Erbeutete US-Waffen: Gaza, Grönland – jetzt Afghanistan
Trump will US-Militärgerät zurück, das beim Abzug an die Taliban fiel – und einen afghanischen Militärstützpunkt. Pakistan sichert Kooperation zu.
Schon im Wahlkampf brachte Trump das Thema Bagram mehrfach auf. Er sei besorgt, dass Bagram nun „unter chinesischem Einfluss“ stünde. Die Taliban dementierten. Was daran stimmt: Beijing ist nach dem schmählichen US-Abzug 2021 diplomatisch weiter in Afghanistan aktiv und fördert chinesische Investitionen dort. Die USA hingegen sind raus. Am Mittwoch sprach Trump das Thema Bagram in der ersten Sitzung des neuen Kabinetts in Washington wieder an.
Der Präsident hat noch eine zweite Rechnung mit den Taliban offen. Er will militärische Ausrüstung und Waffen im Wert von sieben Milliarden US-Dollar zurück, die die USA laut Pentagon an Afghanistans Streitkräfte geliefert hatten. Darunter sind Blackhawk-Hubschrauber, gepanzerte Fahrzeuge und massenhaft Kleinwaffen, Munition und Kommunikationsausrüstung, die die Taliban zur Demütigung Washingtons regelmäßig öffentlich vorführen. Sie stehen hingegen auf dem Standpunkt, dabei handele es sich um „Kriegsbeute“, die ohnehin „Eigentum der Afghanen“ sei.
Pakistan hofft auf Verbesserung der US-Beziehungen
Trump stoppte deshalb bereits Ende Januar die meiste humanitäre Hilfe an Afghanistan, die über die UNO geflossen war – über 2,1 Milliarden Dollar seit der Taliban-Machtübernahme. Das machte die USA zum größten Geber. Und hat entsprechende Folgen: Laut UN-Generalsekretär António Guterres verlieren dadurch jetzt neun Millionen Afghan*innen den Zugang zu Gesundheitsversorgung.
Inzwischen rief am Dienstag Trumps nationaler Sicherheitsberater Mike Waltz, ein Afghanistan-Veteran, Pakistans Vizepremier und Außenminister Ishaq Dar an, wie das Außenministerium in Islamabad bestätigte. Dar habe Kooperation in der Waffenfrage zugesichert. Pakistans Regierung hofft nach Jahren der Krise auf einer Verbesserung seiner Beziehungen mit Washington und auf die Wiederaufnahme dessen früher umfangreicher Militär- und Wirtschaftshilfe.
Zudem möchte Pakistan, lange Hauptunterstützer der Taliban in Afghanistan, seinen dort zuletzt geschwundenen Einfluss wieder herstellen. Ein alter Grenzkonflikt schlug mehrmals in Gefechte um, zuletzt wieder seit Ende Februar. Pakistan wirft Kabul auch vor, nicht genügend gegen die pakistanische Taliban-Bewegung TTP vorzugehen, die teilweise von Afghanistan aus operiert.
Ein Zeichen guten Willens
Pakistan verfügt daher im Moment nicht über genügend politischen Einfluss um Afghanistans Taliban-Regime gegenüber Washington zum Einlenken in der Waffenfrage zu bewegen – von einer Übergabe Bagrams ganz zu schweigen. Letzeres könnte auch die Beziehungen zu China belasten, die für Pakistan im Spannungsfeld mit Indien essenziell sind. Die Themen Bagram und China blieben in den Verlautbarungen zum jüngsten US-pakistanischen Telefonat so auch unerwähnt.
Schwer vollstellbar, wenn auch nicht unmöglich ist, dass pakistanisches oder US-Militär, eventuell sogar gemeinsam, den Riesenstützpunkt Bagram gewaltsam einzunehmen versuchen. Die USA müssten allerdings wissen, dass sie die Taliban als Gegner nicht erneut unterschätzen sollten.
Allerdings könnten auch die Washington entgegen kommen wollen, um ihren internationalen Status aufzuwerten. Sollten sie etwa US-Militär oder Sicherheitsfirmen erlauben, über Bagram einige Waffen aus ehemaligen US-Beständen auszufliegen, könnte sich eine gesichtswahrende Lösung für beide Seiten ergeben.
Pakistan lieferte den USA indes ein weiteres Zeichen guten Willens: Es wurde Trump überlassen, am Dienstag vor dem Kongress zu verkünden, dass Pakistans Sicherheitskräfte einen Afghanen festgenommen und an die USA übergeben haben, der der Organisator eines schweren Bombenanschlags am Kabuler Flughafen sein soll. Bei diesem waren während des Truppenabzugs und der Evakuierung afghanischer Verbündeter des Westens auch 13 US-Soldaten umgekommen. Trump sprach Dankesworte in Richtung Islamabad.
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