FAZ über öffentlich-rechtlichen Rundfunk: Über Männer, die sich gern beklagen
Als linksgrunzende Säue und manipulierend beschreibt die FAZ-Medienseite ARD und ZDF. Holger Friedrich meint, man solle Journalisten am besten meiden.
D ass die FAZ den öffentlich-rechtlichen Rundfunk eher kritisch sieht, ist nicht neu. Nun lassen sich kluge Köpfe seit knapp zwei Wochen auf der höchst geschätzten Medienseite des Blattes darüber aus. Das Ganze ist, jedenfalls bislang, rein männlich, absolut selbstreferenziell und ziemlich lustig.
Den Aufschlag machte Ex-SWR-Intendant Peter Voß, der bei ARD wie ZDF „womöglich systemisch bedingte Politskandale“ sieht. „In schon fast regelmäßigen Abständen läuft jeweils eine neue linksgrunzende Sau durchs öffentlich-rechtliche Dorf, von der man nicht weiß, ob sie nicht heimlich von der AfD als Wahlhelfer ernährt und gemästet wird“, schrieb Voß. Und verrührte munter „Penny-Skandal“ und Böhmermann mit Negah Amiris Sympathie für Klimaretter.
Auf Voß antwortete Stefan Brandenburger, Chefredakteur von WDR aktuell, und monierte, dass Fehler heute nicht mehr Fehler sein dürften, sondern dahinter gleich eine finstere Absicht vermutet wird. Und daraus lasse sich „ein Zerrbild zeichnen, zu dessen Verbreitung jemand wie Voß mit (…) der Autorität des früheren Amtes kräftig beiträgt“, so Brandenburger. Da stand es 1:1.
Alles Manipulation
Als Nächster sezierte Dramaturgie-Professor Bernd Stegemann einen Beitrag im „heute journal“. Der kontrastierte die EU-Flüchtlingspolitik mit dem Leid Flüchtender: „In dieser Sequenz folgt ein Wechsel von Bildern mit erschöpften Flüchtlingen, die um eine Flasche Wasser bitten, und einer lachenden Ursula von der Leyen, die in einem prunkvollen Raum am Verhandlungstisch (…) sitzt.“ Klarer Fall, von äh, Manipulation. Das sollte dann „heute journal“-Redaktionsleiter Wulf Schmiese nicht auf sich sitzen lassen. Schmiese beschied Stegemann knapp, er verstehe nicht, „was seriöser Journalismus ist“.
Den bislang letzten Schuss hatte dann gestern Ex-Bundesbanker Benedikt Fehr. Er regte sich darüber auf, dass die „heute“-Nachrichten einfach mal ein Thema gesetzt und sich mit den Folgen des aktuellen Haushaltsentwurfs der Bundesregierung und der jetzt einsetzenden Kritik an den Sparplänen beschäftigt haben. Da der Entwurf aber schon seit dem 5. Juli vorläge, ist das ZDF laut Fehr abermals der Manipulation überführt.
Nimmt das jemand ernst? Holger Friedrich vermutlich. Der Verleger der Berliner Zeitung hat die Woche ja auch der Financial Times gesagt, er würde „jeder Person, die Verantwortung trägt oder in der Öffentlichkeit steht, raten, den Kontakt mit den meisten Journalisten zu vermeiden.“ „Und daher müssen bei der Presse nun Journalist*innen als Super-Expert*innen die Beiträge über sich selbst schreiben?“, fragt die Mitbewohnerin, „und ich wünsche ihnen, dass sie dabei nicht von Doppelpunkt-Fans redigiert werden.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Stromversorgung im Krieg
Ukraine will Atomkraft um das Dreifache ausbauen
Umweltfolgen des Kriegs in Gaza
Eine Toilettenspülung Wasser pro Tag und Person
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja