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Eckpunkte für den Haushalt ab 2020Kein Geld für die Grundrente geplant

Finanzminister Scholz und die große Koalition wollen weitere vier Jahre ohne Schulden auskommen. Das gefährdet Ziele etwa bei Sozialem.

Finanzminister Olaf Scholz kann es mit seiner Haushaltsplanung nicht allen recht machen Foto: dpa

Berlin taz | Unterschiedliche Wünsche in seiner Haushaltsplanung zu berücksichtigen, wird für Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) zunehmend schwierig. Auch eigene Ziele kann die Regierung teilweise nicht mehr einhalten, wie aus den am Montag veröffentlichten Eckpunkten für die Jahre 2020 bis 2023 hervorgeht. Schulden aufzunehmen, lehnt Scholz jedoch ab.

„Die Einnahmen wachsen weiter, aber nicht mehr so dynamisch“, hieß es am Montag aus dem Finanziministerium. Darin spiegele sich das langsamere Wirtschaftswachstum, das 2020 schätzungsweise nur noch bei einem Prozent oder gar darunter liege. Das mache „den Ausstieg aus der Kohle“ nötig, wurde scherzhaft ein Wortspiel genutzt für den Abschied von den Zeiten, in denen die Steuereinnahmen jedes Jahr stark stiegen und die Erfüllung aller möglichen Wünsche der Ministerien ermöglichten.

Während der Bundeshaushalt 2019 bei 356 Milliarden Euro liegt, plant Scholz 2020 Ausgaben von 362 Milliarden und 375 Milliarden im Jahr 2023. Der Zuwachs beträgt in diesem Zeitraum durchschnittlich gut ein Prozent pro Jahr, alles finanziert aus Steuern und sonstigen Einnahmen.

Die geplante Grundrente ist im Etatplan der kommenden Jahre bisher allerdings nicht eingerechnet. Union und SPD haben sie im Koalitionsvertrag vereinbart. Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) will demnächst das Gesetz vorlegen. Wo die bis zu fünf Milliarden Euro herkommen sollen, steht bisher in den Sternen.

Außenpolitisches Problem bei der Nato-Quote

Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) soll im kommenden Jahr etwa zwei Milliarden Euro mehr als 2019 zur Verfügung haben, um die Bundeswehr besser auszustatten und neue Waffen zu bestellen. Die sogenannte Nato-Quote, das Verhältnis der Militärausgaben zur Wirtschaftsleistung, steigt damit auf 1,37 Prozent. Der Finanzplanung zufolge wird sie danach jedoch bis 2023 auf 1,25 Prozent sinken. Das dürfte zum außenpolitischen Problem werden: Die Regierung hat zugesagt, die Quote bis 2024 auf 1,5 Prozent zu erhöhen, später sogar auf zwei Prozent. US-Präsident Donald Trump fordert eine höhere Beteiligung der Europäer an den gemeinsamen Militärausgaben.

Ähnlich sieht es bei den Aufwendungen für Entwicklungspolitik aus. Theoretisch steht diese hoch im Kurs. Besonders Länder in Afrika will die Regierung mit mehr Geld unterstützen – auch um die Auswanderung von dort zu begrenzen. Die Ausgaben steigen zwar, doch die sogenannte ODA-Quote (official development assistance) liegt 2020 erst bei 0,51 Prozent der Wirtschaftsleistung. Vor Jahrzehnten bereits erklärte die Regierung, sie wolle 0,7 Prozent erreichen. Um dieses Ziel umzusetzen, müsste die große Koalition mehr Geld mobilisieren.

Ein vergleichbares Bild zeigt sich bei den Investitionen. Gern spricht die Regierung davon, mehr Mittel in Zukunftsaufgaben zu stecken. Tatsächlich wuchsen die Investitionsausgaben von 2014 bis heute um rund 15 auf knapp 40 Milliarden Euro. In den kommenden Jahren jedoch sollen sie stabil bleiben, während der Haushalt insgesamt steigt. Die Investitionsquote geht damit wieder zurück.

Die Regierung könnte mehr ausgeben

Grundsätzlich könnte die Regierung mehr Geld ausgeben, will es aber nicht. Wegen der guten Wirtschaftsentwicklung in den vergangenen Jahren ist der gesamtstaatliche Schuldenstand mittlerweile auf 58 Prozent des Bruttoinlandsprodukts gesunken. Erlaubt sind 60 Prozent. Die Schuldenbremse im Grundgesetz gestattet ebenfalls eine gewisse Neuverschuldung. Union und SPD definieren die „schwarze Null“ jedoch weiterhin als „oberstes Ziel“. Ein Argument lautet, es herrsche jetzt keine Krise, also brauche man auch keine Kredite aufzunehmen.

Für den Ausstieg aus Förderung und Verstromung von Braun- und Steinkohle hat die Regierung erstmals 500 Millionen Euro zusätzlich pro Jahr reserviert. Das freilich könnte nicht reichen. Weiteres Geld will man, wenn nötig, aus bestehenden Infrastrukturprogrammen umwidmen.

