Entlassungen bei Gorillas: Mehr kämpferische Gewerkschaften

Der Lieferdienst Gorillas macht Profite ohne Rücksicht auf Verluste. Verdi sollte den Arbeitskampf der Rider bedingungslos unterstützen.

Ein Beschäftigter des Express-Lieferdiensts Gorillas klebt bei einer Demonstration vor der Firmenzentrale für bessere Arbeitsbedingungen ein Transparent mit der Aufschrift „Gorillas - We Fire in 10 Minutes“ an einer Wand fest.

Niemand hat Gorillas je abgesprochen schnell zu sein Foto: dpa / Monika Skolimowska

BERLIN taz | Im Kapitalismus muss man sich schnell anpassen. Das weiß scheinbar auch Kağan Sümer, CEO des Lieferdienstes Gorillas, dessen Beschäftigte seit Monaten immer wieder spontan ihre Arbeit niederlegen. Noch im Sommer hatte Sümer auf einer Streikkundgebung der Beschäftigten verkündet, er respektiere, dass die Rider für ihre Rechte kämpfen. „Ich würde niemals jemanden feuern, weil er streikt“, so sein Wortlaut, in Videoclips auf Twitter verewigt.

Doch Sümer ist offenbar recht flexibel, was seine Positionen angeht. Inzwischen hat sein Unternehmen laut Angaben der Gewerkschaft Verdi etwa 350 Mitarbeitende gefeuert, weil sie sich – so teilte es Gorillas selbst mit – an Streiks beteiligt hatten.

Gorillas kann sie feuern, weil das Unternehmen weiß, dass sich viele der häufig migrantischen Rider nicht wehren werden. Tatsächlich lohnt es sich wohl nicht, für einen so miesen Job zu kämpfen. Dem Unternehmen wird es so aber ermöglicht, alle unliebsamen – weil aufmüpfigen – Ar­bei­te­r:in­nen zu entfernen. Willkommen im Turbokapitalismus.

Gewerkschaft steckt fest

Den Spuk beenden könnte die Gewerkschaft Verdi, indem sie den Streik der Beschäftigten einfach übernimmt. Doch Verdi verfolgt scheinbar noch die Illusion, mit Unternehmen wie Gorillas eine Sozialpartnerschaft aufzubauen – weshalb man sich nicht mit den radikalen Streikmethoden der Rider gemein machen will.

Doch waren die wilden Streiks für die Rider das einzige Mittel, sich zu wehren, das ihnen zu Verfügung stand. Zu sagen, dies sei der falsche Weg, weil sich das in Deutschland so nicht gehöre, wie es Verdi am Montag verlautbaren ließ, zeugt von Unverständnis gegenüber der Lebenswelt der Rider.

Verdi steckt scheinbar in einer Vorstellung vom Kapitalismus fest, wie es ihn schon lange nicht mehr gibt. Besser wäre es, die Arbeitskämpfe der Rider bedingungslos zu unterstützen. Im Turbokapitalismus braucht es schließlich eine kämpferische Gewerkschaft.

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