Entscheidung des EU-Gerichtshofs: Tofu ist kein Käse
Nur tierische Milcherzeugnisse dürfen „Butter“ und „Käse“ heißen, urteilen die Richter in Luxemburg. Für Fleisch gibt es keinen Begriffsschutz.
Konkret ging es um Produkte der deutschen Firma Tofutown. Diese war von einem Wettbewerbsverband abgemahnt worden, weil sie Produkte wie „Tofubutter“, „Planzenkäse“ und „Veggie-Cheese“ vertreibt. Dies verstoße gegen EU-Recht.
Tatsächlich schreibt die EU-Verordnung über die gemeinsame Marktorganisation für landwirtschaftliche Erzeugnisse schon lange vor, dass der Begriff „Milch“ grundsätzlich nur verwendet werden darf, wenn das Produkt tierischen Ursprungs ist. Das Gleiche gilt für Milcherzeugnisse wie Käse, Butter, Rahm und Joghurt.
Auf Vorlage des Landgerichts Trier entschied nun der EuGH, dass die EU-Verordnung die Verwendung von Begriffen wie Tofubutter und Pflanzenkäse ausschließt. Auch klarstellende Begriffszusätze wie „Tofu-“ und „Pflanzen-“ könnten eine Verwechslungsgefahr nicht sicher ausschließen. Das Verbot gelte auch für Begriffe wie „Rice-Cream“ (Reis-Sahne). Zwar sei der Begriff „Sahne“ in der Verordnung nicht ausdrücklich erwähnt, er entspreche aber dem Begriff „Rahm“.
Die Richter verwiesen auf ein eigenes Urteil von 1999. Damals untersagte der EuGH, dass die Diätmarke „becel“ einen „Diätkäse“ verkaufen durfte. Dort wurde ein Teil der tierischen Fette mit gesättigten Fettsäuren durch pflanzliche Fette mit mehrfach ungesättigten Fettsäuren ersetzt. Erst recht, so der EuGH, gelte das Verbot für Produkte, die ausschließlich aus pflanzlichen Produkten hergestellt wurden.
„Erdnussbutter“ ist ok
Es gibt zwar Ausnahmen vom strengen Begriffsschutz für Milcherzeugnisse. So dürfen Produkte durchaus Namen wie „Erdnussbutter“ oder „Fleischkäse“ tragen. Diese Ausnahmen sind aber abschließend in einer Liste enthalten, die – auf Vorschlag der EU-Mitgliedsstaaten – von der Europäischen Kommission geführt wird. „Tofubutter“ und „Pflanzenkäse“ stünden nicht auf der Liste, so der EuGH. Die Liste könne aber auch geändert werden, wenn „aufgrund geänderter Verbrauchererwartung“ nachweislich ein Bedarf bestehe, trösteten die Richter.
Das Urteil gilt nur für Milchprodukte. Für Fleischprodukte gibt es keinen vergleichbaren Begriffsschutz. Veggie-Würste dürfen also weiterhin verkauft werden. Darin liegt, so der EuGH, auch keine unzulässige Ungleichbehandlung, denn jeder landwirtschaftliche Sektor unterliege eigenen Regeln.
„Wir betrachten uns trotz des Urteils als Sieger der Herzen“, erklärte Bernd Drosihn, Geschäftsführer von Tofutown, „weil wir so viel positives Feedback erhalten haben und niemand den Sinn der gesetzlichen Regelung wirklich versteht“.
Der Vegetarierbund (VeBu) hielt das Urteil „aufgrund des strikten Wortlautes der Verordnung“ für „erwartbar“. Die angestoßene Debatte zeige jedoch, „dass ein Verbot nicht mehr zeitgemäß ist“. Der Milchindustrieverband hofft, dass die Lebensmittelüberwachung nun „stärker als bisher gegen die vermehrte Verletzung des Bezeichnungsschutzes“ vorgeht.
Der Deutsche Bauernverband fordert vom Gesetzgeber schärfere Regeln für Fleisch- und Wurstprodukte und ein „eindeutiges Bekenntnis zum Original“. Da zunehmend vegetarischer und veganer Fleisch- und Wurstersatz mit Begriffen wie „Schinken“ oder „Schnitzel“ auf den Markt komme, müsse dort ein ähnlicher Bezeichnungsschutz wie bei Milcherzeugnissen eingeführt werden.
Ende 2016 hatte Agrarminister Christian Schmidt (CSU) angekündigt, dass er Begriffe wie „vegane Currywurst“ oder „veganes Schnitzel“ verbieten will. Vermutlich wäre aber auch hier eine EU-einheitliche Regelung erforderlich.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Stromversorgung im Krieg
Ukraine will Atomkraft um das Dreifache ausbauen
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Biden genehmigt Lieferung von Antipersonenminen