FDP-Parteitag: „Wir sind das Upgrade der Union“
Auf dem FDP-Parteitag eröffnen Rösler und Brüderle einen harten Lager-Wahlkampf gegen SPD und Grüne – und verspotten Steinbrück und Trittin.
NÜRNBERG rtr | Die FDP hat sich auf einen harten Lager-Wahlkampf gegen SPD und Grüne eingeschworen und Geschlossenheit demonstriert. Die Delegierten verabschiedeten dazu auf dem Parteitag am Sonntag in Nürnberg das Wahlprogramm mit nur einer Gegenstimme. Mit der Konzentration auf Schuldenabbau und einem klaren Nein zu höheren Steuerbelastungen soll es einen Kontrast zu den Vorstellungen von SPD und Grünen bilden.
Zudem stimmte der Parteitag einer vorsichtigen Öffnung für Mindestlöhne in einzelnen Branchen und Regionen zu. Er schloss sich damit der Position der Parteiführung an und ersparte dieser eine empfindliche Niederlage.
„Wir sind das Gegenmodell zu Rot-Grün: Die wollen gleiche Armut für alle. Wir wollen Wohlstand für alle“, sagte Spitzenkandidat Rainer Brüderle in einer kämpferischen Rede. Rot-Grün wolle die Bürger „im ökosozialistischen Gleichschritt“ marschieren lassen und vom Staat abhängig machen.
SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück bezeichnete er als „brutalen Steuererhöher“ und „sozialistischen Zauberlehrling“. „Wir wollen Steinbrücks böse Geister nicht“. Auch Grünen-Spitzenkandidat Jürgen Trittin wolle letztlich den Bürgern an die Gurgel. „Für mich ist er Graf Dracula für die deutsche Mitte“, polterte Brüderle.
Am Vortag hatte sich bereits Parteichef Philipp Rösler auf Rot-Grün eingeschossen. Die Grünen seien gegen Fortschritt, Wachstum und alles, was ihrem Weltbild nicht entspreche. Sie seien „altbacken“ und „miefig“ und keineswegs die neue Bürgerlichkeit. „Wenn überhaupt sind sie die neue Spießbürgerlichkeit.“ Trittin wiederum sei„nicht der Robin Hood für einige wenige, sondern er ist der böse Räuber Hotzenplotz für alle in Deutschland“. Der Grünen-Politiker konterte auf Twitter: „Danke Philipp Rösler. Besser der Räuber Hotzenplotz als der Dimpfelmoser der Wutreichen.“
Kampf um Neuauflage von Schwarz-Gelb
Brüderle und Rösler riefen ihre Partei dazu auf, für die Neuauflage der schwarz-gelben Regierung zu kämpfen, die das Land vier Jahre lang erfolgreich regiert habe. „Deutschland wird nicht Peer-Land, Deutschland wird nicht Trittin-Land, Deutschland wird nicht Gysi-Land“, versprach Brüderle. Rösler kündigte an: „Wir werden die anderen vor uns hertreiben bis zum 22. September, und dann ist endlich deren rot-rot-grüner Spuk vorbei.“ Die Sozialisten in Europa warteten nur darauf, dass SPD und Grüne die Steuern erhöhten, um damit die Schulden in Europa zu bezahlen.
Nach dem Ende ihrer Personalquerelen haben sich die Liberalen in den Umfragen wieder gefangen und liegen zwischen vier und sechs Prozent. Damit ist eine Fortsetzung der schwarz-gelben Koalition wieder in den Bereich des Möglichen gerückt.
Rösler und Brüderle bemühten sich zugleich, die FDP als wichtiges Korrektiv der Union darzustellen. Auf CDU/CSU allein sei kein Verlass, wenn es um die Verhinderung zusätzlicher Belastungen für die Bürger gehe. Als Beispiel verwiesen beide auf die Forderung der saarländischen Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer zur Erhöhung des Spitzensteuersatzes. Die FDP mache die Union besser, sagte Brüderle. „Wir sind das Upgrade der Unions-Parteien.“
Absage an Steuererhöhungen
Im Wahlprogramm machen sich die Liberalen für einen energischen Schuldenabbau stark und erteilen jeglichen Steuererhöhungen eine Absage. Die Geldwertstabilität und eine Schuldenbremse will die FDP ins Grundgesetz aufnehmen.
Anders als im Wahlkampf 2009 stehen Steuersenkungen dieses Mal nicht im Vordergrund. Finanzielle Spielräume wollen die Liberalen gleichwohl für Entlastungen nutzen. So tritt die FDP für „ein konsistentes, transparentes und einfaches Steuerrecht mit moderaten Sätzen und wenigen Ausnahmen“ ein. Eine weitere Milliarden-Entlastung soll die schrittweise Absenkung des Solidaritätszuschlags bis zum Jahr 2019 bringen. Zeitlich festlegen will sich die FDP aber nicht.
