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Fahrradkontrollen in BremenOrdnungshüter im Jagdfieber

Der Bremer Ordnungsdienst kontrolliert zur Zeit verstärkt RadfahrerInnen – und verhängt auch Bußgelder, wo gar keine Vergehen vorliegen.

Radfahren ist hier bis elf Uhr erlaubt. Der Ordnungsdienst in Bremen weiß das aber offenbar nicht Foto: Simone Schnase

Bremen taz | Am Dienstag wird die Bürgerschaft über einen Antrag der FDP-Fraktion debattieren: Sie fordert, beim städtischen Ordnungsdienst eine spezielle Einsatzgruppe „Fahrradkon­trolle“ einzurichten. Es hat allerdings den Anschein, als sei der Wunsch der Liberalen bereits in Erfüllung gegangen: Es wirkt nämlich, als mache der Ordnungsdienst zurzeit verstärkt Jagd auf Radfahrende – sogar auf jene, die sich überhaupt nichts haben zuschulden kommen lassen.

Innerhalb von nur fünf Tagen wurde Hans D. (Name ist der Redaktion bekannt) gleich zweimal vom Ordnungsdienst gestoppt. Beim ersten Mal fand das Zusammentreffen in der Bischofsnadel statt, wo das Radfahren verboten ist. Nicht verboten ist in solchen Fußgängerbereichen allerdings das „Rollern“, also das Fortbewegen durch das Abstoßen eines Fußes auf der Erde, während der Radfahrer mit dem zweiten Fuß auf der Pedale steht. Das hat unter anderem das Oberlandesgericht Stuttgart entschieden. Vielen Radfahrenden ist das geläufig.

Den KontrolleurInnen allerdings offenbar nicht: „Vier oder fünf Ordnungsdienstmitarbeiter haben morgens um acht Uhr an der fast noch menschenleeren Bischofsnadel Radfahrer kon­trolliert und mir vorgeworfen, ich sei dort widerrechtlich gefahren“, sagt D. Dabei habe er sich noch vor Beginn des Fußgängerbereichs aus dem Sattel geschwungen und sei dann langsam durch die Bischofsnadel gerollert.

D. ist nicht nur bekannt, dass er rollern, sondern auch, dass er dabei nicht gegen Paragraf 1 der Straßenverkehrsordnung verstoßen, sich also nur rücksichtsvoll und in angemessenem Tempo fortbewegen darf. „Ich habe dem Ordnungsdienstmitarbeiter das auch gesagt, aber er hat bloß geantwortet, er sei mit der Rechtsprechung vertraut“ – und ihm eine Verwarnung ausgestellt, auf der als Tatbestand notiert ist: „Fahrradfahren in der FGZ.“ D. musste ein Verwarnungsgeld in Höhe von 15 Euro zahlen.

Nur drei Tage später, wieder um acht Uhr morgens, hatte er die nächste Begegnung mit einem Ordnungsdienstmitarbeiter: „Diesmal im Bereich Papenstraße, wo wieder mehrere Ordnungsdienstler Fahrradfahrer kontrollierten.“ Auch diesmal bezog sich die Kontrolle auf vermeintlich widerrechtliches Radfahren in der Fußgängerzone. „Das ist in der Innenstadt bis 11 Uhr morgens erlaubt, aber auch das war dem Ordnungsdienst offenbar nicht bekannt“, sagt D.

In der Tat weist nicht jedes einzelne Schild im Fußgängerzonenbereich darauf hin, dass die Zone außer für den Lieferverkehr auch für Radfahrende frei ist, an den „Einflugschneisen“ zur Fußgängerzone stehen die entsprechenden Schilder allerdings unübersehbar – und das bereits seit über sieben Jahren.

Statt gelber Karte gibt es sofort ein Verwarnungsgeld

Weitere, sehr ähnliche Fälle, die der taz innerhalb der letzten beiden Wochen zugetragen wurden, deuten daraufhin, dass der Ordnungsdienst verstärkt ein Auge auf RadfahrerInnen wirft. „Natürlich ist es ein Problem, wenn Radfahrer sich nicht an die Verkehrsregeln halten und es ist in Ordnung, das zu kontrollieren“, sagt Al­brecht Genzel vom ADFC Bremen. „Aber wenn der Ordnungsdienst nicht einmal weiß, welche Verkehrsregeln gelten und welche nicht, dann frage ich mich, was deren Mitarbeiter in ihren mehrwöchigen Schulungen eigentlich gelernt haben.“

Auch das sofortige Verhängen eines Verwarnungsgeldes entspreche nicht dem veröffentlichten Konzept, mit dem der neue Ordnungsdienst im vergangenen Oktober seine Arbeit in Bremen aufgenommen habe, so Genzel: Freundlich und bürgernah sollte der sich geben und bei kleineren Verstößen immer erst eine eigens zu diesem Zwecke mitgeführte „gelbe Karte“ als Verwarnung vorzeigen. Selbst wenn also tatsächlich jemand verbotenerweise in der Fußgängerzone radeln sollte, dies aber langsam und umsichtig tut, wäre erst einmal „Anzählen“ angesagt.

