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Fake-News-Kampagnen im NetzFlut an Desinformationen

Konstantin von Notz ist Vorsitzender des Parlamentarischen Kontrollgremiums – und warnt vor gezielten Fake-News-Kampagnen Moskaus. Er will aufklären.

Twitter: Auf der beliebten Social-Media-Plattform kursieren auch Fake News und gefälschte Videos Foto: ap

Berlin taz | Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine wird auch im Netz geführt. Mit Cyberattacken auf die kritische Infrastruktur etwa, auf Webseiten oder Social-Media-Konten. Aber auch mit gezielter Desinformation. In der vergangenen Woche wurde aufgedeckt, dass gezielt über falsche Social-Media-Konten und Kommentarfunktionen auf geklonte Webseiten etablierter Webseiten von diversen Medien verlinkt wurde. Dort waren dann gefälschte Videos oder erfundene Nachrichten zu finden.

Jüngst wurde offenbar auch Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) Opfer einer solchen Kampagne. Bei einer Veranstaltung bekräftigte sie ihre Unterstützung für die Ukraine. In einer zusammengeschnittenen Version eines Videos von Baerbocks Aussagen wurde dann kolportiert, dass sich die deutsche Außenministerin nicht um die Meinung der Wäh­le­r:in­nen schere, sondern nur um die Interessen der Ukraine. Die Kampagne verfing in den sozialen Medien. Radikale Rechte und auch Ver­tre­te­r:in­nen der Linken wüteten gegen Baerbock.

Der Vorsitzende des Parlamentarischen Kontrollgremiums und stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen, Konstantin von Notz, warnt seit Jahren vor Desinformationskampagnen. Insbesondere von russischer Seite. Er hat in Regierungsbefragungen im Bundestag sowie auf Kanzleramts- und EU-Ebene auf die Problematik hingewiesen. „Aus heutiger Perspektive muss man leider konstatieren, dass diese signifikanten sicherheitspolitischen Probleme, die wir an höchster Stelle platziert haben, nie mit der notwendigen politischen Ernsthaftigkeit bearbeitet wurden“, sagte von Notz der taz.

Er übt scharfe Kritik an der ehemaligen Bundesregierung unter Kanzlerin Merkel, die laut von Notz „eine sehr russlandfreundliche Politik“ betrieben habe: „Sehr ernst zu nehmenden Hinweisen auf extrem weitreichende Spionage- und Einflussversuche der russischen Seite wurde von den Sicherheitsbehörden daher auch nicht entschlossen genug nachgegangen.“ Erst nach Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine sei es zu einem Umdenken gekommen.

Aufklärung vergangener Einmischungen gefordert

Von Notz forderte auch vergangene Einmischungsversuche von russischer Seite genau zu überprüfen und auch die Spionageabwehr besser auszustatten. Nur so könnten solche Versuche künftig schneller erkannt und unterbunden werden. „Genau das ist im Sinne einer wehrhaften Demokratie, für den Schutz von Demokratie und öffentlichen Diskursen, auch dringend notwendig.“

Das Bundesinnenministerium hatte bereits bekräftigt, dass die Bedrohung durch Desinformation sehr ernst genommen werde und verzeichnete zudem eine Zunahme solcher Kampagnen seit Beginn des russischen Angriffskriegs. Eine wichtige Rolle im Kampf gegen solche Versuche spielten auch die Plattformbetreiber. Transparente Regeln und deren konsequente Umsetzung durch die Betreiber seien sehr wichtig, hieß es seitens des Ministeriums.

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12 Kommentare

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  • Sollen jetzt etwa alle Widersprüche, Fehler, Inkonsistenzen und das Versagen deutscher und westlicher Politik sowie die gesellschaftlichen Fehlentwicklungen der letzen Jahrzehnte bei uns auf russische Desinformations-Kampagnen zurückgeführt werden?



    Und sind die deutschen Wähler in Ihrer Gesamtheit zu dumm, das zu erkennen und das eine vom anderen zu unterscheiden, sehr geehrter Herr von Notz?