Das Bundeskabinett soll die Eckpunkte am kommenden Mittwoch beschließen. Ende Juni wird der komplette Haushaltsentwurf stehen. Danach verhandeln Bundestag und Bundesrat darüber.

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15 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Ok. aber dann kommt so ne Art AfD-Problem: Oder auch Brexit-Problem: Man weiß, was "die" alles nicht wollen. Aber man weiß nicht, WAS die wollen, dh: Was denn dann wählen? Rechte Vollhonks? Bitte nicht! FDP ist ne neoliberale Lobbyisten-Randgruppe zur Selbstversorgung. Grüne Wähler sind der "Durchschnittsbevölkerung" nicht nur einkommensmässig noch weiter entflogen als die FDP. CDU hat den Karren dahin gefahren, wo er jetzt steckt. Selbst wenn Schäuble es doch noch schafft die Karrenbauer in den Graben zu schubsen um dann seinen Merz als Blackrock-Ritter auftreten zu lassen, kann's nur noch übler werden...Ein Herr Gröhner (Immobilien-Entwickler) bastelt an einer Trump-ähnlichen Partei, die diese Ratlosigkeit propagandistisch-populistisch bedienen soll (brechreiz) ...

  • Irgendwie vermisse ich eine erkennbare Kursänderung, die eine -mehr oder weniger- roter Finanzminister nach der schwarzen NULL doch eigentlich bedeuten müsste...



    Kann es sein, dass es eigentlich völlig egal ist, welches Gesicht sie da ins Ministerbüro setzen, weil die faktische Politik doch eh von den 2 oberen Hierarchieebenen der Beamten im Ministerium gemacht wird - und damit eben keinem Wandel unterliegt, bis eine neue Generation mit VIELLEICHT nuanciert anderen (uU sorgfältig verborgenen) Gedanken die Karriereleiter hochgerobbt ist....?



    Meinjanur.

  • Was kann man von einem Finanzminister erwarten der mit Goldman-Sachs koaliert?

    Geld kommt zu Geld, wen interessieren da die die es er arbeitet haben? Steuern zahlen auch noch mit ihrer Rente?



    Alte sind da überflüssig, die KOSTEN nur auch mit ihrem eigenen Geld.

  • Huhu , liebe taz:

    Bei aller Liebe für die Umsetzbarkeit der sozialpolitischen Maßnahmen der Sozis ist euch wohl durch die Lappen gegangen, dass Olaf Scholz den Zuschuss des Bundes für die Flüchtlingskosten kürzen will. Ein echter Sozialdemokrat ist das, der auch weiß, was die Wähler wollen. Naja, zumindest fast: Denn Geld für die Grundrente ist ebenfalls nicht drin - weil finanziell nicht machbar und so weiter. Sollte aber nach der u. A. durch die Bundesregierung vorangetriebenen Fusion von Commerz- und deutscher Bank irgendwas schief gehen und das "systemrelevante" Kreditinstitut auch nur kurz Zucken werden die Millarden fließen - das ist garantiert.



    Ich weiß nicht, für wie dumm die SPD ihre verbliebenen Wähler hält - offenbar aber für ziemlich dumm und das ja auch nicht unbedingt zu Unrecht. Aber wie indolent Scholz auf seinem Geldhaufen sitzt und die kümmerlichen Reste sozialdemokratischer Politik an sich abperlen lässt - das hat wirklich Stil und deutet wohl darauf hin, dass ihm und den Seeheimer - Seinen vor allem daran gelegen ist Nahles am langen Arm verrecken zu lassen.

  • "Union und SPD definieren die „schwarze Null“ jedoch weiterhin als „oberstes Ziel“. "

    Der Schuldendienst der Vergangenheit ist auch ein Thema, denn anstatt durch gerechte Steuern den Haushalt wenigstens weitestgehenst auszugleichen, hat der Staat die Steuergeschenke der Reichen und Gut-Verdiener auf Pump finanziert. Und das ging so seit 1983.

    Die 'gute' Lage jetzt erlaubt nun die Abzahlung dieser Schulden und deswegen ist die schwarze Null mehr als nur ein Zustand der Nichtaufnahme neuer Schulden.

    Es ist auch eine Situation, die Ungerechtigkeit auf einem Basis-Level zementiert, denn der Staat verweigert eine gerechte Verteilung der Lasten und vor allem eine ausgleichende Ausgabe-Politik

    = Reichtum wird gezielt und bewusst ungerecht verteilt.

    Und da kommt Scholz ins Spiel: Er ist überzeugt, dass er nur als neoliberaler Kasper der 1-Prozent Superreichen zum Kanzler gewählt werden kann und macht daher alles, was diesen Menschen gefällt. Angefangen von der idiotischen Banken-Fusion Commerz-Bank und Deutsche Bank bis zu diesem unsozialen Haushalt. In Hamburg hat er ungerechte Verhältnisse hinterlassen, Wohnungsnot, Niedriglohn und soziale Polarisierung, jetzt versucht er dieses Projekt als Finanzminister quasi als Auftakt für eine weitere Agenda-Kanzlerschaft.

