Entspannungssignale in Ostasien: Japan sucht die Mitte zwischen USA und China
Premier Shigeru Ishiba sendet Entspannungssignale nach Peking. Eine Reaktion auf Biden, der die Übernahme eines US-Stahlkonzerns durch Japan stoppen will.
Ziel der Annäherung an Peking ist ein Staatsbesuch von Chinas Präsident Xi Jinping in Japan. Der Besuch sollte ursprünglich 2020 stattfinden, wurde aber wegen der Pandemie auf Eis gelegt.
Japans demonstrative Entspannungssignale an China dürften auch eine Reaktion auf die Entscheidung von US-Präsident Joe Biden sein, die Übernahme des Stahlherstellers US Steel durch Nippon Steel wegen angeblicher Gefahren für die nationale Sicherheit zu stoppen.
Damit stellte Biden Japan als den wichtigsten US-Sicherheitspartner im Pazifik auf die gleiche Stufe wie den erklärten US-Gegner China. Das löste in Japan erhebliche Irritationen aus. Nippon Steel verklagte inzwischen die US-Regierung auf eine zweite Prüfung der Übernahme, ebenso ein unerhörter Vorgang unter Verbündeten.
Ishibas Ziel: Japan Besuch von Chinas-Machthaber Xi
Zunächst will die Regierung in Tokio Chinas Außenminister Wang Yi für Februar nach Japan einladen. Es wäre Wangs erster Besuch seit über vier Jahren. Im Frühjahr könnte ein Gipfeltreffen zwischen Japan, China und Südkorea in Tokio stattfinden. Daran würde Chinas Premier Li Qiang teilnehmen.
Damit wäre die Basis für einen Besuch Xis gelegt. Die Planungen gehen schon in Details: So soll Kaiser Naruhito in seinem Palast ein Bankett für Xi ausrichten. Seit dessen Amtsantritt als Präsident im Jahr 2013 kam Xi bisher nur zur Teilnahme am G20-Gipfel in Osaka 2019 nach Japan.
Die Regierung in Tokio hält einen Staatsbesuch von Xi laut der Finanzzeitung Nikkei für „unerlässlich“, um die Beziehungen auf einen besseren Weg zu bringen. Ishiba könnte zuvor selbst nach Peking fahren. „Es ist mir sehr wichtig, nach China zu reisen“, erklärte er im Dezember, als Außenminister Takeshi Iwaya über die Weihnachtstage seinen Amtskollegen Wang in Peking traf.
Dabei gewährte Japan erstmals Zehn-Jahres-Visa für chinesische Touristen. Im Gegenzug verdoppelte China die Dauer der Touristenvisa für Japaner auf 30 Tage. Am Montag fuhr eine Gruppe von zwölf Abgeordneten, darunter die Generalsekretäre der Regierungsparteien LDP und Komei, erstmals seit über sechs Jahren zu Gesprächen mit der Kommunistischen Partei nach Peking.
Kritik: Ishibas Initiative ist ein Zeichen von Schwäche
Ishibas Vorgehen stößt in seiner LDP nicht nur auf Zustimmung. Der frühere LDP-Politikchef Koichi Hagiuda nannte das Versprechen von erleichterten Visa für Chinesen „fahrlässig“, weil zuständige LDP-Politiker nicht konsultiert wurden. Hinter den Kulissen heißt es, Ishibas Initiative komme zu früh und erwecke den Eindruck von Schwäche. Trotz der Einigung im September habe China seinen Importstopp für japanische Meeresfrüchte, der wegen der Einleitung von Kühlwasser aus dem AKW Fukushima in den Pazifik verhängt wurde, noch nicht komplett aufgehoben.
Auch beharre China auf seinem Anspruch auf die japanische Senkaku-Inselgruppe (chinesisch: Diaoyutai) durch die Dauerpräsenz bewaffneter Schiffe. Letzte Woche berichtete die Nationale Polizeiagentur, Japan sei seit 2019 über 200 Mal von der chinesischen Hackergruppe MirrorFace angegriffen worden, um Infos zur nationalen Sicherheit und Hochtechnologiedaten zu erbeuten.
Ein anderes Negativbeispiel ist die Verhaftung von 17 in china lebenden japanischen Managern seit dem Spionageabwehrgesetz von 2015.
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