Inselstreit zwischen Japan und China: Konflikt erstmals anerkannt
Japan und China beanspruchen die Senkaku-Inseln jeweils für sich. Nun gab es einen Durchbruch: die beiden Länder haben offiziell anerkannt, dass sie sich streiten.
PEKING taz | Nach viel klingt es nicht. Und doch handelt es sich bei dieser Ankündigung um einen politischen Meilenstein. Bei einem Treffen der Außenminister Chinas und Japans am Rande des Apec-Gipfels an diesem Wochenende in Peking hat die japanische Führung den seit Jahren schwelenden Inselstreit im Ostchinesischen Meer offiziell als einen Konflikt anerkannt.
Für Außenstehende klingt das banal. Doch aus Sicht von Tokio sind die Senkaku-Inseln, die die Chinesen als Diaoyu bezeichnen, fester Bestandteil des japanischen Territoriums und waren damit nicht verhandelbar. Peking wiederum beansprucht die unbewohnten Inseln für sich.
Seit Jahren tobt ein heftiger Streit. Beide Seiten vermuten große Gasvorkommen im umliegenden Gewässer. Die chinesische Führung hatte Japans Anerkennung des Inselstreits zur Bedingung gemacht, überhaupt irgendwelche Regierungsgespräche zu führen.
Nun könnte Bewegung in das völlig zerrüttete Verhältnis kommen. Beide Seiten erkannten „unterschiedliche Positionen“ an, heißt es in einer Erklärung des chinesischen Außenministeriums. Es gebe Übereinstimmung, „eine Eskalation durch Dialog zu vermeiden und Mechanismen für Krisenfälle zu schaffen“. Der Inselstreit war in den vergangenen Jahren auch deswegen so gefährlich, weil es zwischen den beiden Ländern keine diplomatischen Kanäle gibt, den Konflikt zu dämpfen. Ein Fischerboot auf Abwegen genügte, das Pulverfass zum Explodieren zu bringen.
Neuer Seidenstraßenfonds
Die beiden Außenminister deuteten zudem an, dass es ein Treffen des chinesischen Staatspräsidenten Xi Jinping mit dem japanischen Ministerpräsidenten Shinzo Abe geben könnte. Auch das würde eine Zäsur darstellen. Es wäre das erste formale Gespräch eines japanischen Regierungschefs mit einem chinesischen Staatsoberhaupt seit mehr als zwei Jahren. Die Begegnung könnte bereits am Montag oder Dienstag am Rande des Apec-Gipfels stattfinden.
Derzeit findet in Peking das Treffen von 21 Staats- und Regierungschefs der asiatisch-pazifischen Wirtschaftsgemeinschaft statt. Neben Abe sind auch Russlands Präsident Wladimir Putin und US-Präsident Barack Obama angereist. Aus chinesischer Sicht handelt es sich um die wichtigste internationale Veranstaltung, seit Peking 2008 die Olympischen Spiele im Lande ausgetragen hat. Bereits seit einer Woche gilt in der chinesischen Hauptstadt die höchste Sicherheitsstufe. Die EU-Staaten sind lediglich mit Beobachtern auf dem Gipfel vertreten.
Parallel zu einer Annäherung an den Erzfeind Japan buhlt die chinesische Führung auch um die Unterstützung der anderen asiatischen und lateinamerikanischen Staaten. Das allerdings weckt das Misstrauen nicht nur Japans, sondern auch der USA. So hat Gastgeber China auch eine Reihe von asiatischen Ländern zum Gipfel eingeladen, die gar nicht zur Apec gehören, darunter Bangladesch, Kambodscha, Laos, Pakistan und Tadschikistan.
Chinas Staatspräsident Xi kündigte am Sonntag einen sogenannten „Seidenstraßen-Fonds“ an, in dem Peking 40 Milliarden US-Dollar zum Ausbau der Infrastruktur in diesen Ländern bereitstellen will. Diesem Ziel dient auch die vor zwei Wochen in Peking gegründete Asiatische Infrastruktur-Investitionsbank (AIIB), für die die Volksrepublik 50 Milliarden Dollar an Startkapital zur Verfügung stellt. Die USA und Japan sehen sowohl die Bank als auch den Fonds mit Skepsis. Denn sie befürchten, China könnte damit seine politische und wirtschaftliche Führungsmacht noch weiter ausweiten. Chile hingegen unterstützt die Bank und hat angekündigt, sich beim Aufbau zu beteiligen.
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