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Extinction Rebellion Proteste in BerlinSuperreiche Klimakiller

Klimaaktivisten demonstrieren gegen den unverhältnismäßigen Ressourcenverbrauch der Reichen. Die FDP bekommt Farbe ab, das Adlon ein Transparent.

Edle Kulisse, um zu sagen: „Wir können uns die Reichen nicht mehr leisten“ Foto: dpa

Berlin taz | Energisch fährt Katja Schreiner einen silbernen Stab aus in Vorbereitung auf die Demo. Oben auf den Teleskopstock flattert eine weiße Fahne im Wind. Auf ihr prangt das Logo der Klima­bewegung von Extinction Rebellion, eine Sanduhr im Kreis, umgeben von bunten Schmetterlingen und Käfern. Für das Klimacamp von Extinction Rebellion hat die Hamburgerin sich extra Urlaub genommen. Teil­neh­me­r*in­nen von Jung bis Alt sitzen auf Bierbänken vor der Küche für alle.

Schon seit Dienstag haben die Kli­ma­ak­ti­vis­t*in­nen auf dem Invalidenplatz Schlafzelte sowie Versorgungs- und Funktionszelte aufgebaut und selbst auf dem Denkmal der „Sinkenden Mauer“ ein Banner befestigt: „Eine bessere Welt ist möglich“. Das bewegungsübergreifende Protestcamp soll noch bis Montag bestehen.

Den Fokus setzen die Ak­ti­vis­t*in­nen im #Frühlingserwachen auf Artenvielfalt. „Wir sehen, dass das Überleben der Menschheit zwei Komponenten hat: die Biodiversitätskrise und die Klimakrise“, sagt Mia Sommer, eine Sprecherin der Bewegung. Im Camp befänden sich aktuell etwa 200 bis 300 Personen, schätzt sie. Dort können Teil­neh­me­r*in­nen an Workshops, Trainings und Demons­tra­tionen teilnehmen.

Zum Auftakt der Aktionstage kippten Aktivisten des Camps am Donnerstagmorgen schwarze ölähnliche Farbe auf zahlreiche Gebäude in Berlin, unter anderem die FDP-Parteizentrale, deren Eingang sie anschließend mit Plakaten beklebten: „FDP: Profis im Blockieren, Kleben am Verbrenner“. Auch der Sitz großer Konzerne wie Coca-Cola oder Bayer sowie Banken wurden beschmiert.

Demo der Superreichen

Im Camp ergibt sich kurz der Eindruck, als ob sich einige Ma­na­ge­r*in­nen in ihren Anzügen zwischen den Ak­ti­vis­t*in­nen in bunten Regenjacken und flickenreichen Hosen verlaufen hätten. Sie sind Teil der „ironischen Demonstration der Superreichen“, die Donnerstagnachmittag im Invalidenpark beginnt. Die Strecke führt durchs Regierungsviertel bis zum Brandenburger Tor.

Mit der Demo wolle man versuchen, etwas Künstlerisches und Witziges einzubringen. „Damit Klimaaktivismus sich für uns nicht immer so traurig und dramatisch anfühlt“, sagt Sommer. Zen­trales Element des Protests ist eine pinke Rakete – der Ausweg zu Planet B. – aber nur für das oberste 1 Prozent. In der ersten Demorede geht es deshalb um die Gemeinsamkeiten von Armut und Klimakämpfe. „Wir installieren eine Demo der Superreichen, die sich darüber freuen, dass sie sich jetzt, nachdem sie die Welt zerstört haben, auf andere Planeten absetzen können“, erklärt die Sprecherin.

Eingeteilt ist der Protest in drei Blöcke. An vorderster Front stehen die bekannten Milliardäre – Demonstrierende mit Papiermasken, man erkennt Elon Musk, Jeff Bezos oder Mark Zuckerberg. Ihnen folgen die Reihen der An­zug­trä­ge­r*in­nen in Dino-Gummimasken und mit gelben Aktenkoffern in den Händen – Vertreter der fossilen Lobby. Den Rest der Demo bilden die verbleibenden 99 Prozent der Gesellschaft, Handwerker- und Stra­ßen­keh­re­r*in­nen in Arbeitskluft.

