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EU-Ausschuss will schärfere RegelnBurger? Da muss Fleisch drin sein

Der Agrarausschuss des EU-Parlaments will Bezeichnungen wie Burger exklusiv für Fleisch beanspruchen. Die finale Entscheidung steht noch aus.

Ist da auch Fleisch drin? Foto: Oksana Bratanova/Zoonar/imago

Berlin taz | Bezeichnungen wie „Burger“, „Schnitzel“ oder „Wurst“ sollen nicht mehr für vegetarische und vegane Fleischersatzprodukte verwendet werden dürfen. Das sieht ein Vorstoß des Agrarausschusses des EU-Parlaments vor.

Eine Entscheidung im gesamten Plenum steht noch aus. Sollte das Parlament zustimmen, stünden zudem Trilogverhandlungen mit Rat und Kommission an.

Im Ausschuss beschlossen wurde ein sogenannter Berichtsentwurf, der demnach eine Stärkung der Land­wir­t*in­nen innerhalb der Lieferketten zum Ziel hat. Teil davon ist ein Änderungsantrag, mit dem eine EU-Verordnung von 2013 geändert werden soll. Diese war gefasst worden, um die europäischen Märkte für landwirtschaftliche Erzeugnisse einheitlich zu organisieren.

Ähnliche Regelung zu pflanzlichen Milchalternativen

Die entsprechende Verordnung hatte bereits damals für Aufsehen gesorgt. In ihr ist nämlich unter anderem geregelt, dass pflanzliche Milchalternativen nicht mehr als Hafer-, Soja- oder Mandelmilch verkauft werden dürfen, da sie nicht in „Eutersekretion durch Melken“ gewonnen wurden.

Stattdessen ist seitdem die Deklarierung als „Drink“ üblich. Kokosmilch und wenige andere Bezeichnungen bilden die extra gelisteten Ausnahmen.

Der aktuelle Antrag sieht nun vor, dass eine Reihe von Wörtern, die „gegenwärtig für Fleischerzeugnisse und Fleischzubereitungen verwendet werden“, ausschließlich Erzeugnissen vorbehalten sein sollen, „die Fleisch enthalten“.

Als Beispiele werden „Burger“, „Schnitzel“, „Steak“, „Wurst“, sowie „Eiweiß“ und „Eigelb“ genannt. Dass letztere Erzeugnisse gar nicht aus totem Tier bestehen, ist wohl niemandem aufgefallen.

Eine Ausweitung ist möglich

Die Formulierung im Antrag würde dabei in der Praxis auch eine Ausweitung auf weitere Begriffe theoretisch zulassen – Salami, Gulasch, Hackfleisch, alles denkbar.

Auch von jeglichen Bezeichnungen für Geflügelfleisch sollen die alternativen Erzeugnisse explizit ausgeschlossen werden. Außerdem soll im Labor gezüchtetes Fleisch unter die Regelung fallen.

Eingebracht hat den Änderungsantrag die französische Abgeordnete Céline Imart. Sie ist Mitglied der Fraktion der Europäischen Volkspartei (EVP), der auch die Unionsparteien angehören. Die EVP ist mit 188 Mitgliedern die größte Fraktion im EU-Parlament.

Ein Steak ist aus Fleisch gemacht – Punkt.

Celine Imart, EVP

Abgeordnete spricht von „kulinarischen Traditionen“

„Ein Steak ist aus Fleisch gemacht – Punkt“, heißt es von der Abgeordneten Imart. „Die ausschließliche Verwendung dieser Bezeichnungen für echtes Fleisch sorgt für eine ehrliche Etikettierung, schützt die Landwirte und bewahrt die kulinarischen Traditionen Europas.“

Für den Berichtsentwurf stimmten auch die Abgeordneten der sozialdemokratischen S&D-Fraktion. Unter ihnen die deutsche Maria Noichl (SPD). Den konkreten Antrag der Abgeordneten Imart lehne sie zwar inhaltlich ab, da derartige Bezeichnungsvorschriften die Eindeutigkeit, Verständlichkeit und Transparenz beeinträchtigen würden, teilt sie auf Nachfrage der taz mit. Ihre Zustimmung aber begründet Noichl damit, dass das Paket für gerechtere Agrarmärkte und faire Erzeugerpreise in Europa sorgen solle.

Es kann also sein, dass die EU-Bürger*innen sich in Zukunft sperrigen und zweifelhafte Formulierungen gegenüber sehen. Dann geht man im Restaurant „Brötchen mit kreisrundem pflanzlichen Proteinfladen und Salat“ essen oder grillt beim Sommerfest eine „Seitan-Stange“. Der rechte Kulturkampf kommt damit spätestens jetzt auch auf den europäischen Tellern an.

