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FU prüft Giffeys Doktortitel erneutDie SPD hat ein Problem

Uwe Rada
Kommentar von Uwe Rada

Die Plagiatsaffäre hat nicht nur Franziska Giffey eingeholt, sondern auch die SPD. Was, wenn der SPD-Hoffnung der Titel im Wahlkampf entzogen wird?

Startet in den Wahlkampf mit einer Bürde: Franziska Giffey Foto: dpa

D amit haben wohl weder Franziska Giffey noch die SPD gerechnet. Die längst mit einer Rüge beendet geglaubte Plagiatsäffäre hat die Familienministerin, designierte SPD-Landeschefin und Spitzenkandidatin in spe eingeholt. Die FU wird ihre Doktorarbeit also noch einmal prüfen, und es gibt wenig Anlass dafür, dass es diesmal noch einmal so glimpflich ausgeht. Denn nicht nur Giffey hat einen Ruf zu verlieren, sondern auch die Freie Universität. Versieht sie ihre Prüfung am Ende mit dem Stempel „minderschwer“ und belässt es bei einer Rüge, muss sie sich die Frage gefallen lassen, ob das nun eine Prüfung war oder eine Gefälligkeit für die SPD. Ist das Vergehen Giffeys dagegen mehr als minderschwer, ist sie ihren Doktortitel los.

Für diesen Fall hatte Giffey bereits einmal angekündigt zurückzutreten. Und zwar als Familienministerin. Gut möglich, dass sie darauf ihre Verteidigungsstrategie aufbaut und die Flucht nach vorne antritt. Als Berliner Landespolitikerin muss sie nämlich nicht zurück-, sondern erst mal antreten. Und wenn sie dies mit dem Eingeständnis eines Vergehens macht, könne jeder wissen, dass es da kein Geheimnis gibt.

Das Dilemma dabei ist nur: Diese Strategie würde nur funktionieren, wenn die FU zeitnah, das heißt in der kurzen Zeit vor dem Landesparteitag, prüft und zu einem Ergebnis kommt. Lässt sie sich aber Zeit, und dafür spricht eine Menge, wird das Ergebnis die große Hoffnung der Genossinnen und Genossen zum denkbar schlechtesten Zeitpunkt treffen – nämlich mitten im Wahlkampf. Als Landesvorsitzende der SPD könnte sie dann tatsächlich zurücktreten.

In der SPD reden sie gerade nicht so gern über Szenarien wie diese. Gut möglich, dass Giffey auch bei einem späten Entzug des Titels sagt: Augen zu und durch! Auch möglich ist, dass die Genossen die Reißleine ziehen und einen anderen Kandidaten aus dem Ärmel zaubern. Innensenator Andreas Geisel hat immerhin einen Vorteil: Er ist kein Doktor.

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Uwe Rada
Redakteur taz.Berlin
Jahrgang 1963, ist Redakteur für Stadtentwicklung der taz. Weitere Schwerpunkte sind Osteuropa und Brandenburg. Zuletzt erschien bei Bebra sein Buch "Morgenland Brandenburg. Zukunft zwischen Spree und Oder". Er koordiniert auch das Onlinedossier "Geschichte im Fluss" der Bundeszentrale für politische Bildung. Uwe Rada lebt in Berlin-Pankow und in Grunow im Schlaubetal.
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11 Kommentare

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  • 1G
    17900 (Profil gelöscht)

    "Die SPD hat ein Problem"

    Und ob, aber das Problem ist nicht Giffey!

    • @17900 (Profil gelöscht):

      Da könnten Sie wohl völlig recht haben.

  • Apropo Doktortitel

    Patient: Herr Doktor, Herr Doktor - wo bringen Sie mich hin?



    Arzt: In die Pathologie



    Patient: Aber ich bin doch noch gar nicht tot



    Arzt: Wir sind ja auch noch gar nicht da

  • EINES..? Ihr beliebt zu scherzen!

  • Ich konnte die Entscheidung der FU, in dieser Sache nur eine Rüge zu erteilen, nicht nachvollziehen. Angesichts anderer Verfahren mit ähnlichen Hintergründen hätte der Titel meines Erachtens entzogen werden müssen.

    Nur eine Entscheidung ist halt eine Entscheidung und wenn und soweit nicht neue Tatsachen bekannt werden, dann gibt es daran nichts zu rütteln. Dieser Grundsatz gilt in allen Rechtsgebieten.

    Im Fall von Frau Dr. Giffey sind keine neuen Tatsachen bekannt geworden (nur andere Rechtsansichten). Vor diesem Hintergrund wird das Ganze endgültig zu einer Farce.

  • Das Grundproblem ist doch, dass allzuviele den "Doktor" als bloßen Karrierebooster einsetzen. Auf einen großen Teil, wenn nicht den größten, der Promotionsarbeiten, die alleine zum Zweck des Titelerwerbs geschrieben werden, könnte die Wissenschaft sehr wahrscheinlich ohne Verlust verzichten.

    Weg mit dem Titel! Der hat doch ohnehin keine besondere Aussagekraft, solange man nicht Fachbereich und Thema der Promotionsarbeit dazu nennt.

    Es ist heutzutage schlicht albern, aus einer Promotion eine Lebensleistung zu machen, die man sich dann an den Namen kleben kann.

    Zumal ein großer Teil der Titelträger sich schon nach wenigen Jahren deutlich aus dem Umfeld entfernt hat, wo der Grad eine Relevanz hätte und zu einem sinnlosen Etikett verkommt, das Kompetenz bloß vortäuscht. Der Doktor ist der Adelstitel der Moderne – und in leider allzu vielen Situationen Kaisers Neue Kleider 2.0 (wo zur Überprüfung reicht, den Blick in die Vorstandsetagen schweifen zu lassen).

    • @Helmut Fuchs:

      Danke für diesen Kommentar.



      DANKE!

      Genau das denke ich mir jedes Mal, wenn mir die Leute Titel unter die Nase reiben, aus Fächern, von denen sie nach Dekaden nachweislich keine Ahnung mehr haben.

      • 1G
        17900 (Profil gelöscht)
        @Alexander Tschirk:

        Das stimmt nicht!

    • @Helmut Fuchs:

      Kann das B`Scheuerle ja nun gar nicht leiden. But.

      Ruhen lassen & Ab dafür.

      unterm------



      Wenn ollen Battis da hingeschaut hat & mit dem Ergebnis - ist das der allein sinnvolle Weg.



      (ps wer berät eigentlich solche Ringeltäubchen - Sag mal so - selbst als Jurist - In eigener Sache - Never!



      Hands Off

      • @Lowandorder:

        Däh&Zisch - Mailtütenfrisch - merkt an:

        "Bei Krankenhausaufenthalt vor einigen Wochen fiel mir auf, dass etliche Mediziner:innen, sogar Oberärzt:innen keinen Dr.-Titel mehr führen.







        Verzichten auf den blutgeschreibnen Titel,



        denn heute hat man soviel Mittel,



        Dem Doktorwerk die Seele zu entziehn.



        Auf alten Wegen stößt man an,



        auf neuen sind wir nicht empfohlen...



        - der Compi zeigt`s: "Es wurd gestohlen."



        (frei nach Mephsitopheles)"

        kurz - Düwel ook.

        • 1G
          17900 (Profil gelöscht)
          @Lowandorder:

          Das kann an einer Nachlässigkeit liegen oder aber die haben keinen. Man braucht keinen Dr. Titel, um ein respektabler Arzt zu sein. Nur das "Publikum" verlangt danach.



          Früher war der Medizin-Dr-Titel einer der einfachsten! Das hat sich sicherlich geändert.