Als weiteren Kontrast zu SPD und Grünen beschloss die FDP, das Ehegattensplitting beizubehalten. Kinder sollen aber einen Grundfreibetrag in derselben Höhe erhalten wie Erwachsene.
Beim Thema Mindestlohn tritt die FDP nun für Lohnuntergrenzen in solchen Branchen ein, in denen Arbeitnehmer und Arbeitgeber wegen der geringen Tarifbindung selbst keine Einigung erzielen können. Die Tarifpartner sollen die Mindestlöhne – etwa in einer Kommission – Branche für Branche festlegen. Die bestehenden Instrumente zur Festlegung solcher Mindestlöhne sollen dazu ausgeweitet werden.
Einen flächendeckenden, gesetzlichen Mindestlohn lehnen die Liberalen weiter ab. Gegner des Kursschwenks wie Bundesvize Holger Zastrow und die Jungen Liberalen hatten gewarnt, durch Mindestlöhne würden Arbeitsplätze aufs Spiel gesetzt und die Wettbewerbsfähigkeit Ostdeutschlands gefährdet.
Leser*innenkommentare
Cassandra
Gast
Ein komisches Foto vom Elite-Trio zum Eigenlob über das Upgrade der Union! Die realistische Aussicht auf eine weitere Folge von Angie & Fipsi bringt das Grausen. Das motiviert zur Wahlbeteiligung und wenn auch nur zu Gunsten der kleineren Übel.
Bitbändiger
Gast
"Mit der Konzentration auf Schuldenabbau und einem klaren Nein zu höheren Steuerbelastungen..." lese ich da.
Versuchen wir mal, streng sachlich zu bleiben.
Erstens: In jedem Staatshaushalt gibt es selbstverständlich eine Menge Positionen, deren Sinnhaftigkeit und/oder Priorisierung man in Frage stellen kann. Und zwar üblicherweise kontrovers. Unbestritten erscheint mir z.Zt. aber, dass die Mittel für Bildung, Kinderförderung, für die Sanierung verrottender Straßen, Schulen und sonstiger Infrastruktur nicht ausreichen. Ganz nebenbei wird auch den Staatsbediensteten immer wieder bedeutet, ihre Arbeit sei eigentlich nichts wert und folglich nach Kassenlage zu vergüten. Wer hier ohne Verbesserung der Einnahmeseite Abhilfe schaffen will, muss konkret sagen, besser: nachweisen, wo gespart werden soll und kann (und zwar vor und nicht nach Wahlterminen).
Zweitens: Die "Schuldenbremse" ist in aller Munde. Die besagt aber lediglich, dass demnächst (immerhin) keine neuen, zusätzlichen Schulden mehr gemacht werden dürfen - vor allem in den Ländern ein willkommenes Totschlagargument für alles, was angeblich "nicht geht". Alle sind sich einig, dass die Bremse nur durch "Sparen" eingehalten werden kann. Und damit ist jeder noch so berechtigte Mehrbedarf (z.B. bei der Infrastruktur) entweder vom Tisch oder nur zu Lasten derer mit der schwächsten (oder ganz ohne) Lobby umsetzbar.
Drittens: Fast möchte man die FDP loben, dass sie das Unwort "SCHULDENABBAU" in den Mund zu nehmen wagt. Zur Erinnerung: Es geht um 2,2 Billionen EURO. Die sich rasant vermehren werden, wenn das derzeit lächerliche Zinsniveau sich irgendwann mal auch nur annähernd normalisiert. Und die Forderung nach "Abbau" mit "einem klaren Nein zu höheren Steuerbelastungen" zu verbinden, ist der Gipfel der Volksverblödung.
Das Schlimme ist nur, wenn ich entsetzlich viele Kommentare in entsetzlich vielen (auch "Qualitäts-") Medien sehe: Es funktioniert!
Antifant
Gast
Haut ab Ihr gelb-braunen Nazis! Gebt gelben Faschisten keine Chance! Lieber Stress mit Rot-Grün als den totalen Raubkapitalismus der gelb-braunen Antisemiten. Lieber einen gesunden Wald als überall nur noch Hitlers Autobahn und LKW-Ruß.
An alle TAZ-Leser in Deutschland - geht wählen - wählt Merkel und G. Naziwelle ab!
tartüff
Gast
'Die Dose der Pandora' wird erst geöffnet, wenn Merkel und die Schießbudenfiguren der FDP die Wahlen gewinnen.Wie alles finanzieren, wenn keine Steuererhöhung? Dieses selbstsichere Auftreten Merkels ist Maskerade-. sollte das noch miemandem aufgefallen sein? Und das Triumvirat der Kappesköpfe täucht nicht weniger.