    • @Abdurchdiemitte:

      Ja, die eine Mehrheit der Menschen, nicht nur in Deutschland, lässt sich leicht aufhetzen. Dabei spielt der Bildungsgrad nicht so eine große Rolle. Hauptsache, andere sind Schuld, maus ist im Recht und muss nix ändern.

    • @Abdurchdiemitte:

      Nein und zur zweiten Frage: in Teilen definitiv ja. Ich lese gerne auf TG mit, was gerade so Neues in Schwurbelheim ausgeheckt wird und es ist mehrheitlich haarsträubend. Und das bekommt man dann im bekannten Stil (rhetorische Fragen, Unterstellung, Generalisierung, Sophisterei und latente Aggression) ja auch seit geraumer Zeit hier vorgesetzt.

  • Fake News und Kampagnen - das sind immer die anderen!

  • Das Problem an diesen Aufklärungsversuchen ist, dass sie wesentlich mehr Erfolg hätten, wenn nicht auch unsere Medien voll von eigener Propaganda, Lügen und absolut schlechter Berichterstattung wären. Das sind sie aber.

    Und damit wird es eben schwer, für solch eine Arbeit die notwendige Basisautorität zu erreichen.

  • Ich bin mir nicht sicher, ob Baerbock Opfer einer russischen Kampagne geworden oder nicht vielmehr über ihre eigene Arroganz gestolpert ist, aber um dieses Fass nicht wieder auf zu machen: natürlich nutzt Russland auch das Internet, um Propaganda zu machen. Nur wäre es schön, wenn man hier nicht völlig ausblendet, dass das andere Staaten auch machen, inklusive der Bundesrepublik. Das AA leistet sich einen Beauftragten für strategische Kommunikation - nun ist es keine hermeneutische Meisterleistung zu verstehen, was sich hinter diesem Euphemismus verbirgt; es ist wichtig, russische Propaganda aufzudecken - ich fürchte nur, dass man dabei nolens volens der eigenen Propaganda dient, wenn man diese nicht ebenfalls thematisiert.

    • @O.F.:

      Desinformation und Lügen in den sozialen Medien verbreiten? Aber nein, dazu ist doch nur Putin in der Lage und nur er ist dafür auch ausreichend skrupellos … alle anderen tun so etwas Schändliches doch nicht, um Gottes Willen, das weiß doch jedes Kind.😇



      Mr. Trump in den USA ist doch nur ein ferngesteuerter Roboter der Russen, oder nicht?

    • @O.F.:

      Man kann, bevor man hermeneutische Meisterleistungen vollbringt, auvh die Selbstdarstellung dieser AA-Abteilung hier nachlesen: www.auswaertiges-a...k/themen/-/2089138.

      Sicher sollte mensch nicht so naiv sein, die Selbstdarstellungen politischer Organe und Personen 1:1 zu glauben. Von ideologischem oder einfach nur selbstkritikfreiem oder marketingförmigem Werben für die eigenen, nicht imer auch gelebten und oft schlicht als Mittel zum Zweck eingesetzten Werten zum Verbreiten von Falschinformationen unter falschem Namen ist es aber nochmal mindestens ein Schritt.

      Vielleicht meinen Sie das nicht so, aber "dass das andere Staaten auch machen, inklusive der Bundesrepublik" hat in meinen Ohren etwas schwurblerisches - "machen doch alle", somit sind "alle" delegitimiert, an der russischen Praxis Kritik zu üben.

      • @sàmi2:

        Sie schreiben es ja selbst: Man sollte die Selbstdarstellungen politischer Organe nicht 1:1 glauben - ich hätte das sogar drastischer ausgedrückt; warum das in westlichen Staaten anders sein sollte als in Russland, erschließt sich mir nicht.



        Davon abgesehen habe ich gerade nicht die Kritik an der russischen Praxis delegitimiert, sondern lediglich auf ein Glaubwürdigkeitsproblem hingewiesen, wenn man Fehlverhalten nur dann erkennt und bemängelt, solange es in die eigene politische Agenda passt. Mit anderen Worten: ich habe mehr Kritik gefordert, nicht weniger.