Eröffnung der US-Botschaft in Jerusalem: Die Vision ist „Trump Town“
Die USA eröffnen am Montag ihre Botschaft. Viele Palästinenser rufen zum Protest auf. Netanjahu lockt derweil weitere Staaten nach Jerusalem.
Der Stab wird vorläufig nicht komplett in die „ewig ungeteilte jüdische Hauptstadt“, wie Israels Regierungschef es gern betont, umziehen, sondern nur „ein kleines Personalaufkommen“. Botschafter David Friedman bekommt ein Büro in Jerusalem, wird aber den Hauptteil seiner Arbeit weiter von Tel Aviv aus erledigen.
Bei den Palästinensern sorgt der politische Akt für großen Unmut. Jihia al-Sinwar, Chef des Hamas-Politbüros, sprach in Gaza von der „emotionalen Bindung“ seines Volkes zu Jerusalem, „dem Herzen seines Volkes“. Am Dienstag ist der Jahrestag der Nakba, an dem die Palästinenser den Beginn des Flüchtlingsproblems erinnern. Im Grenzgebiet zum Gazastreifen sind Massenproteste geplant.
Der eher formale Akt der Botschaftseröffnung birgt enormes Sprengpotenzial. 70 Jahre nach der Gründung Israels ist der Status Jerusalems international noch zu klären. Bei bisherigen Friedensverhandlungen zwischen Israel und Palästinensern gehörte Jerusalem zu den zentralen Knackpunkten. Beide beanspruchen Jerusalem als ihre Hauptstadt. Bereits im Dezember, als Trump im Alleingang Jerusalem offiziell als Hauptstadt Israels anerkannte, setzte Palästinenserpräsident Mahmud Abbas die Kontakte zum Weißen Haus aus. Trump habe sich als „befangen“ entlarvt. Und US-Botschafter David Friedman sei „ein Siedler“ und ein „Hundesohn“. Friedman ist entschiedener Unterstützer der israelischen Siedlungspolitik und Gegner eines palästinensischen Staates.
Unter dem Motto „Jerusalem ist eine arabische islamische und christliche Stadt“ kündigten mehrere palästinensische und arabisch-israelische Organisationen Proteste in Israel und im Westjordanland an. Mohammed Barake, ehemals Knessetabgeordneter der antizionistischen Partei Chadasch, will vor dem Botschaftshaus in Arnona demonstrieren, wo ein polizeiliches Sonderaufgebot postiert ist. Zeitgleich planen die Palästinenser Kundgebungen in Ramallah, Bethlehem und Hebron. „Wir protestieren gegen die amerikanische Aggression“, erklärte Barake.
Lage im sogenannten Niemandsland
Die Demonstrationen sollen außerdem der Solidarität mit dem „Großen Marsch der Rückkehr“ im Gazastreifen gelten. Seit Ende März sind dort bei wöchentlichen Demonstrationen im Vorfeld des Nakba-Tages am 15. Mai bereits 47 Palästinenser von Scharfschützen erschossen worden. 8.000 Demonstranten trugen Verletzungen davon.
Umstritten ist sogar das Gelände, auf dem sich die Jerusalemer Botschaft befindet, denn es gehört weder zu West- noch zu Ostjerusalem, sondern liegt im sogenannten Niemandsland, einer Zone, die bis zum Sechstagekrieg 1967 als demilitarisierter Puffer zwischen Israel und dem damals von Jordanien kontrollierten Ostjerusalem diente.
Trumps Alleingang findet schon Nachahmer. Noch Ende dieser Woche soll die feierliche Eröffnung der neuen Botschaft Guatemalas in Jerusalem stattfinden, zu der Präsident Jimmy Morales eigens nach Israel kommen will. Regierungschef Netanjahu zeigte sich großzügig und will den Schaden übernehmen, den der spontane Umzug Guatemalas an Miete im bisherigen Botschaftsgebäude bei Tel Aviv kostet. Dabei geht es um rund eine Viertel Million Euro. Auch Paraguay signalisierte Umzugspläne. Netanjahu hofft, weitere Staaten zur Anerkennung Jerusalems als israelische Hauptstadt zu bewegen.
In der EU führte eine Resolution, mit der sich die Mitgliedsstaaten verpflichten würden, ihre Botschaften nicht aus Tel Aviv zu verlegen, zu einer Krise. Ungarn, Rumänien und Tschechien stellten sich gegen die Resolution, scheinen aber doch noch unentschlossen zu sein. Israels Bauminister Joav Galant visioniert bereits ein komplettes Botschaftsviertel. Einen passenden Namen hätte er auch schon: „Trump Town“.
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