Entscheidung des Verfassungsschutzes: Der „Flügel“ ist rechtsextrem
Der Verfassungsschutz beobachtet die Strömung in der AfD nun vollständig. Verbeamtete Mitglieder müssen deutliche Konsequenzen fürchten.
Der „Flügel“ sei eine „erwiesen extremistische Bestrebung“, sagte Verfassungsschutzchef Thomas Haldenwang am Donnerstag auf einer Pressekonferenz in Berlin. „Die bisherigen Anhaltspunkte haben sich zur Gewissheit verdichtet.“ Schon seit Januar 2019 war der „Flügel“ von dem Geheimdienst als „Verdachtsfall“ gelistet.
Der Verfassungsschutz verwies nun auf die organisatorische Festigung des „Flügels“, der Marginalisierung von Gegenkräften der Gruppe in der AfD und einer verstärkten Vernetzung in der rechtsextremen Szene. Haldenwang sprach auch von einem „Bedeutungszuwachs“ des „Flügel“-Anführers Björn Höcke, dessen teils brachiale Aussagen und dessen Kontakte zu Rechtsextremisten wie dem Pegida-Frontmann Lutz Bachmann.
Der Verfassungsschutz gehe gegen alle Bedrohungen des Rechtsextremismus vor, sagte Haldenwang. Dies gelte auch, wenn sie aus dem parlamentarischen Raum kommen. Die Einstufung des Flügels sei deshalb auch eine „Warnung“, so der Präsident: „Wir stehen zusammen und handeln.“ Der Verfassungsschutz rechnet dem Flügel bundesweit 7.000 Mitglieder zu. Man habe sich dabei an Selbstzuordnungen der Anhänger orientiert, so der Dienst.
Auch Elsässer und Kubitschek im Blick
Die AfD im Gesamten führt der Verfassungsschutz weiterhin nur als „Prüffall“, die Nachwuchsorganisation „Junge Alternative“ als „Verdachtsfall“, eine Stufe höher.
Problematisch werden kann es nun für BeamtInnen, die zum „Flügel“ gehören – wie Höcke beispielsweise, der eigentlich Lehrer ist. BeamtInnen sind grundsätzlich zur Verfassungstreue verpflichtet. Nun indes stuft der Verfassungsschutz ihre Organisation als klar rechtsextrem an.
Gleichzeitig erwähnte Haldenwang auch, dass das Compact-Magazin des Publizisten Jürgen Elsässer als rechtsextremer „Verdachtsfall“ geführt werde. Auch der neurechte Vordenker Götz Kubitschek sei im Blick. Haldenwang sprach von einem neurechten Netzwerk, das eine gefährliche Scharnierfunktion von der gesellschaftlichen Mitte zu Rechtsextremen darstelle.
Mit der Einstufung des Flügels zählt der Verfassungsschutz nun 32.000 Rechtsextremisten in Deutschland – zuletzt waren es noch 24.100. Haldenwang verwies auf die Terroranschläge auf den Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke, in Halle und in Hanau. „Rechtsextremismus und Rechtsterrorismus sind aktuell die größte Gefahr für die Demokratie in Deutschland“, betonte Haldenwang. „Unser gesetzlicher Auftrag verpflichtet uns zum Handeln. Und wir handeln.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Scholz bezeichnet russischen Raketeneinsatz als „furchtbare Eskalation“
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung