Eingreiftruppe der EU: Mehr Druck auf Russland
Bei ihrer Konferenz in Brüssel rüsten die EU-Außen- und Verteidigungsminister*innen auch verbal auf. Doch einige Länder bremsen wieder.
Neue Sanktionen gegen Russland, mehr Waffen für die Ukraine und eine schnelle Eingreiftruppe für brisante Militäreinsätze: In der vierten Woche des Ukraine-Krieges will sich die Europäische Union noch härter als bisher gegen Kremlchef Wladimir Putin positionieren. Die Diskussionen in Brüssel kreisen um ein mögliches Embargo auf russische Öllieferungen, weitere Waffenlieferungen an die Ukraine im Wert von 500 Millionen Euro sowie um die neue Sicherheitsstrategie, in der Russland erstmals als Hauptgegner gebrandmarkt werden soll.
Man müsse den Druck auf Putin weiter erhöhen und Russland international isolieren, hieß es bei einem Treffen der Außen- und Verteidigungsminister der EU am Montag in Brüssel. Die Minister suchten auch den Schulterschluss mit der Nato und den USA. US-Präsident Joe Biden wird am Donnerstag in Brüssel erwartet.
Die Lage ist ernst: Die ukrainische Hafenstadt Mariupol ist fast vollständig zerstört und steht offenbar kurz vor dem Fall. Kiew und Odessa leiden unter russischem Beschuss. Die westlichen Sanktionen wirken zwar, haben Putin bisher jedoch nicht zum Einlenken bewegt.
Wie soll es nun weitergehen? Nach einem furiosen Start, bei dem die Europäer nach Kriegsbeginn Ende Februar alle Tabus über Bord geworfen und beispiellose Sanktionen gegen Russland beschlossen hatten, macht sich in Brüssel nun eine gewisse Ratlosigkeit bemerkbar.
Deutschland, Italien und Österreich abhängig
„Es gibt dieses Gefühl im Raum, dass wir uns gerne mal hinsetzen und durchatmen würden, weil die ersten drei Wochen […] für die Europäer unglaublich schwierig waren“, sagte Litauens Außenminister Gabrielius Landsbergis. Sanktionsmüdigkeit sei jedoch fehl am Platze.
Landsbergis forderte, über den russischen Energiesektor zu sprechen und ein Ölembargo zu verhängen. Öl sei die wichtigste Einnahmequelle für Russland und dürfe bei den Sanktionen nicht ausgenommen werden. Ähnlich hatte sich zuvor Polen geäußert. Auch die Ukraine fordert ein Energieembargo
Damit steigt der Druck auf Deutschland, das – ähnlich wie Österreich, Italien und Ungarn – von russischen Energielieferungen abhängig ist und auf der Bremse steht. Die Bundesregierung sei weiter der Auffassung, derzeit noch nicht auf Ölimporte aus Russland verzichten zu können, sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit in Berlin.
Außenministerin Annalena Baerbock erklärte in Brüssel, dass man nur „schrittweise“ aus russischer Energie aussteigen könne. Ein Energieembargo sei das „schwierigste Thema“. Deshalb solle man sich zunächst darauf konzentrieren, letzte Lücken bei den bestehenden Sanktionen zu schließen. Außerdem gehe es darum, der Ukraine den Rücken zu stärken.
Nötig sei vor allem mehr Hilfe für die Flüchtlinge, so die Grünen-Politikerin. Die EU müsse nach neuen Schätzungen mit acht Millionen Kriegsflüchtlingen rechnen. „Jeder muss Geflüchtete aufnehmen“, sagte sie und schlug „eine solidarische Luftbrücke“ vor. Auch die USA sollten sich für Flüchtlinge öffnen.
Keine Miltär-Restbestände für Ukraine
Baerbock schlug vor, „humanitäre Hubs“ – also Verteilzentren – für ukrainische Flüchtlinge einzurichten. Den Anfang will sie gemeinsam mit Frankreich und Rumänien in Moldau machen. Außerdem soll es am 5. April in Berlin eine Geberkonferenz für Moldau geben.
Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht kündigte an, dass Deutschland eine neu geplante EU-Eingreiftruppe im ersten Einsatz-Jahr 2025 mit bis zu 5.000 Soldaten unterstützen wolle. Damit sende die Bundesregierung angesichts des Ukraine-Kriegs ein „klares Signal“: „Wir stehen füreinander ein“, betonte die SPD-Politikerin.
Lambrecht und Baerbock sprachen sich auch für neue Waffenlieferungen an die Ukraine aus. Details nannten sie nicht. Die Lieferungen würden sich an dem orientieren, was Deutschland bereits geliefert habe, sagte Regierungssprecher Hebestreit in Berlin. Bisher waren dies Panzerfäuste und Flugabwehrraketen.
Für die neuen Lieferungen wird wohl nicht mehr wie bisher auf Bestände der Bundeswehr zurückgegriffen, sondern neues Material bei Rüstungskonzernen für die Ukraine gekauft. Da die Bundeswehr „wenig Verzichtbares“ habe, müsse „man das anderweitig organisieren“, sagte Hebestreit. Die Frage, wie viel Geld die Bundesregierung für solche Waffenkäufe ausgeben will, beantwortete der deutsche Regierungssprecher nicht. Außenamtssprecherin Andrea Sasse verwies nur allgemein auf den Sonderfonds Europäische Friedensfazilität, aus dem die EU jetzt weitere 500 Millionen Euro für die Beschaffung von Waffen und Ausrüstung für die Ukraine bereitstellen will.
Russland wirft dem Westen vor, den Konflikt mit den Waffenlieferungen an die Ukraine zu verschärfen. „Wir sehen, wie gefährlich unsere westlichen Kollegen, einschließlich der Europäischen Union, jetzt handeln“, warnte Außenminister Sergei Lawrow. Neuerdings setzt Russland auch Hyperschallwaffen gegen die Ukraine ein. Dies könne als „Antwort“ auf westliche Waffenlieferungen gedeutet werden, heißt es in Brüssel.
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