Rechtsextreme Strömung in der AfD: Partei setzt Kalbitz unter Druck

„Flügel“-Anführer Andreas Kalbitz soll alle politischen Vereinigungen auflisten, in denen er Mitglied war oder zu denen er Kontakt hatte.

Andreas Kalbitz (links) und Alexander Gauland bei einer Pressekonferenz

Andreas Kalbitz rechtsextreme Biographie ist nicht neu. Jetzt stört sie die AfD Foto: Michael Sohn/AP

BERLIN taz | Die AfD erhöht den Druck auf Andreas Kalbitz, Landeschef in Brandenburg und einer der beiden Anführer des „Flügels“. Am Freitagnachmittag beschloss der Bundesvorstand der Partei in einer Telefonkonferenz, Kalbitz müsse „eine Liste der politischen Organisationen und Vereinigungen vorlegen, in denen er Mitglied gewesen ist oder zu denen er in Kontakt gestanden hat – mit Angaben von Jahreszahlen und Erklärung der Art der Verbindung“. So steht es im Protokollentwurf der Vorstandssitzung, die der taz vorliegt. Kalbitz selbst ist als Beisitzer Mitglied in dem Gremium.

Insbesondere soll Kalbitz seine Beziehung zur Heimattreuen Deutschen Jugend (HDJ), der Jungen Landsmannschaft Ostpreußen und dem Witikobund erläuern – allesamt Organisationen aus dem rechtsextremen Spektrum. Der Bundesvorstand fordert zudem einen Bericht über Kalbitz' Teilnahme an einer Demonstration der „Patriotischen Allianz“ im Januar 2007 in Athen und an Veranstaltungen „flämischer Nationalisten“ ab dem Jahr 1994.

Kalbitz war Mitglied in Neonaziorganisation

Die Demonstration in Athen wurde von einem rechtsextremen Bündnis um die neonazistische Partei „Goldene Morgenröte“ organsiert, Kalbitz quartierte sich mit deutschen Rechtsextremisten in ein Hotel ein. Unter den Gästen befand sich auch der damalige NPD-Chef Udo Voigt. Ein Teil der Gruppe hisste an dem Hotel eine Hakenkreuzfahne.

Die Informationen über Kalbitz' rechtsextreme Biographie sind nicht neu. Neu aber ist, dass der AfD-Bundesvorstand umfassende Aufklärung darüber verlangt. Der Hintergrund: Im März hat der Verfassungsschutz den „Flügel“ als rechtsextrem eingestuft. Über Kalbitz und den anderen „Flügel“-Anführer Björn Höcke sagte Behördenchef Thomas Haldenwang: „Beide Personen sind Rechtsextremisten.“

In diesem Zusammenhang wurde auch bekannt, dass dem Verfassungsschutz ein Beleg dafür vorliegt, dass Kalbitz auch Mitglied von der inzwischen verbotenen Neonaziorganisation HDJ gewesen sein soll. „Familie Andreas Kalbitz“ sei unter der Mitgliedsnummer 01330 aufgeführt worden, hatte zuerst der Spiegel berichtet. Ziel der HDJ: die künftige nationalsozialistische Elite heranziehen.

Parteiausschluss von Kalbitz wäre formal leicht

„Die Vorwürfe, dass ein Bundesvorstandsmitglied Mitglied in rechtsextremen Vereinen und damit Teil des organisierten Rechtsextremismus gewesen sei, schaden dem Ansehen der AfD massiv“, heißt es in der Begründung des Beschlusses des 13-köpfigen Gremiums. Parteischädigendes Verhalten wäre ein Grund für einen Parteiausschluss.

Eine Mitgliedschaft in der HDJ, die inzwischen auf der Ausschlussliste der Partei steht, hätte Kalbitz bei seinem Eintritt in die AfD angeben müssen. Weil er das aber nicht tat, könnte der Bundesvorstand ihm mit einfacher Mehrheit die Mitgliedschaft aberkennen, ein kompliziertes und langwieriges Parteiausschlussverfahren wäre in seinem Fall unnötig. Kalbitz wäre sofort alle Ämter los.

Aber ob es überhaupt zu Ordnungsmaßnahmen kommt, ist offen. Der Beschluss des Bundesvorstands wurde nur knapp gefasst – mit sieben Ja- bei vier Nein-Stimmen und zwei Enthaltungen. Eingebracht hat ihn Joachim Kuhs, der für die AfD im Europaparlament sitzt und Vorsitzender der „Christen in der AfD“ ist.

Höcke, der zu der Telefonkonferenz geladen war, kam am Freitag ganz ohne Ordnungsmaßnahmen davon. Der Thüringer Landeschef erhielt allein eine Missbilligung wegen seiner Äußerungen auf einer„Flügel“-Veranstaltung in Schnellroda Anfang März. Dort hatte Höcke über parteiinterne Gegner gesagt, sie sollten aus der AfD „ausgeschwitzt werden“. Es war nicht das erste Mal, dass sich Höcke vor dem Bundesvorstand für Äußerungen rechtfertigen musste. Wirkliche Konsequenzen hatte dies bislang nie. Der „Flügel“ will sich auf Druck der Partei bis Ende des Monats auflösen. An seinem Einfluss wird das wohl wenig ändern.

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