    Einziges Problem: Der SPD laufen Wähler davon und Scholz hat Schwierigkeiten seine Kandidatur wirklich durchzusetzen, weil er nichts tut, um wirklich populär zu sein, denn die 1 Prozent, die ihm so am Herzen liegen, entscheiden nicht die Wahlen, auch wenn sie den Wahlkampf deutlicher mitfinanzieren können.

    • @Andreas_2020:

      "Der Schuldendienst der Vergangenheit ist auch ein Thema, denn anstatt durch gerechte Steuern den Haushalt wenigstens weitestgehenst auszugleichen, hat der Staat die Steuergeschenke der Reichen und Gut-Verdiener auf Pump finanziert. Und das ging so seit 1983."

      Sie weisen hier dankenswerterweise auf den zentralen Punkt einer quasi barbarischen Umverteilung von unten nach oben hin. Und genau das wird auch die junge Generation extrem betreffen.



      Bemerkenswert ist es, wie die neoliberale Ideologie sich wie ein Krebsgeschwür in die Hirne setzt und alles auf den Kopf stellt.

  • Union und SPD definieren die „schwarze Null“ jedoch weiterhin als „oberstes Ziel“

    Warum eigentlich? Das ist ein Zahlenwert gut wie jeder andere. Die Frage stellt sich doch eher, ob bei geldmäßig "schwarzer null" dank Verschleiss nicht ein dickes Minus entsteht.

    Für mich ist die Schwarze NULL reine Faulheit. Da braucht man sich nicht bewegen, und überlegen was sinnvolle Ausgaben sein könnten, und was D weiterbringen könnte. Wenn dann Brücken gesperrt oder Schulen geschlossen werden, dann kann sich der Finanzminister zurücklehnen und sagen "ich habe keine Schulden gemacht".

    Auch wenns nicht modern ist. In der Bibel gibt es die Geschichte mit den Talenten. Herr Scholz ist derjenige, der das übergebene Talent vergräbt.

  • Scholz ist wirklich eine schwarze Null. Das ist SPD. Und reine neoliberale Politik, wo die Infrastruktur vor die Hunde geht und der Sozialstaat immer mehr zur Makulatur.

    • @Rolf B.:

      Warum nennen Sie den -wie viele andere- eine schwarze Null? Scholz ist eine ROTE Null. Die Verantwortlichkeiten müssen klarer benannt werden: Die SPD hat festgelegt, dass Herr Scholz "ihr" Finanzminister sein soll. Und dass sie DIESE Politik des Herr Schäuble fortsetzen will und soll. Mann sucht -einigermassen ratlos bis verzweifelt- nach einem Platz, bei dem man halbwegs guten GEwissens auf den nächsten Wahlzetteln ein verantwortbares Kreuz in irgendeiner Farbe machen kann. Die Linken haben zuviele Grenzoffene Vollhonks, die Grünen fahren zuviel Daimler sobald sie an der Macht sind. Und der Rest ist ... Schweigen....

  • „Kein Geld für die Grundrente geplant“

    Natürlich nicht! Wozu auch, wenn man später mal mehrere Pensionen bezieht.

  • „Kein Geld für die Grundrente geplant“

    Natürlich nicht! Wozu auch, wenn man später mehrere Pensionen bezieht.

    • @Rainer B.:

      Über die Grundrente kann man tatsächlich sein, denn damit finanziert die untere Mittelschicht den Reichen nur die unzureichenden Billiglöhne....

      Richtig wäre ein Mindestlohn der auch Renten ermöglicht von denen man leben kann... also eher so das 3-4 fache dieser Grundrente....

      die Grundrente ist ein vergiftetes Geschenk.



      Und ja, die die heute zu wenig haben, denen sollte man etwas zukommen lassen. Aber nur wenn man gleichzeitig Armutsrenten für die Zukunft zementiert!

      • @danny schneider:

        Ein hoher Mindestlohn kann für die meisten die ihn beziehen eine Grundrente nicht mehr bewirken - es sei denn er würde für die Jahre seit 2003 rückwirkend nachgezahlt (;-) seufz...Nicht einmal das deutlich höhere irgendwie statistisch zusammengebosselte "Durchschnittseinkommen" sorgt doch noch für eine Rente jenseits der Grundsicherung...Und das Problem mit der Grundrente ist: Zukünftige Regierungen können die notwendigen Zuschüsse in die Rentenkasse jederzeit "aufgrund der Kassenlage" wieder eindampfen.

      • @danny schneider:

        Das kann man so sehen, aber nur dann, wenn man realitätsfern davon ausgeht, dass alle immer bis zum Schluss arbeitsfähig sind und immer sofort und überall einen neuen Job finden.

  • Tja, SPD... warum nur?



    "Schulden aufzunehmen, lehnt Scholz jedoch ab." --> die 3% Neuverschuldungsgrenze ist wilkürlich gewählt und hat keinen Sinn. Geld ist grad billig wie Dreck am Markt, dank GoldmannSachsDraghi (PS: der hat in unserem Namen Schulden gemacht ihr brillanten Eliten!) und wir wirtschaften die Infrastruktur immer weiter runter statt in die Zukunft zu investieren. Wenn das SPD Politik ist, dann weis ich schon mal was ich nicht wähle...