ganz rational gesehen finde ich es legitim, dass man Risikogruppen ausschließt, wenn sonst eine relativ hohe Wahrscheinlichkeit besteht, dass Blutspenden vernichtet werden müssen, für deren Gewinnung und Aufbereitung bereits Kosten angefallen sind - oder dass gar Menschen erkranken. Dass schwule Männer als Risikogruppe zählen, liegt ja nicht an Homophobie oder Vorurteilen, sondern an der höheren HIV-Rate. Sowas muss natürlich in Zeiten moderner HIV-Medikation überprüft werden, aber bitte anhand einer nüchternen Kosten-Nutzen-Rechnung und nicht weil sich jemand stigmatisiert fühlen könnte.