Die FDP forderte eine „Einsatzgruppe Fahrradkontrolle“

Genzel ärgert es überdies, dass der Dienst nicht für Falschparker zuständig ist: „Es gibt in Bremen ein riesiges Problem mit zugeparkten Fuß- und Fahrradwegen – darum sollte sich der neue Ordnungsdienst unserer Meinung nach ebenfalls kümmern.“

In der Realität aber agiert er ganz im Sinne der FDP, die in ihrem Antrag eine „Einsatzgruppe Fahrradkontrolle“ fordert, „welche Verstöße schnell erkennt und entsprechend konsequent ahndet“.

Auf Nachfragen der taz, welchen Grund es für die momentan verstärkten Fahrradkontrollen gebe und in welcher Form der Ordnungsdienst hierfür geschult wurde, hat die zuständige Innenbehörde bis Redaktionsschluss nicht geantwortet.

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11 Kommentare

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  • Logisch denken, besonders im Norden!

  • Endlich werden mal die Fahrradfahrer kontrolliert. Diese meinen zu oft, für sie würden keine Verkehrsregeln gelten. Dieser ewige Verweis auf die bösen Autofahrer nervt einfach nur. Es gibt genug Fussgänger, die von Fahrradfahrern belästigt werden. Endlich gibt es hier einen Ordnungsdienst, der sich unter anderem auch um diese Sachen kümmert. Das es hierbei auch mal zu Fehlern kommt ist vielleicht nicht schön, aber menschlich. Zumal der Ordnungsdienst für sehr viele verschiedene Bereiche zuständig ist. Hier könnte vielleicht noch durch weitere Schulungen nachgesteuert werden. Gelbe Karten wurden Anfangs genug verteilt. Irgendwann ist auch genug. Es geht ja oftmals nur übers Portemonnaie. Und ein Herr Genz sollte Wissen, dass in Bremen für die Überwachung des ruhenden Verkehrs die Verkehrsüberwacher zuständig sind und nicht der Ordnungsdienst.

  • FDP vom Verfassungsschutz wegen verfassungsfeindlicher Umtriebe beobachten lassen (Forderung Artikel 14 GG abzuschaffen)

  • Wie blöd kann man sein sich zweimal erwischen zu lassen. Jeder kennt die Regeln die in der Innenstadt gelten, nur niemand hält sich dran. Da kann ich den Ordnungsdienst schon verstehen wenn keine Verwarnungen mehr ausgesprochen werden sondern direkt der Verwarngeldblock gezückt wird.



    Und sich dann noch beschweren, dass der Ordnungsdienst sich nicht um Falschparker kümmert zeugt nur noch mehr vom Unwissen des Herrn Genzels.



    Meiner Meinung nach macht der Ordnungsdiest einem Super Job. Und wer sich nicht an die allgemeinen Spielregeln hält der muss halt zahlen. Selber schuld!

    • @IlikeADFC:

      [...]



      Ein Ordnungsdienst, der zu Unrecht Leute aufschreibt ist o. k., aber Falschparker auf Fuß- und Radwegen sollen unbehelligt bleiben. Komische Logik.

      Kommentar gekürzt. Bitte bleiben Sie sachlich. Danke, die Moderation

    • @IlikeADFC:

      "Und wer sich nicht an die allgemeinen Spielregeln hält der muss halt zahlen. Selber schuld!"

      Hey Troll - lies den Artikel vorm Kommentieren.

    • @IlikeADFC:

      Genau! Immer diese Rad-Terroristen! Zuchthaus! Polterpolter!

      Welch saublöder Kommentar, offenbar nicht mal den Text wirklich gelesen. Der Herr wurde nicht "erwischt" , das Radfahren bzw. "Rollern" ist dort durchaus erlaubt...

  • 7G
    7964 (Profil gelöscht)

    In Deutschlang darf radfahren keinen Spaß machen. Dafür sorgt die Autolobby in Zusammenarbeit mit den "Organen" der Städte.

  • Regiert in Bremen inzwischen die FDP? Dachte immer Bremen wäre fahrradfreundlich und grün.

  • Welcher vernunftbegabte Mensch verordnet ein Bußgeld, wenn Jemand langsam durch eine fast leere Fußgängerzone radelt. Ach, mein Jemand

    • @Meerstein:

      Die Jemand-Deppen werden immer zahlreicher, leider