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10 Kommentare

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  • Och, nicht schon wieder dieser Quatsch.



    Und wo werden dadurch Landwirte geschützt? Tiermäster, ja, die vielleicht. Aber die PFLANZLICHEN Rohstoffe werden ja auch von irgendwem angebaut.

    Und wer im Supermarkt denkt, in einem „Veganem Schnitzel“ wäre Tier, um sich dann getäuscht zu fühlen, der sollte besser auch nicht zu Marzipankartoffeln greifen.

    Ich verstehe ja durchaus den Wunsch, dass die Bezeichnung beschreibend sein soll, ohne die Kunden zu täuschen, aber ehrlicherweise müssten wir dann sehr umfangreich auch alte Bezeichnungen angehen. Von der berühmten Kokosmilch über immer wieder angeführten Leberkäse bis zu Waffeleiern, Feuerdrachen, Goldbären (dank Gelatine immerhin irgendein Tier drin), Küstennebel oder falschem Hasen.

    Dieses selektive blockieren von Lebensmitteln, die keine Tiere quälen, und das Gängeln der Kunden derselben ist echt unwürdig. Wieso ist das so wichtig? Machtfantasien?

  • "Die entsprechende Verordnung hatte bereits damals für Aufsehen gesorgt. In ihr ist nämlich unter anderem geregelt, dass pflanzliche Milchalternativen nicht mehr als Hafer-, Soja- oder Mandelmilch verkauft werden dürfen, da sie nicht in „Eutersekretion durch Melken“ gewonnen wurden."



    In meiner Umgebung spricht seitdem niemand anders, weil die eingeführten Begriffe sich eingebürgert haben.



    Aber viele lachen über die possenähnlichen Eingebungen in und aus Brüssel.



    Der Spaß kommt uns sicher wieder teuer zu stehen.



    Eine Intervention der BR erscheint ratsam.

  • Wie sieht's mit Scheuermilch aus? Jetzt auch verboten da die doofen Verbraucher die sonst in den Kaffee schütten?

    • @Petros:

      Die steht halt nicht im Milchregal.

  • Dann soll es aber auch verboten werden, Leberkäse als solchen zu titulieren. Weder Leber drin, noch Käse. Die haben doch komplett ein Rad ab. Als ob es keine ernsteren Probleme gäbe. 🤦🏼‍♂️

  • Das einzige, was eine solche Verordnung bringt, ist Menschen noch mehr von Fleischalternativen abzuschrecken. Na super, toll gemacht, liebe EU. Habt ihr noch nie was von Klimawandel und den Problemen der Versorgung der Weltbevölkerung mit Essen gehört?

    • @Wedekin:

      Bei mir war ist bisher immer anders herum, mich haben nachahmenden Bezeichnungen abgeschreckt, weil ich dadruch zwangsläufig mit dem Original verglichen habe:



      Ich habe bisher weder ein Schnitzel, noch ein Bratwurst, noch einen Käse, noch ein Steak gefunden (und ich habe einige Hersteller durch), bei denen das vegane Produkt auch nur Ansatzweise geschmacklich mit dem Original mithalten konnte. Vegane Mortadella esse ich ganz gerne und gute Burgers Patties hatte ich schon aber das wars auch... Vielleicht sollten die Hersteller sich mehr darauf konzentrieren etwas eigenes zu machen

    • @Wedekin:

      Was sollte ich von Fleischersatzprodukten, die offen als solche zu erkennen sind, abgeschreckt werden?

  • Exaktere Lebensmittelbezeichnungen seh ich jetzt nicht als Verschlechterungen an. Veganer übersehen oft, dass es unzählige Alternativen gibt zu Fleischersatzprodukten. Ohne konkrete Argumente seh ich hier nur vage den rechten Kulturkampf. Lass mich aber gern überzeugen

  • Ist doch gar nicht schlimm, ähnliche Bezeichnungen für die Produkte waren doch eher am Anfang sinnvoll als es noch kaum jemand kannte.



    Jetzt wäre ein Verbot die ähnlich zu nennen, die Gelegenheit für gutes Marketing. Es liegt in der Hand des Marketings das jetzt zu coolen Produkten zu machen, die sich von den alten langweiligen Schnitzeln abheben.

    Siehe MC Donalds mit ihren Fruchtkompot beim Kindermenü. Mit dem klassischen Namen wäre es sicher ein Ladenhüter, aber sie nennen es Fruchtquatsch und es läuft...