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Eierpunsch auf dem WeihnachtsmarktWarm, scharf und süß

So ein Besuch auf dem Weihnachtsmarkt ist nur mit einem Eierpunsch zu überstehen. Der topt Glühwein, Grog und all die anderen heißen Getränke.

Nach drei Schluck sitzt der Eierpunsch in den Beinen. Beim zweiten Glas versagt die Sprache… Foto: imago

D as mit den saukalten Tagen hat sich in diesem Jahr glücklicherweise ein wenig hingezogen. Dieser lauwarme, goldene Oktober war ein Geschenk – ja ja, ich weiß, schlecht fürs Klima, aber, seien wir ehrlich, fantastisch fürs Gemüt. Aber nun sind sie da, diese grausame Kälte und der fiese Nordwind. Man biegt – sowieso schon bibbernd – um eine Ecke und schon drückt einen der gefühlte Hurrikan förmlich in die Häuserfront. Ich leide – ja ja, ich weiß, auf hohem Niveau – aber trotzdem heftig. Bei Temperaturen unter 10 Grad friere ich, egal, was ich anziehe. Meinetwegen geht es auch ohne Winter, komplett.

Der einzige Trost, den ich als solches anerkenne, ist Eierpunsch. Ach, ich seh sie schon, Ihre Reaktionen, kenn ich nämlich schon aus meinem Freundeskreis. Sie kreischen dann so was wie: Iiiiiiihhh, Eierpunsch! Oder: Eierpunsch, wat isn dit? Oder: Zu süß, zu klebrig, zu fettig.

Schon klar, die meisten Menschen bevorzugen im Winter, vor allem auf dem Weihnachtsmarkt, Glühwein. In allen Varianten: als erhitzten Rotwein mit fertig gemixtem Glühweingewürz (zu Hause eins fix drei selbstgemacht), aufgepeppt mit Zimstangen, Orangenscheiben, Nelken, Sternanis (für die Profis), mit Cognac oder Wodka, Rosinen und Kardamom (in der nordischen Variantion, bekannt als Glögg). Und dann gibt es auch noch all die Spielereien mit Heidelbeer-, Erdbeer-, Kirsch- oder Johannisbeersaft. Damit es nicht gleich so knallt.

Wem auch das noch zu süß und zu gematscht ist, setzt von vornherein auf Grog: Schnaps und heißes Wasser. Unverfälscht, aber langweilig.

Nach drei Schluck sitzt der Eierpunsch in den Beinen

Hingegen so ein Eierpunsch! Nach längerer Zeit draußen (geht ja nicht ganz ohne frische Luft und ein paar Lichtstrahlen am Tag, egal, wie kalt es ist), durchgefroren und gierig nach einem Heißgetränk, spült der Eierpunsch nicht nur Wärme in den ausgekühlten Körper, sondern jede Menge Glückshormone. Denn so ein Eierpunsch besteht aus Eierlikör, Weißwein, Orangensaft, viel Sahne und einer Prise Zimt obendrauf. Das ist warm, das ist scharf, das ist süß. Das ist einfach perfekt.

Nach drei Schluck sitzt der Eierpunsch in den Beinen. Beim zweiten Glas versagt die Sprache, beim dritten will man nur noch ins Bett. Das sage ich dann auch, gern auch laut, es ist die einzige Art, den vom (erwachsenen) Kind aufgezwungenen Besuch auf dem Weihnachtsmarkt zu überstehen und zu beenden.

Zumal es schon beim zweiten Glas wieder ungemütlich wird. Nee nee, nicht wegen des Strudels im Kopf, sondern wegen dieser Scheiß Kälte. Man kennt das ja: Der erste Eierpunsch – meinetwegen auch der erste Grog oder der erste Glühwein – erhitzt Gemüt und Körper. Während das Gemüt nachhaltig triumphiert, rutscht der Körper nach kurzem Erglühen allerdings in einen eisigen Schockzustand.

Aus ganz banalem Grund: Alkohol erweitert die Blutgefäße, dadurch fließt mehr Blut durch den Körper. Das sorgt kurzzeitig für ein Wärmegefühl. Doch dann gibt der Körper die Wärme an die Außenwelt ab, die Körpertemperatur sinkt. Gleichzeitig zieht der Körper die Wärme, die er braucht, um voll funktionstüchtig zu sein, von den inneren Organen ab. Das Ergebnis: Man friert. Fürchterlich. Ich jedenfalls.

Was also tun?

Ärzt:innen, Ge­sund­heits­fa­na­ti­ke­r:in­nen und all jene, deren Aura durch Selbstoptimierung sichtbar über ihnen schwebt, raten dazu, auf Alkohol in der Kälte zu verzichten – und stattdessen eine Thermoskanne mit heißem Tee und Zitrone bei sich zu tragen. Zur Abwechslung darf es auch Ingwer mit Honig sein.

Nichts gegen heißes Ingwerwasser, trinke ich auch sehr gern. Aber fast nichts ist so unsexy wie ein Winterausflug, den man mit einer Thermoskanne absichert! Von einem Mann, der mich nach einen Spaziergang um den See fragt, ob ich mit ihm seinen Zitrone-Ingwer-Tee aus der Thermoskanne teilen möchte, würde ich mich sofort trennen.

Dabei ist es doch ganz einfach. Eierpunsch, Grog, Glühwein einfach im Warmen trinken. Und für Ingwertee braucht man auch keinen Winter, der geht das ganze Jahr über.

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Simone Schmollack
Ressortleiterin Meinung
Ressortleiterin Meinung. Zuvor Ressortleiterin taz.de / Regie, Gender-Redakteurin der taz und stellvertretende Ressortleiterin taz-Inland. Dazwischen Chefredakteurin der Wochenzeitung "Der Freitag". Amtierende Vize-DDR-Meisterin im Rennrodeln der Sportjournalist:innen. Autorin zahlreicher Bücher, zuletzt: "Und er wird es wieder tun" über Partnerschaftsgewalt.
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3 Kommentare

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  • Tierleid und Klimakatastrophe sind doch kein Thema, wenn es um Essen und Trinken geht.



    Das Argument " ich mag das aber" steht doch über dem Gewissen, auch in unserer Blase.

  • Für den Eierpunsch haben Vögel gelitten, von denen übrigens jedes Jahr weltweit Abermillionen wegen der Vogelgrippe auch ohne Nutzung vernichtet werden. Wir brauchen wahrlich so etwas nicht zu genießen und es dürfte schwerfallen, wenn wir darüber nachdenken, was wir da eigentlich tun.

    • 6G
      654782 (Profil gelöscht)
      @PolitDiscussion:

      Wärmstens zu empfehlen ist der Eierlikör vom Discounter, ihr Spaßbremsen! Man sollte nicht so tun, als würde bei Alkoholika Tierquälerei überhaupt eine nennenswerte Rolle spielen; zudem in vielen Eierlikörverschnitten ohnehin Eiersatz ist. https::youtu.be/Tt18RvEDXpg