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Ende Gelände kritisiert PolizeiHunde, Tritte und Pfefferspray

Kli­ma­ak­ti­vis­t*innen werfen der Polizei Brutalität und Grundrechtsverletzungen vor. Eine Aktivistin musste sich vor Polizisten nackt ausziehen.

Polizeieinsatz gegen Aktivist:innen von Ende Gelände am Samstag am Tagebau Garzweiler Foto: M. Golejewski/AdoraPress

Berlin taz | „Schämt euch!“, riefen rund 200 Kli­ma­ak­ti­vis­t*innen der Polizei entgegen, die sie am Samstag daran hinderte, das Camp im rheinländischen Keyenberg zu verlassen. Einigen Ak­ti­vis­t*innen gelang es dann doch, an der Polizei vorbeizukommen, aber im Nachhinein kritisiert Ende Gelände den gesamten Polizeieinsatz des Wochenendes scharf.

Die Kohlegegner*innen, die mehrere Tagebaue, Kraftwerke, Gaspipelines und ein Haus temporär besetzt hatten, werfen der Polizei Grundrechtsverletzungen vor. So habe sich eine junge Aktivistin, die in Gewahrsam genommen worden war, dort vor männlichen Polizisten nackt ausziehen müssen. Die Aachener Polizei dementiert das: Ein Entkleiden zur Durchsuchung erfolge ausschließlich vor gleichgeschlechtlichen Beamt*innen, schreibt sie auf Twitter. Wer sich ungerecht behandelt fühle, dem stehe „der Rechtsweg offen.“

Zahlreiche Aktivist*innen sind laut Ende Gelände durch den Einsatz von Polizeihunden und -pferden, Schlagstöcken, Pfefferspray, durch Schläge und Tritte verletzt worden. Am Samstagmorgen waren Beamt*innen in Köln-Ehrenfeld in einen Zug voller Aktivist*innen gestürmt. Ein Video zeigt, wie die Beamt*innen brutal auf Kohlegegner*innen einschlagen, die sich nicht wehren.

Einer Person wurde laut Ende Gelände das Nasenbein gebrochen, eine andere verlor das Bewusstsein. Die Aachener Polizeipressestelle gibt an, die Aktivist*innen seien „in Teilen äußerst aggressiv“ gewesen. Fünf Polizisten seien leicht verletzt worden.

Verletzung der Versammlungsfreiheit

Eine Aktivist*innengruppe, die es in den Tagebau Garzweiler geschafft hatte, wurde dort festgesetzt und in einem Linienbus weggefahren – und anschließend im 120 Kilometer entfernten Olpe ausgesetzt. Ein solcher „Verbringungsgewahrsam“ ist rechtlich höchst umstritten. Die Polizei begründet das Vorgehen mit dem „Durchsetzen von Platzverweisen“, Ende- Gelände-Sprecherin Ronja Weil sagt: „Das ist reine Schikane.“

Anwalt Christian Mertens kritisiert die Verletzung der Versammlungsfreiheit durch die Polizei, die eine Demo in Keyenberg acht Stunden lang mit der Begründung festhielt, die Teilnehmer*innen hätten zum Tagebau gewollt. Zudem ließen die Beamt*innen niemanden zu einer angemeldeten Mahnwache vor einem in Keyenberg besetzten Gasthof.

Ähnliche Erfahrungen habe man in vergangenen Jahren gemacht, sagt Mertens: „Grundrechte wurden immer wieder mit Füßen getreten.“ Derzeit läuft eine Klage von Ende Gelände aus dem vergangenen Jahr, als die Polizei den Zugverkehr am Bahnhof Viersen lahmgelegt hatte, um Aktivist*innen an der Anreise zu hindern.

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11 Kommentare

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  • "Wer sich ungerecht behandelt fühle, dem stehe „der Rechtsweg offen.“"

    Zynischer geht es ja wohl kaum.

  • Die Ende-Gelände Proteste sind zu einem kindischen, öden und erfolglosen Fangen-Spiel mit der Polizei degeneriert.

    Kein Wunder, dass sich so mancher aus der extremen Linken mittlerweile auf das Bashing von FfF im allgemeinen, Thunberg im speziellen und Extinsion Rebellion verlagert. Die Felle für Ende Gelände schwimmen wohl weg.

  • Es ist zwar nicht punktgenau das Thema, aber ich denke es passt hierher:

    Heute von 25 Jahren wurde Günter Sare in Frankfurt/Main bei Protesten gegen eine NPD-Veranstaltung von einem Wasserwerfer überrollt und getötet.

    Bedauerlicherweise ist dieser Jahrestag der taz keine Zeile wert.

    Deshalb hier der Text der Autonomen Gruppe:

    www.frankfurter-in...LNdBTZy5ybp7XKW6Y8

    • @Jim Hawkins:

      Wo soll das hier irgendwie passen?



      Sind RWE Mitarbeiter nun schon die neuen Nazis? Werden die braun verschmutzten Gesichter von Bergleuten mit Rechtsextremen verwechselt?

      • @Rudolf Fissner:

        Es geht um Polizeigewalt.

        • @Jim Hawkins:

          Und welche Parallele wollen Sie mit dem obigen Beispiel ziehen? Polizei = Nazischützer? Das halte ich für ziemlich platt.

          • @Rudolf Fissner:

            Keine großartige.

            Ich wollte nur auf den Jahrestag aufmerksam machen und da ich selbst keine Artikel schreiben kann, habe ich mich für diesen entschieden.

            • @Jim Hawkins:

              Apropo Jahrestagdropping



              Der von der Roten Hilfe seinerzeit unterstützte Horst Mahler kommt frei.

              Wussten Sie dass die Rote Hilfe, die auch Ende Gelände unterstützt, seinerzeit die rechtsextreme Knalltüte Mahler unterstützte wie z.B. Plakate a'la "Freiheit für Horst Mahler!" www.hdg.de/lemo/be...-horst-mahler.html

        • @Jim Hawkins:

          Der Beitrag wurde entfernt.



          Die Moderation

          • @Rudolf Fissner:

            ?

  • die demonstrierenden von querdenken werden in berlin vor reichstag und brandenburger tor einfach unbehelligt machen gelassen, egal ob ohne abstand oder maske.



    bei rechtsextremen, die vorher medial aufgerufen haben, den reichstag zu stuermen, stellt man drei beamten vor die glastuer, und in koeln zieht ein massives polizeiaufgebot in voller montur morgens einfach mal so auf verdacht reisende buerger, die vielleicht vorhaben, wiederholt betont gewaltfrei zu demonstrieren, mit aller gewalt aus einem zug.



    das moege mir mal bitte einer erklaeren, der sich immer so demostrativ vor alle kameras stellt und erklaert, was hier demokratie in unserem land bedeutet.