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Erneuerbares HeizenLeipzig setzt bald auf Sonnenwärme

Die sächsische Großstadt hat Deutschlands größte Solarthermieanlage gebaut. Ab 2026 soll sie im Vollbetrieb Heizenergie liefern.

So fing es 2007 an, so schloss es nun unlängst ab, das größte Solarkraftwerk der Welt Bild: Eckehard Schulz/AP Photo

Berlin taz | Sie sind gut 72 Kilo schwer und mit 20-Grad-Neigung montiert: In Leipzig wurde jetzt der letzte Kollektor der nun größten deutschen Solarthermie-Anlage aufgestellt. 13.200 solcher silbrig glänzenden Energieumwandler sind es, zusammen bringen sie es auf eine Spitzenleistung von 41 Megawatt. Die Anlage im Westen Leipzigs ist 14 Hektar groß und soll im Sommer 20 Prozent des Wärmebedarfs der Sachsenmetropole decken.

Solarthermie ist die etwas in Vergessenheit geratene Schwester der Photovoltaik. Statt Strom wird dabei mit Sonnenenergie Wärme produziert. Die Photovoltaik boomt, 2023 wurden Anlagen mit 14.600 Megawatt neu aufgebaut, ein Rekord. Und der wurde im vergangenen Jahr mit 16.900 Megawatt noch einmal überboten. Die Sonnenenergie in Wärme umzuwandeln ist dagegen weniger gefragt: 2022 lag die neu installierte Leistung noch bei knapp 500 Megawatt, 2023 sank sie auf 263 Megawatt, im vergangenen Jahr sogar auf nur noch 154.

Dabei ist die Solarthermie eine der effizientesten erneuerbaren Wärmequellen. „Pro Hektar kann mit ihr etwa dreimal mehr Energie genutzt werden als bei Photovoltaik“, sagt Erik Jelinek, Projektleiter bei den Leipziger Stadtwerken. Die Anlage sei ein wichtiger Baustein des kommunalen Wärmeplans, mit dem die Messestadt die Heizung und den Warmwasserbedarf der 630.000 Einwohner treibhausgasfrei decken will.

Dafür läuft seit Jahresanfang der Ausbau, auch im Süden der Stadt soll eine Solarthermieanlage entstehen. Zudem ist eine „Power-to-Heat“-Anlage geplant: Wenn überschüssiger Strom aus Wind- oder Photovoltaik vorhanden ist, soll sie diesen in Wärme umwandeln und ins Fernwärmenetz einspeisen. Außerdem soll Abwärme aus dem Chemiepark Leuna nach Leipzig geleitet und dort genutzt werden.

Erst eine Testphase, dann volle Leistung

Im Solarthermie-Feld West kommen Vakuumröhren-Kollektoren des Marktführers Ritter zum Einsatz, als Wärmeträgermedium Wasser. Die Regelungstechnik ermöglicht eine vollautomatische Steuerung der Anlage je nach Sonne. „Die Technik misst die Sonneneinstrahlung im Kollektorfeld und steuert entsprechend die Fließgeschwindigkeit des Wassers, welches in den Kollektoren erhitzt wird“, erläutert Ritter-Projektingenieur Paul Gaspar. „Je weniger Sonne scheint, desto langsamer fließt das Wasser, um sich zu erwärmen.“

Im dritten Quartal wird die Anlage nun schrittweise geprüft und ans Netz genommen, ab Jahresanfang 2026 soll sie die volle Leistung bringen. Die Leipziger Stadtwerke investieren dafür rund 40 Millionen Euro, davon werden rund 16 Millionen Euro gefördert, beispielsweise vom Bund.

In Dresden-Räcknitz hat eine neue Solarthermieanlage ihren Probebetrieb bereits hinter sich, auch in Potsdam, Mühlhausen oder Greifswald speist die Sonne schon Wärme ins lokale Netz.

Das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme untersuchte gerade die Wirtschaftlichkeit von solarer Prozesswärme in der Industrie im Vergleich zur konventionellen Wärmeversorgung. Dabei erwiesen sich Solarwärme-Systeme in vielen Fällen wirtschaftlicher als der Betrieb rein fossil befeuerter Systeme zur Erzeugung von Prozesswärme.

Kommt jetzt also ein neuer Schub für die Solarthermie? Ritter jedenfalls erklärt: Leipzig West „wird für Jahre die größte Solar­thermie-Anlage Deutschlands sein“.

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2 Kommentare

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  • "Pro Hektar kann mit ihr etwa dreimal mehr Energie genutzt werden als bei Photovoltaik".



    Stimmt nicht wirklich. Also klar, der direkte Wirkungsgrad ist drei Mal so groß wie bei PV, aber, wenn ich eine Wärmepumpe verwende nicht mehr. Dann habe ich einen etwas höheren Wirkungsgrad bei der PV. Die Wärmepumpe muss ich schon dazu nehmen sonst vergleiche ich ja Äpfel mit Birnen.



    Allerdings mit der Wärmepumpe könnte ich Strom den ich praktisch geschenkt bekomme zu bestimmten Zeiten in Wärme verwandeln und das natürlich wesentlich effektiver (Vier mal mehr) als bei Power to Heat. Das ist ja nur ein großer Heizstab. Ineffiktiver geht's nicht.



    Besonders im Winter, dann liefert ja weder PV noch Thermie Energie. Die Wärmepumpe kann es aber. Gerade in der Übergangszeit kann ich ich das ja auch mit einem Wirkungsgrad von 500 bis 600 Prozent machen.



    Deswegen verstehe ich das Konzept nicht, funktioniert ja nur im Sommer, wenn ich keine Wärme brauche. Anders die WP, damit könnte ich Sommer auch kühlen mit der PV und das sehr billig. Vielleicht ist das in Zukunft noch viel wichtiger. Aber so weit denkt man wohl in Leipzig nicht.

  • "...und soll im Sommer 20 Prozent des Wärmebedarfs der Sachsenmetropole decken." Gut, dass der Wärmebedarf im Sommer nicht ganz so hoch ist.