Echt nur ohne Milch: Eierlikör: Ei drüber
Weil Ossis gegen Ossis klagen, musste der Europäische Gerichtshof Recht sprechen – zum Thema Eierlikör. Dabei gilt: Probieren geht über prozessieren.
Es ist ein Brauch von Alters her, wer Sorgen hat, hat auch Likör.“ Was Wilhelm Busch, der diese lebenserfahrenen Zeilen dichtete, nicht wusste: Wer Likör hat, hat auch Sorgen.
Nein, in dem Fall nicht jene des dauerhaften Hingezogenseins zu regelmäßigem und allzu ausschweifendem Genuss. Sondern die Sorgen, die ein Eierlikörbereiter einem anderen Eierlikörbereiter bereitet. Und das geht so: Eine Brandenburger Spirituosenfirma hat eine Likörfabrik in Sachsen-Anhalt verklagt, weil diese ihrem Eierlikör Milch beimischt und diese Kombination weiterhin als Eierlikör verkaufte. Das ist doch Betrug, fanden die Brandenburger.
Stimmt, entschied mittlerweile auch der Europäische Gerichtshof in Luxemburg und erklärte, dass Eierlikör nur echt ist, wenn er – neben Alkohol – Eigelb, Eiweiß, Zucker, Honig und bestenfalls Aromastoffe enthält. So jedenfalls schreibt es die EU-Spirituosenverordnung vor: „Eierlikör … ist eine Spirituose, aromatisiert oder nicht, die aus Ethylalkohol landwirtschaftlichen Ursprungs, einem Destillat und/oder Brand gewonnen wird und als Bestandteile hochwertiges Eigelb und Eiweiß sowie Zucker oder Honig enthält.“
Vielleicht war das zu Buschs Zeiten so. Aber die Welt hat sich verändert – und mit ihr der Eierlikör. Unterdessen gibt es das Getränk mit Chili und Schokoflocken, selbst mit Rosinen. Die Kenner*innen wissen: Eierlikör mit dem Geschmack von American Cheese Cake rinnt leicht und locker die Kehle runter. Während der mit Zimtbeisatz eher dickflüssig daherkommt. Außerdem drängt sich der Zimt zu sehr in den Vordergrund.
Ei, Ei, Ingwer
Eine der besten Varianten, die der Eierlikörmarkt derzeit zu bieten hat, ist eine Wendländische Produktion. Das Gut derer zu Bernstorff in Gartow – einem Dorf in unmittelbarer Nähe zu Gorleben (Sie wissen schon, dieser Ort mit den Antiatomprotesten) – stellt seit Kurzem einen Bioeierlikör mit Ingwer her.
Das mit dem Bio muss man glauben, alles andere kann man probieren. Hier – Achtung, Werbeblock – ein kleiner Vorgeschmack: Fest in der Konsistenz, aber flüssig genug, um sich geschmeidig ins kristallene Eierlikörgläschen einzupassen. Wenn sich die Zunge im Getränk versenkt, ist alles zu spät: ein Eierlikör wie eine Schnapspraline.
Ob die Grafen von Bernstorff mit Milch arbeiten, ist – zumindest der Autorin – schnurzpiepegal. Der Geschmack überzeugt, und das zählt. Könnten die Ossis auch so haben. Aber die bekämpfen sich derweil ja lieber selbst.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach Taten in München und Aschaffenburg
Sicherheit, aber menschlich
Streit um tote Geiseln in Israel
Alle haben versagt
Soziologische Wahlforschung
Wie schwarz werden die grünen Milieus?
Nach Absage für Albanese
Die Falsche im Visier
Comeback der Linkspartei
„Bist du Jan van Aken?“
Krieg in der Ukraine
Keine Angst vor Trump und Putin