FDP-Wahlparteitag: Lindners vorerst letztes Argument
Schafft es die FDP in den Bundestag? Das ist nicht nur für die Partei entscheidend, sondern vor allem für die Karriere ihres Chefs Christian Lindner.
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Z wei Wochen vor der Bundestagswahl hat Christian Lindner seine Karten vorerst ausgespielt. Das Hauptargument des FDP-Chefs bei seiner Rede auf dem Sonderparteitag am Sonntag in Potsdam war, dass nur die Liberalen nach dem 23. Februar eine mögliche schwarz-grüne Regierung verhindern können. Mit diesem Schreckgespenst kann Lindner die Stimmung bei seinen Mitgliedern zuverlässig entfachen: Nur eine FDP stelle sich im Bundestag einer neuen Amtszeit von Robert Habeck als Wirtschaftsminister in den Weg.
Die strikte Absage an eine neuerliche Koalition mit den Grünen ist das konkreteste Angebot, das Lindner im Wahlkampf unterbreiten kann. Welche Stellschrauben er für seine viel beworbene Wirtschaftswende jenseits des allzeit beschworenen Bürokratieabbaus drehen will, bleibt im Argen. Wie die FDP sich glaubhaft gegen Rassismus und für Diversität einsetzen will, wie sie das in ihrem am Sonntag einstimmig beschlossenen Wahlaufruf fordert, ist ebenfalls schleierhaft – schließlich hat der Parteichef gleichzeitig keine Skrupel, Gesetze im Bundestag im Zweifel gemeinsam mit der AfD durchzubringen.
Kurz vor der Wahl scheint dem FDP-Chef der Laden auseinanderzufliegen: Seine Partei tackert sich in Umfragen bei 4 Prozent fest, der erhoffte Wirtschaftswahlkampf wird vom Angriff in Aschaffenburg und dem Fall der Brandmauer im Bundestag überlagert. Und dann schafft es die Parteiführung nicht, beim Thema Migration einen Konsens in den eigenen Reihen herzustellen.
Mit seiner Rede auf dem Parteitag und den Ohrfeigen gegen den Lieblingsgegner Grüne lieferte Lindner eine sehnlichst gewünschte Selbstvergewisserung. Wird die 5-Prozent-Hürde für den Parteichef zu einer Limbostange, unter der er hindurchtänzelt? Oder zu einer Hochsprunglatte, über die er knapp drübersegelt? Vor allem für den Parteichef ist diese Frage karriereentscheidend. Kaum zu glauben, dass Lindner da schon die Argumente ausgegangen sind.
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