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Energie-Speicherprojekte auf der KippeWasserstoff kommt nicht auf grünen Zweig

Während EWE in Emden am Aufbau eines Elektrolyseurs im Industriemaßstab arbeitet, zieht sich die Firma Statkraft aus einem ähnlichen Projekt zurück.

Das Gas muss auch zum Verbraucher kommen: Wasserstoffleitung Foto: Rolf Vennenbrand/dpa

Hamburg taz | Zwei widersprüchliche Nachrichten zur Energiewende gibt es dieser Tage aus Emden. Während der Regionalversorger EWE einen weiteren Schritt beim Bau eines der größten Wasserstoff-Produktionsanlagen Deutschlands verkündet hat, springt die norwegische Firma Statkraft bei einem ähnlichen Projekt ab. Als Grund werden die unsicheren Rahmenbedingungen genannt.

Solche Elektrolyseure spielen eine entscheidende Rolle bei der Energiewende, indem sie helfen, grünen, also CO2-frei erzeugten Strom zu speichern. Mit Strom aus Wind und Sonne spalten sie Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff. Mit dem Wasserstoff lassen sich dann wiederum Flugzeuge betanken, Chemiefabriken versorgen oder Stahlwerke betreiben, ohne dass zusätzlich das Klima belastet wird.

Die deutsche Küste gilt als besonders günstiger Standort für Elektrolyseure, weil hier schon an Land viel Windkraft erzeugt wird und gerade sehr leistungsfähige Windparks in der Nordsee gebaut werden. Dementsprechend versuchen alle norddeutschen Bundesländer, diese Chance zu nutzen.

Große Projekte in Emden geplant

Zwei besonders große Projekte sind derzeit im ostfriesischen Emden geplant. Die Firma EWE hat gerade bekannt gegeben, dass sie bei ihrem vom Bund und Land geförderten Vorhaben Clean Hydrogene Coastline einen Schritt weitergekommen ist. Der Regionalversorger beauftragte die Firma Neumann und Esser mit dem Bau eines Verdichters für ihren 280-Megawatt-Elektrolyseur von Siemens Energy, der ab 2027 grünen Wasserstoff erzeugen soll. Der Verdichter komprimiert das Gas so, dass es in eine Pipeline eingespeist und abtransportiert werden kann.

Zwei deutlich kleinere Projekte dagegen hat in der vergangenen Woche das Unternehmen Statkraft infrage gestellt. Statkraft ist nach eigenen Angaben „international führend in Wasserkraft und Europas größter Erzeuger erneuerbarer Energie“. Wie die Firma mitteilte, hat sie beschlossen, „die Entwicklung neuer Projekte im Bereich grüner Wasserstoff aufgrund der zunehmenden Unsicherheit im Markt zu stoppen“.

Elektrolyseur als Pilotanlage

In Emden plant Statkraft einen Elektrolyseur als Pilotanlage mit zehn Megawatt Leistung. Dazu kommt ein Elektrolyseur mit 200 Megawatt, der etwas später in die Planung ging und für den es öffentliche Förderzusagen von mehr als 100 Millionen Euro gibt. Trotz der Förderung ist Statkraft das Projekt zu wenig kalkulierbar. Das Unternehmen spricht von einer „sich weiter verzögernden ­Profitablilitätserwartung“.

Die Förderung ist dem Unternehmen zufolge projektbezogen. Statkraft prüft die Möglichkeit, die Projekte weiterzuentwickeln, um sie dann an Investoren zu verkaufen. Realisieren müsste die Vorhaben dann der Investor.

Ungeachtet solcher Bedenken will EWE seine eigenen Wasserstoff-Vorhaben weiter vorantreiben. „Wir nehmen die Entscheidung von Statkraft zur Kenntnis“, teilte EWE auf Anfrage mit. „Sie verdeutlicht einmal mehr, wie herausfordernd die aktuellen Rahmenbedingungen für Investitionen in grüne Wasserstoffprojekte sind.“

Weitere große Elektrolyseure im Norden mit jeweils zunächst 100 Megawatt Leistung sollen in Stade und Hamburg entstehen

Die Bundesregierung müsse langfristig stabile Bedingungen für die Wasserstoffwirtschaft schaffen, forderte EWE-Vorstandschef Stefan Dohler. Dazu müssten die erneuerbaren Energien zügig ausgebaut werden, es müsse viel Fördergeld gezahlt und pragmatisch reguliert werden. Vor allem müsse sich die Bundesregierung dafür einsetzen, dass die EU ihre Strombezugskriterien ändert.

Derzeit müssen Elektroly­seurer ihren Strom exakt zur gleichen Zeit und am gleichen Ort wie ein Wind- oder ­Solarpark beziehen, statt günstige Angebote am Markt nutzen zu können. Das schränke die Wasserstoff­produktion unnötig ein und mache sie teuer. „Gerade in Regionen wie Emden mit jährlich rund 500.000 ­Megawattstunden abgeriegeltem Windstrom ist das nicht nur ineffizient, sondern auch volkswirtschaftlich fragwürdig“, findet Dohler.

Stade und Hamburg auch dabei

Weitere große Elektrolyseure im Norden mit jeweils zunächst 100 Megawatt Leistung sollen in Stade und Hamburg entstehen. Die Anlage in Stade soll 2028 fertig sein und sukzessive auf 500 Megawatt ausgebaut werden.

In Hamburg war zuletzt die Frage aufgekommen, ob sich die für 2027 geplante Fertigstellung verzögern würde, weil der Elektro­lyseur am Standort des ehemaligen Kohlekraftwerks Moorburg entstehen soll. Die dafür nötige Sprengung eines Kesselhauses gelang erst im zweiten Anlauf mit mehrwöchiger Verzögerung.

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1 Kommentar

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  • Da wäre man mal wieder beim Thema CO2 Steuer. Man könnte die Bepreisung Steuern und den notwendigen Klimazielen anpassen. Die betroffenen Unternehmen auf beiden Seiten bekämen Planungssicherheit, also sowohl solche die nach Alternativen zu fossilen Energieträgern (Rohstoffen) benötigen und halt auch solche die sie (wie hier) bereitstellen wollen. Dann wäre auch bald klar das die Kapazitäten für Schwerindustrie und ähnliches benötigt werden und man könnte mit dem Mythos des Wasserstoff als Heilsbringer für den Individualverkehr aufräumen. Für die neue Regierung ist das aber Planwirtschaft und man verliert die Option der Wirtschaft als Retter beizustehen, wenn einem die Zertifikate am heiligen Markt zu teuer werden.