piwik no script img

Ex-Senator finanziert RechtsextremePeter Kurth gab 100.000€ für Projekt von Terrorverdächtigen

Die terrorverdächtigen „Sächsischen Separatisten“ wollten in Grimma einen Szenetreff aufbauen. Der Finanzier: Peter Kurth, einst Berliner CDU-Senator.

In diesem Haus sollen die festgenommenen Kurt Hättasch und Kevin Richter ihren Szenetreff geplant haben Foto: Konrad Litschko

Berlin taz | Es ist ein Haus in knallroter Farbe, dreistöckig und fast ohne Fenster, direkt am Bahnhof Grimma. Vor der Tür liegt Bauschutt, drinnen wurden Wände neu verputzt. Mitverantwortlich für die Arbeiten sollen Kurt Hättasch und Kevin Richter sein – zwei der acht vor einer Woche in Sachsen festgenommenen Rechtsextremen, denen die Bundesanwaltschaft die Bildung einer Terrorgruppe namens „Sächsische Separatisten (SS)“ vorwirft. Ihr Plan für das Haus: die Schaffung eines neuen Szenetreffs.

Am Tag der Festnahmen rückte deshalb die Polizei auch am „Roten Haus“ an. Nun wird bekannt, dass es einen prominenten Finanzier der Immobilie gab: den früheren Berliner CDU-Senator Peter Kurth. Laut Spiegel soll er dafür im Januar dieses Jahres 100.000 Euro an Kevin Richter überwiesen haben. Dieser habe zuvor mit Hättasch und dem Leipziger Martin K. im Oktober 2023 das Haus gekauft.

Nach taz-Informationen lebte der festgenommene Kevin Richter eine Zeit lang in Berlin und war dort in der Schülerverbindung Iuvenis Gothia aktiv. Kurth wiederum ist Mitglied des Altherrenverbands der ultrarechten Burschenschaft Gothia und war dort bis Jahresbeginn auch länger Teil des Vorstands.

Der taz bestätigte Kurth, dass er die 100.000 Euro als Darlehen an Richter überwiesen habe. Diesen kenne er „seit einiger Zeit“, über die Iuvenis Gothia. Die anderen beiden Männer seien ihm nicht näher bekannt. Ihm sei gesagt worden, dass es bei dem Haus um die „Schaffung von Wohnraum“ gehe und um „kommunalpolitisches Engagement“. Weitere Aktivitäten seien „nie ein Thema“ gewesen.

Hat offenbar ein Herz für neurechte Immobilienprojekte: Peter Kurth Foto: Annette Riedl/ dpa

Kurth bestreitet, von der Terrorgruppe gewusst zu haben

Von den „Sächsischen Separatisten“ habe er erst aus den Medien erfahren, sagt Kurth. Terroristisches Gedankengut habe er bei Richter und dessen zwei Bekannten zuvor nicht wahrgenommen. „Ansonsten hätte es den Hauserwerb auch nicht gegeben.“ Was zu der Gruppe bekannt sei, finde er „abstoßend“.

Kurth, von 1999 bis 2001 Finanzsenator in Berlin und 2009 erfolgloser CDU-Kandidat für die Kölner Oberbürgermeisterwahl, fiel indes schon zuletzt mit Kontakten zu AfD-Funktionären und Rechtsextremen wie Martin Sellner auf, die er auch in seiner Wohnung empfangen haben soll. Bereits 2019 soll er zudem 120.000 Euro für ein Hausprojekt der rechtsextremen Identitären in Linz gezahlt haben. Später soll er den Kauf eines Hausprojekts der Identitären in Chemnitz finanziell unterstützt haben. Die CDU hat Kurth inzwischen verlassen.

Schon am Wochenende hatte die taz berichtet, dass die festgenommenen Terrorverdächtigen der „Sächsischen Separatisten“ auch einen Treffort am Grimmaer Bahnhof aufbauten. Die Stadt wollte sich auf taz-Nachfrage dazu nicht äußern und verwies auf die Ermittlungsbehörden.

