Rainer Brüderle im Sommerinterview: Einer, der die Veilchen-Frage stellt

Beim ARD-Sommerinterview präsentiert der lädierte FDP-Spitzenkandidat sein Wortbesteck. Es reicht für ein Tischfeuerwerk vager Metaphern.

Experte für verschliffene Sätze: FDP-Spitzenkandidat Rainer Brüderle. Bild: dpa

BERLIN taz | Am Sonntagabend ward er wieder gesehen: Rainer Brüderle. Der Spitzenkandidat der FDP zur Bundestagswahl war vor dreieinhalb Wochen schwer gestürzt und hatte sich mehrere Knochen gebrochen. Das hieß Krankenhaus, zwei große Operationen, Physiotherapie. Kein Kinderspiel, erst recht nicht für einen 68 Jahre alten Mann.

Nun aber saß Rainer Brüderle, sorgfältig abgepudert und frisiert, am Mainzer Rhein-Ufer, wohin die ARD-Redaktion extra angereist war, um ihn im traditionellen Sommerinterview zu befragen. Seine Krücken waren aus dem Bild geräumt, Brüderles gelbe Krawatte kontrastierte kräftig mit dem fliederfarbenen Hemd. Und dennoch. Brüderle wirkte schwer angeschlagen, seine Stimme war deutlich kratziger, die Sätze kamen noch verschliffener als sonst.

Eine besorgniserregende Verfassung für den Spitzenkandidaten der FDP, deren Wahlkampfmotto lautet: „Damit Deutschland stark bleibt“. Das einzige sichere Zeichen für Brüderles nach wie vor vorhandene Authentizität war seine Sprache: Nach wie vor ist er ein Mann der wabernden Aussagen und ein Freund der vagen Metapher.

Angesprochen auf die Blessuren des „liberalen Stürmers“, erklärte er, nun gebe „es eben Kopfballtore“. Gefragt, ob er sich heute, ein halbes Jahr nach den Sexismusvorwürfen gegen ihn, „etwas vorzuwerfen“ habe, antwortete er: „Es gibt nicht nur Sonnenschein, auch Regen. Ich hab lieber Sonnenschein.“ Und auf die Frage nach der Position einer 5-Prozent-FDP im Koalitionsgerangel nach der Bundestagswahl hielt er folgende Formulierung bereit: „Bei uns wird nicht geampelt.“

Von Thema zu Thema gewurstelt

Die beiden Interviewer und der Spitzenkandidat wurstelten sich von Thema zu Thema. Brüderle erhielt ausreichend Raum, sein liberales Wortbesteck zu präsentieren. „Maß und Mitte. Sauber. Seriös. Anständig.“ Nichts Neues also. Erst gegen Ende des Gesprächs zuckte es im Gesicht des 68-Jährigen. Wie seine Pläne für eine Wahlniederlage aussähen, war die Frage; ob er sich vorstellen könne, als Politrentner unter Palmen zu leben. „Dafür bin ich noch zu jung“, parierte der Kandidat.

Schon wahr, in einer Gesellschaft, in der immer mal wieder laut darüber nachgedacht wird, ob nicht alle bis siebzig arbeiten könnten, grenzt eine solche Frage an Altersdiskriminierung. Doch lässt man mal Brüderles 68 Jahre beiseite, stellt sich schon die Frage nach der Konstitution von Berufspolitikern.

Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) etwa hatte kürzlich einen Schlaganfall erlitten und trat wenige Tage später schon wieder wild entschlossen vor die Presse. Und Rainer Brüderle müsste – eigentlich – in den nächsten Wochen wahlkämpfend durchs Land reisen.

So wie man ihn am Sonntagabend sah und hörte, möchte man ihm davon eher abraten. Zumal wenn man seine merkwürdige Antwort auf die Frage nach einem möglichen Verpassen der Fünfprozenthürde vernahm: „Was wäre, wenn der Hund nicht am Veilchen gerochen hätte – hätte er dann den Hasen gekriegt?“ Ah ja.

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