Extinction Rebellion geht von 300 bis 500 De­mons­tran­t*in­nen aus, die Richtung Brandenburger Tor laufen, wo die Kundgebung endet; die Polizei von nur 120 Personen. In ihren Aktionen – Ölbeschmierung und Superreichen-Demo – wollen die Aktivisten Verschwendung und Umweltzerstörung sichtbar machen. Zum Ende der Demo lassen sie vom Fünf-Sterne-Luxushotel Adlon ein Banner ab: „We can’t afford the superrich“.

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7 Kommentare

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  • die frage stellt sich ...

    wer trägt dazu bei, daß superrich superrich wird ?

  • Würde es keine Reichen mehr geben, wäre dann alle gleich reich oder gleich arm?

    Würde es noch AKW geben oder Teslas?

    Was würden die Lieferfahrer machen? Liefern?

    Wären wir dann im Kommunismus, also in einer Welt, in der "die Gesellschaft die allgemeine Produktion regelt und mir eben dadurch möglich macht, heute dies, morgen jenes zu tun, morgens zu jagen, nachmittags zu fischen, abends Viehzucht zu treiben, nach dem Essen zu kritisieren, wie ich gerade Lust habe, ohne je ein Jäger, Fischer oder Hirt oder kritischer Kritiker zu werden."

    Also wären dann alle so etwas wie britische Dandys?

    Wer wird die Reichen abschaffen? XR?



    LG? FFF? Brauchen wir doch nochmal die RAF?

    Ich verstehe das alles nicht.

    Das Adlon ist übrigens ein sehr schönes Hotel. Nicht so schön wie das Lutetia oder das Plaza Athenée in Paris.

    Aber immerhin. Ich wünsche mir eine Welt, in der alle ihre Sinne verfeinern können, nicht bloß die Leute mit Geld.

  • Wahlkampf für die Grünen?



    Damit LNG-Gas, Weiterführung von Gas- und Kohlekraftwerken, Fehlende Rücknahme von Autobahnprojekten in Grün mit regierten Bundesländern, Fehlende Photovoltaik auf öffentlichen Gebäuden in grün regierten Städten und, und, und nicht debattiert werden?

    Extinsion Rebellion rebeliert im Schneckenhaus gegen die langsamste Schnecke. Solange deren Proteste sich nur gegen Kleinstschnecken richten, sind deren Proteste null ernst zu nehmen

  • Eine sehr bequeme Argumentation gegen "die da oben".

    Jeder einzelne Mensch in Deutschland hat, im globalen Maßstab, einen unverhältnismäßigen Ressourcenverbrauch. Von der umwelt- und klimaschädlichen industriellen Produktion (egal ob kapitalistisch oder "sozialistisch"!) profitieren nicht nur die "1%", sondern auch die Arbeiter/ Angestellten (inkl. Familien), Kunden und Konsumenten und der Fiskus - also letztlich alle. Sehr wahrscheinlich profitieren diese nicht genug, aber sie profitieren. Die Konzerne produzieren ja nicht für den Eigenbedarf der Anteilseigner.

    Dem entsprechend kann der Ressourcenverbrauch/CO2-Ausstoß auch nicht nur den Unternehmensbesitzern angerechnet werden.

    Die Lösung kann unter den jetzigen demografischen Bedingungen nur Subsistenzwirtschaft auf vorindustriellem Niveau sein...

    • @Chris McZott:

      Das stimmt, aber es ist ja nicht so, dass XR nur die Superreichen kritisiert und verantwortlich macht. Diese Demo ist doch nur ein Aspekt des Protests.



      Es geht die ganze Zeit darum, dass es so, wie wir leben, nicht mehr weitergeht.

  • Ich denke das Wort "unverhältnismäßigen" sollte besser durch überproportionalen ersetzt werden.

    • @Land of plenty:

      Wo ist der Unterschied? Laut Online-Duden bedeutet überproportional "unverhältnismäßig hoch".