Bereits kurz nach den Festnahmen hatte der Rechtsextremist Götz Kubitschek, einst Kopf des Instituts für Staatspolitik, beklagt, dass mit dem Polizeigroßeinsatz gegen die Festgenommenen in Grimma „ein rechtes Hausprojekt beendet worden“ sei.

Die Linken-Bundestagsabgeordnete Martina Renner forderte nach Bekanntwerden, dass Kurth ein Darlehen vergeben hatte, die „rechtsextreme Berliner Burschenschaft Gothia und ihre zentralen Akteure Thema der Sicherheitsbehörden des Bundes werden müssen“. Dies gelte „explizit auch in Richtung Finanzermittlungen“, so Renner zur taz.

Kampftrainings im Wald

Die acht Festgenommenen, 21 bis 25 Jahre alt, sollen sich laut Bundesanwaltschaft mit paramilitärischen Übungen und Schießtrainings auf einen „Tag X“ vorbereitet haben, einen Umsturz. Sollte dieser eintreten, seien auch „ethnische Säuberungen“ mit Waffengewalt vorgesehen gewesen. Unter den Festgenommenen sind mit Kurt Hättasch, Kevin Richter und Hans-Georg Pförtsch auch drei AfD-Lokalfunktionäre. Hättasch besaß als Jäger auch eine Schusswaffe und seine Familie ein Waldgrundstück, bei dem die Ermittler vermuten, dass auch dort Trainings der Gruppe stattgefunden haben. Bei seiner Festnahme soll Hättasch mit einer Waffe aufgetaucht sein, worauf Schüsse fielen. Der 25-Jährige wurde am Kiefer verletzt.

Blutige Rituale: Kevin Richter auf einem Foto der Iuvenis Gothia (3. von links) Foto: privat

Zu den Festgenommen gehören auch die Brüder Jörg und Jörn S. aus Brandis, deren Vater in den 1980er Jahren bereits in der militanten Neonazi-Szene in Österreich aktiv war. Jörg S. gilt der Bundesanwaltschaft als Anführer der Gruppe. Er wurde im polnischen Zgorzelec, direkt neben Görlitz, festgenommen. Sein Anwalt sagte der taz, mit einer Entscheidung über eine Auslieferung nach Deutschland sei erst in ein paar Wochen zu rechnen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

6 Kommentare

 / 
Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Sofort festnehmen! Aktive Unterstützung einer kriminellen Vereinigung.

  • Es ist mir schon lange schleierhaft, wie die CDU es immer wieder schafft, den Menschen einzureden, sie seien die Alternative zur Alternative für Deutschland. Brandmauer, dass ich nicht lache.



    Die CDU ist in vielen Dingen nur wenig besser als die AfD. Solche schlagenden "Verbindungen" zur rechtsextremen Szene wundern mich nicht im Geringsten.

  • Dem Herrn Kuth gehören die Ruhegehaltsbezüge ersatzlos gestrichen. Sich an staatlichen Zahlungen mästen und damit seine Abschaffung finanzieren. Wann wird sich endlich ausreichend gewehrt??

  • Man muss leider sagen, dass Rechtsextreme sehr gut finanziert werden, immer von solchen Gestalten in der hinteren Reihen.



    Illegal ist es ja nicht, und so kann der Ex-Senator sein Staatsgeld in die Zerstörung desselben stecken. Absurd.



    Es würde mich auch interessieren wie viele Politiker der CDU noch Sympathien für die Szene haben.

  • Schon wieder ein Berliner Ex-Finanzsenator, der an chronischem Rechtsdrall leidet.



    Liegt es am Amt, oder zieht dieses solche Gestalten magisch an?

  • Gab es beim Peter nicht 2019 schon Kritik, dass er über 100k an die Identitäre Bewegung, zur Immobilienfinanzierung, gespendet hat. Oder war das die Spende?