Duell zwischen SPD und CDU: Volles Risiko
Es geht auch um den Bund: Falls die SPD in NRW deutlich hinter der CDU landet, würde das auch als Votum gegen Scholz’ Regierungskurs gelesen.

M an kennt die Szene aus Westernfilmen: Zwei stehen sich gegenüber, die geladenen Colts an der Seite, und wer zuerst die Nerven verliert, wird erschossen. Die Situation zwischen Union und SPD hat gerade etwas von dieser Duell-Dramatik. Im bevölkerungsreichsten Bundesland Nordrhein-Westfalen kämpfen CDU und SPD am Sonntag darum, wer künftig in der Staatskanzlei regiert.
Im Bund liefern sie sich einen Machtkampf um das 100 Milliarden schwere Sondervermögen für die Bundeswehr. Was die Sache so kitzlig macht für beide Seiten: Die Trophäen sind jeweils eng mit SPD-Kanzler Olaf Scholz und Oppositionsführer Friedrich Merz verbunden.
In Nordrhein-Westfalen setzt die SPD auf den Kanzler als Joker im Schlussspurt. Scholz ist präsent bis kurz vor der Abstimmung, reiste am Freitag noch mal nach Köln. Wahlplakate zeigen ihn und den Spitzenkandidaten Thomas Kutschaty Seit’ an Seit’ unter dem Slogan: Gemeinsam für NRW und Deutschland. Die Botschaft: Wer Kutschaty wählt, kriegt den Kanzler dazu. Das ist, positiv formuliert, mutig. Denn falls die SPD am Sonntag deutlich hinter der CDU landet, würde das auch als Votum gegen Scholz’ Regierungskurs gelesen.
Eine Niederlage in NRW kann sich aber auch Friedrich Merz kaum leisten, der gerade noch nach seiner Rolle als Oppositionsführer sucht und dabei gelegentlich überzieht. Sollte CDU-Ministerpräsident Hendrik Wüst sein Amt abgeben müssen, wäre das auch ein Dämpfer für Merz und die Union.
Im Bund versucht Merz, die von Scholz geführte Ampelregierung beim Sondervermögen für die Bundeswehr vorzuführen, und stellt harte, kaum erfüllbare Bedingungen. Die Ampelkoalition soll sich verpflichten, den Verteidigungsetat zusätzlich zum Sondertopf aufzustocken, sonst verweigert seine Unionsfraktion die benötigten Stimmen für die Verfassungsänderung, die die Bundeswehrmilliarden gerichtsfest machen soll.
Blufft Merz nur?
Wenn die Koalition aber zusätzliches Geld aus dem regulären Haushalt für die Truppe abzweigt, würden SPD, Grüne und FDP vor der Zerreißprobe stehen, welches ihrer Lieblingsprojekte aus dem Koalitionsvertrag sie dafür opfern müssten. Das Bürgergeld? Oder doch Steuern erhöhen?
In der SPD hofft man, dass Merz nur blufft und die Union nicht ernsthaft ein 100-Milliarden-Paket für die Bundeswehr durchfallen lassen wird. Aber was, wenn doch? Es wäre nach der Impfpflicht das zweite gescheiterte Projekt, welches Scholz zur Chefsache erklärt hatte. Diesmal würde das Bild des Kanzlers, der die bestellte Führung auch liefert, nicht nur ein paar Kratzer bekommen. Scholz wäre ernsthaft angezählt. Nach der NRW-Wahl wird sich zeigen, wer die Nerven behält: Merz oder Scholz.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Der Jahrestag der Ukraine-Invasion
Warum Russland verlieren wird
Wahlsieg der Union
Kann Merz auch Antifa?
Sieger des rassistischen Wahlkampfes
Rechte Parolen wirken – für die AfD
Alles zur Bundestagswahl
Grüne Manöver vor dem Wechsel
Alles zur Bundestagswahl
Lindner und die FDP verabschieden sich aus der Politik
Nach der Bundestagswahl
Jetzt kommt es auf den Kanzler an