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Europäische Initiative für MieterschutzMaastricht muss weg

Mieterbund und DGB unterstützen eine Petition. Das Ziel: Mehr Steuern von Airbnb – und mehr Investitionen in öffentlichen Neubau.

Airbnb soll endlich Steuern zahlen Foto: reuters

BERLIN taz | Der Deutsche Mieterbund und der Deutsche Gewerkschaftsbund unterstützen eine europaweite Initiative für bezahlbaren Wohnraum. Unter dem Titel „Housing for All“ sollen in den nächsten Monaten in allen EU-Staaten Unterschriften gesammelt werden. Kommen bis zum 18. März 2020 mehr als eine Million Unterzeichner zusammen, müssen sich die Europäische Kommission und das Europaparlament mit den Forderungen befassen.

Dazu gehört auch, dass Investitionen in den sozialen Wohnungsbau zukünftig von der Anrechnung der Schuldenquote gemäß der Maastricht-Kriterien ausgenommen werden. Die Besteuerung von Ferienwohnungskonzernen wie Airbnb soll so verbessert werden, dass sie keinen Wettbewerbsvorteil gegenüber Hotels mehr haben.

„In Lissabon werden inzwischen ein Drittel der Wohnungen über Plattformen kurzfristig vermietet“, sagte Sprecherin Karin Zauner-Lohmeyer bei der Vorstellung von „Housing for All“ in Berlin. Auch in Ländern wie Österreich, Spanien und Kroatien ist die Initiative gut vertreten. Zauner-Lohmeyer forderte, das Geschäft mit den Ferienwohnungen einzudämmen.

Hintergrund ist der unter anderem der Vertrag von Maastricht, der ausländische Investitionen im Dienstleistungssektor deutlich erleichtert. Nur Dänemark hatte bei Abschluss des Vertrages verhandelt, den Wohnungsbereich auszunehmen. Gleichzeitig erschweren die Maastricht-Kriterien, die die jährliche Neuverschuldung auf drei Prozent des Bruttoinlandsproduktes begrenzen, Investitionen in den öffentlichen Wohnungssektor.

Eine Million Unterschriften gesucht

Die Initiatoren von „Housing for All“ kritisierten auch ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs, das Finanzhilfen an gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaften in einem niederländischen Fall nur dann für zulässig erklärte, wenn der Wohnungsbau ausschließlich für sozial Schwache erfolgt. Gemischte Wohngebiete werden so erschwert.

Die Hürde für die Unterschriftensammlung, im EU-Jargon auch „Europäische Bürgerinitiative“ genannt“, sind hoch: Nicht nur, dass insgesamt eine Million Unterschriften geleistet werden müssen – sie müssen auch in mindestens sieben Staaten eine festgelegte Anzahl überschreiten. In Deutschland, dem Land mit den meisten Einwohnern in der EU, liegt diese bei 72.000.

Als Konkurrenz zu dem Berliner Volksbegehren „Deutsche Wohnen & Co“ enteignen sehen Deutscher Mieterbund und DGB die Unterschriftensammlung nicht. Stefan Körzell (DGB) sagte, er sei froh, dass das Volksbegehren die Debatte über Enteignungen provoziert habe. Sie seien „das letzte Mittel“. Reiner Wild vom Berliner Mieterverein, dem lokalen Ableger des Deutschen Mieterbundes, kündigte an, man werde für beide Initiativen gleichzeitig Unterschriften sammeln.

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4 Kommentare

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  • Das Geschäft von Airbnb mit Hotels zu vergleichen (um dann zum Ergebnis zu gelangen, dass Hotels benachteiligt werden) zeugt schon von fehlendem Sachverstand. Aibnb könnte man allenfalls mit booking.com vergleichen. Nunden, schlägt die Idiologie erst mal durch, kommt es auf sowas dann wohl auch nicht mehr an.

    • @DiMa:

      Es werden durch den Hype inzwischen jede Menge Wohnungen komplett als Hotelersatz zweckentfremdet, mit „Couchsurfing“ hat der aktuelle Zustand schon lange nichts mehr zu tun. Eigentum verpflichtet, und das ist keine Ideologie, sondern aus guten Gründen Teil der Verfassung.

      • @Volker Maerz:

        Nur hat AirBnB mit Eigentum nichts zu tun. Es vermittelt lediglich das Eigentum von Anbietern an Interessenten.

        Und vor Eigentum verpflichtet steht in der Verfassung das Eigentum ist gewährleistet.

        In Berlin gehen die Auslastungszahlen der Hotels nicht zurück. Neue werden gebaut. Insoweit scheint AirBnB keine Konkurrenz sondern allensfalls eine Erweiterung und Ergänzung zu sein.

        In Lissabon haben die Bewohner die Häuser aufgrund der wirtschaftlichen Situation in der Innenstadt aufgegeben und sind zur Familie aufs Land gezogen. Die Regierung hat die Staatsbürgerschaft gegen Investitionen in den Immobilienmarkt verschärbelt. Die wirtschaftliche Nutzung durch AirBnB hat den Wiederaufbau der Innenstadt damit erst möglich gemacht. Insoweit liegt doch garkeine Zweckentfremdung vor.

        Eine ähnliche Entwicklung steht beispielsweise in Catania gerade bevor.

        • @DiMa:

          AirBnB macht sich jedoch mit der, darf ich das noch sagen (?) :-) Zweckentfremdung gemein, fördert (diese) und stützt (diese u.a. mit Werbung in eigener Sache).

          Es handelt sich eben nicht um einen positiven Kerneffekt, wenn das im Grunde durchaus verwerfliche Geschäftsmodell "Beihilfe" dazu führt, das Mittel dafür zur Verfügung stehen, was als selbstverständlich zu erachten ist und die Ursache für den Rückzug der Menschen gleich nocheinmal niemals hätte möglich sein dürfen - erst systemisch krank machen und dann noch das Medikament liefern, dass dann auch noch von dem Kranken zu bezahlen ist.