Einsatz in Mali: Bundeswehr bleibt noch ein bisschen
Auswärtiges Amt und Verteidigungsministerium sind sich beim aktuell größten Auslandseinsatz nicht einig. Nun lautet der Kompromiss: Abzug in Raten.
Der derzeit größte deutsche Auslandseinsatz würde damit nach elf Jahren enden. Seit 2013 ist die Bundeswehr in Mali aktiv. Die Beteiligung an der Ausbildungsmission EUTM im Land hatte die Bundesregierung nach Streitigkeiten mit der malischen Militärregierung schon in diesem Jahr auf ein Minimum heruntergefahren.
Strittig war jetzt noch die Beteiligung an der UN-Friedensmission Minusma, um deren Zukunft sich am Dienstag das Treffen im Kanzleramt drehte. Unter den aktuell 17.622 Minusma-Angehörigen sind 591 Deutsche, 535 davon Bundeswehrangehörige. Eine Hauptaufgabe der Deutschen sind Aufklärungsmissionen in und um die Stadt Gao im Nordosten Malis.
Über Monate hatte auch dieser Einsatz zuletzt mehr und mehr gewackelt. Der Bundestag versah schon die letzte Mandatsverlängerung im Mai mit einer Ausstiegsklausel. „Sofern während des Mandatszeitraums ein ausreichendes Versorgungs- und Schutzniveau für deutsche Soldatinnen und Soldaten nicht mehr gewährleistet werden kann, sind Maßnahmen zur Anpassung des deutschen Beitrags einzuleiten“, hieß es im Beschluss.
Russische Militärgruppe Wagner
Der Grund für die Unsicherheit: immer neue Steine, die Malis Militärregierung den UN-Truppen in den Weg legt, sowie der Rückzug verschiedener Partnerländer. Im August hatte das französische Militär seinen Abzug aus Mali vollendet. Zuletzt kündigte auch Großbritannien an, seine UN-Soldat*innen nach Hause zu holen.
Zwischenzeitlich hatte die Nachrichtenagentur AFP schon in der vergangenen Woche gemeldet, die Bundesregierung habe sich auf einen Abzug geeinigt. Offizielle Stellen widersprachen zunächst; irgendjemand aus der Koalition hatte der Agentur offenbar eine falsche Information durchgestochen. In der Ampel wurde seitdem fröhlich spekuliert, wer wohl mit welchem Interesse die Meldung lanciert hat.
Das gegenseitige Misstrauen in der Sache ist groß. Schon lange war es kein Geheimnis mehr, dass vor allem zwischen Verteidigungs- und Außenministerium die Ansichten über die Zukunft der Mission auseinandergehen.
Die Hauptargumente im Haus von Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD): Die deutschen Soldat*innen seien in Gefahr und die Ziele des Einsatzes kaum noch zu erreichen. Immer wieder verweigerte die malische Regierung Überflugrechte, was unter anderem zur Folge hatte, dass die Bundeswehr zwischenzeitlich ihre Kontingente nicht austauschen konnte und ihre Aktivitäten aussetze.
Seit Wochen darf sie zudem ihre Heron-Drohnen nicht mehr in Mali starten, wodurch ihre Aufgabe der Aufklärung stark erschwert ist. Durch den Abzug weiterer Partnerstaaten könnte sich die Sicherheitslage für die Deutschen weiter verschlechtern. Erschwerend kommt hinzu, dass die malische Regierung Söldner des russischen Militärunternehmens Wagner ins Land geholt hat.
Hoffen auf Wahlen
Im Außenministerium von Annalena Baerbock und bei ihren Grünen sah man diese Probleme zwar auch, fürchtete aber zugleich mögliche negative Auswirkungen eines Abzugs. Zum Teil geht es dabei um die Lage in Mali selbst. So kommt von Grünen etwa häufig der Verweis darauf, dass der UN-Einsatz zumindest punktuell für Stabilität und Sicherheit der Bevölkerung sorge. Zum Teil geht es aber auch um geopolitische Überlegungen.
So könnte Russland seinen Einfluss in der Region noch weiter ausbauen und die hinterlassene Lücke füllen, wenn die Bundeswehr geht. Der deutsche Abzug könnte außerdem das Ende von Minusma als Ganzes einläuten und damit die Bedeutung der Vereinten Nationen weiter schwächen. Zumindest einen überstürzten Rückzug wollte das Auswärtige Amt vermeiden.
Nun könnte die Bundeswehr zumindest noch bis zu den nächsten Wahlen in Mali im Land bleiben. Im Sommer hat die Militärregierung einen Zeitplan vorgestellt, mit dem sie die Macht an eine zivile Regierung zurückgeben könnte. Bis Ende März 2024 sollen demnach Wahlen stattfinden.
Ob die Bundeswehr helfen kann, sie als Teil der UN-Mission abzusichern, ist aber offen. Zum einen blieb am Dienstag unklar, wie viele deutsche Soldat*innen dann überhaupt noch im Land sein werden. Zum anderen hat die Militärregierung angekündigte Wahltermine schon in der Vergangenheit mehrmals verschoben.
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