EU-Konjunkturprogramm fürs Klima: Der Green Deal schrumpft

Die Klimaschutzpläne der EU sollten so ambitioniert wie die Mondlandung werden. Sie bleiben weit hinter den Erwartungen zurück.

Präsidentin der Europäischen Kommission Ursula von der Leyen.

Hat nicht wirklich ehrgeizige Klimapläne: EU-Kommissionspräsidentin Ursula van der Leyen Foto: Yves Herman/reuters

BRÜSSEL/BERLIN taz | Die EU-Kommission will darauf verzichten, alle 27 EU-Staaten auf das Ziel der Klimaneutralität bis 2050 zu verpflichten. Zudem schiebt sie ein höheres Klimaziel für 2030 und konkrete Maßnahmen auf die lange Bank. Dies geht aus dem Entwurf des EU-Klimagesetzes hervor, welches am Mittwoch präsentiert werden soll und vorab der taz vorliegt.

Das Klimagesetz ist der erste konkrete Vorschlag für den „European Green Deal“, den Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen bei ihrem Amtsantritt im Dezember angekündigt hatte. Die EU-Ziele seien so ambitioniert wie bei der Mondlandung, erklärte von der Leyen. Doch der geleakte Entwurf, der noch geändert werden könnte, lässt eine klare Marschroute vermissen. Konkrete Maßnahmen fehlen völlig. Die EU-Kommission setzt auf Folgeabschätzungen, Experten-Berichte und Reviews, mit denen europäische und nationale Gesetze auf ihre Klimaverträglichkeit abgeklopft werden sollen.

Das bereits beim EU-Gipfel im Dezember beschlossene Ziel der Klimaneutralität bis 2050 wird bekräftigt, aber nicht konkretisiert. Klar ist nur, dass die Kommission nicht jeden einzelnen Mitgliedstaat verpflichten will, weniger CO2 zu produzieren, als kompensiert werden kann. Vielmehr ist von „unionsweiten Emissionen“ die Rede. Dies kommt vor allem dem „Kohleland“ Polen entgegen, das sich noch nicht auf die Klimaneutralität festgelegt hat. Es könnte jedoch auch Deutschland helfen, wenn – wie zuletzt – Zwischenziele beim Klima verfehlt werden. Vielen EU-Ländern kommt auch entgegen, dass die Kommission noch kein neues Zwischenziel für 2030 nennt. Das soll erst im September nachgeliefert werden.

Formal ist wenig einzuwenden, politisch geht davon jedoch ein Signal der Zögerlichkeit aus. Das Europaparlament hat bereits gefordert, das Zwischenziel einer CO2-Reduzierung um 40 Prozent auf 50 bis 55 Prozent anzuheben. Frankreich, Italien, Spanien sowie neun weitere EU-Staaten verlangen zudem mehr Tempo. Ein Vorschlag für das 2030-Ziel solle spätestens im Juni kommen, heißt es in einem Schreiben an Klimakommissar Frans Timmermans. Deutschland hat sich an dem Vorstoß nicht beteiligt. Die EU brauche genügend Vorlauf vor der Weltklimakonferenz in Glasgow im November, fordern die Unterzeichner. Dort müsse die EU mit einem ehrgeizigen Klimaziel vorangehen. Dieser Meinung sind auch die Grünen im Europaparlament. „Die Verschleppungstaktik der Kommission ist unverantwortlich“, kommentiert deren klimapolitischer Sprecher Michael Bloss.

Kritik am geringen Tempo

Demgegenüber mahnt die CDU zu Geduld. „Die Anhebung von 40 Prozent auf 50 Prozent ist sehr ambitioniert“, sagt der umweltpolitische Sprecher Peter Liese. Die Kommission sei gut beraten, die Folgenabschätzung abzuwarten. Bei einem Reduktionsziel von 55 Prozent kämen auch auf Deutschland große Belastungen zu, so Liese.

Umweltverbände in Deutschland loben den Entwurf für seine allgemeine Richtung, kritisieren aber auch das geringe Tempo. „Verglichen mit dem Zustand vor den Europawahlen vor einem Jahr ist das ein deutlicher Fortschritt“, sagt Oldag Caspar von Germanwatch. „Aber der Klimawandel schreitet voran, mehr ist nötig.“ Vor allem fordern die NGOs, die EU solle bereits 2040 klimaneutral sein. Das Reduktionsziel bis 2030 müsse nicht auf 50 oder 55, sondern auf 65 Prozent angehoben werden, das Ende von fossilen Subventionen und der Vorrang des Klimaschutzes in allen Planungen müssten festgeschrieben werden. Auch wünschen sich die Umweltschützer ein unabhängiges Beratergremium, das die Einhaltung der Vorschriften überwacht.

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