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Energiesparen fürs KlimaMehr Geiz und mehr Ehrgeiz

Windräder, Solaranlagen, Staudämme – oder doch vielleicht Kernfusion? Dabei liegt die Lösung doch so nah. Eigentlich.

Licht an oder aus? Wenn das so einfach wäre mit dem Energiesparen Foto: Karl-Josef Hildenbrand/dpa

D as größte ungelöste Rätsel in der Energie- und Klimapolitik weltweit lautet: Warum sparen wir nicht einfach mehr Energie? Das würde den Geldbeutel und die Umwelt schonen und gleichzeitig Millionen von Jobs schaffen. Energieeffizienz gilt als der „schlafende Riese“, der aber seit Jahren ungerührt weiterschnarcht.

Dieses Mysterium hat nun die Internationale Energieagentur IEA mit einem neuen Bericht „Energy Efficiency 2021“ untersucht. Und hat eigentlich auch keine Lösung, sondern nur Zahlen: Das Coronajahr 2020 war demnach „eines der schlimmsten, die es für die Steigerung der Energieeffizienz je gab“: Die Effizienz, also der Energieeinsatz pro Einheit, stieg nur um 0,5 Prozent statt 1,3 Prozent wie in den letzten Jahren üblich – und ist meilenweit entfernt von den 4 Prozent, die nötig sind, um die Klimaziele zu erreichen. Denn bei all dem Gerede über Kohle-Aus und Erneuerbaren-Hype wird gern vergessen, dass ohne kräftiges Energiesparen nichts vorangeht.

Aber statt geiziger zu werden, verschwenden wir mehr Energie. Klingt seltsam in Zeiten hysterischer Debatten über steigende Energiepreise, ist aber so. Bei Corona sind die Gründe klar: Nachfragen und Preise nach Energie sanken, Investitionen in Spartechnik ließen nach, Dienstleistungen und Tourismus brachen ein, die Wirtschaft wurde produktionslastiger. Aber insgesamt, so die IEA, hat der fehlende Sparwille viele Ursachen: Energie zu billig, Bewusstsein zu schwach, vor allem in den Schwellenländern, die beim Wachstum aufholen.

Dabei bringt Effizienz wirklich viel, wenn man sie ernst nimmt, sagt die Statistik: Weltweit wurde 2018 in neun großen Ländern so viel an Energie gespart, wie alle Wind- und Solaranlagen zusammen produzieren. Und weil viele Maßnahmen sich schnell rentieren, könnten sie private und öffentliche Kassen entlasten und bis 2030 vier Millionen neue Jobs schaffen.

In Deutschland, so die „Unternehmensinitiative Energieeffizienz“ Deneff, müssten vor allem Digitalisierung und neue Märkte für Energiedienstleister vorankommen. Außerdem soll der Staat armen Haushalten beim Energiesparen helfen, statt hohen Verbrauch zu subventionieren. Vielleicht hören das ja die VerhandlerInnen von SPD, Grünen und FDP und werden mal richtig effektiv beim Sparen. Ohne Strom funktioniert nämlich auch keine Ampel.

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Bernhard Pötter
Redakteur für Wirtschaft und Umwelt
Jahrgang 1965. Seine Schwerpunkte sind die Themen Klima, Energie und Umweltpolitik. Wenn die Zeit es erlaubt, beschäftigt er sich noch mit Kirche, Kindern und Konsum. Für die taz arbeitet er seit 1993, zwischendurch und frei u.a. auch für DIE ZEIT, WOZ, GEO, New Scientist. Autor einiger Bücher, Zum Beispiel „Tatort Klimawandel“ (oekom Verlag) und „Stromwende“(Westend-Verlag, mit Peter Unfried und Hannes Koch).
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11 Kommentare

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  • Zu Fuß gehen ist gut für den Fußabdruck.

  • Für eine Klimawende brauchen wir 180 Grad, hab ich ausgerechnet.

  • Ohne Preis kein Geiz.

    Leider.

  • 0G
    05653 (Profil gelöscht)

    Psst, sowas darf man nicht öffentlich schreiben. Energiesparen wird seit über 40 Jahren gefordert. Jedesmal, wenn das Thema es in die breite öffentliche Diskussion geschafft hatte, eroberten die größten Energiefresser den Markt. Das letzte Mal waren es diese elektrischen Terassenheizstrahler.

  • Rebound Effekt. Wenn Dinge effizienter werden, werden sie auch günstiger und damit intensiver genutzt.

    Fossile Energie im Boden zu lassen lässt sich nur systemisch realisieren indem die Nutzung künstlich verteuert (Haftungsrücklagen, Steuern, Aktionen gegen die relevante Infrastruktur welche in der Lage ist den Betrieb tatsächlich für ne Zeit lahmzulegen..) oder unmöglich (ie Nutzung komplett verbieten) gemacht wird.

  • Herr Pötter, seit Monaten kommentiere ich hier in der taz die Berichte über Energieerzeugung und -verbrauch, Klimawandel, Mobilität, Konsum und sogenannte Klimaneutralität.



    Der Zug ist abgefahren (bitte nicht persönlich nehmen). Es gibt für das menschliche Leben sehr wahrscheinlich keine Klimaneutralität, weil wir uns mehrheitlich an Dinge gewöhnt haben, die nur mit viel zu hohem Energie- und Ressourcenverbrauch herzustellen und zu unterhalten sind. Und jaja, den Armen soll bei weniger Verbrauch geholfen werden. Es sind die Wohlhabenden, die (zu) viel von allem verbrauchen, nicht die Armen. Sämtliche mir bekannten Studien zur sogenannten Klimaneutralität und zu erneuerbaren Energien gehen von zwei falschen Prämissen aus: 1. Dass Menschen, die wohlhabend sind, auf Konsum verzichten und 2. Dass der dann angenommene unrealistisch geringe aber eigentlich für Klimaneutralität immer noch zu hohe Energiebedarf mit technischen Mitteln schon irgendwie zu decken sei. Ich sehe in meiner täglichen Praxis als Lastenrad nutzender Installateur das Gegenteil. Die Zahl der Autos nimmt zu und sie werden immer größer. Die Häuser werden immer komfortabler gebaut und eingerichtet. Im wesentlichen treffe ich zwei Typen von Menschen: Dem einen Typus ist das Klima scheißegal. Dem anderen Typus fehlt bei allem Engagement das Verständnis für technische Zusammenhänge. Wir haben uns, damit es nicht jeden Tag so schmerzt, und wenn das Geld reicht, eingerichtet in Ökokonsum und Emissionsablasshandel.

    • @Christian Götz:

      Ich teile Ihre Einschätzung.



      Dazu: Der Mensch und die Welt sind endlich. Das ist wohl die Wahrheit.



      Im Zusammenhang mit der Klimakatastrophe ist es aber Schönfärberei für Untätigkeit.

  • Auch die, die am lautesten Veränderungen fordern, wollen sich nicht umstellen :



    www.rheinpfalz.de/..._arid,5281935.html



    Wasser predigen, Wein trinken

    • @Günter Witte:

      Und dann wird noch gesagt, dass wir doch Wasser sparen müssten.

      • @Hartmut Wolff:

        ..dann nehme ich den Wein. Rot!