Druck im Leistungssport: Trosts Preis
Die deutsche 1.500-Meter-Meisterin Katharina Trost hat ihr Olympiaticket sicher. Trotzdem beendet sie ihre Karriere – für Außenstehende überraschend.
Katharina Trost hat „die richtige Entscheidung getroffen“. Das sagt die Mittelstrecklerin aus Freilassing selbst und selbstbewusst. Ihre Entscheidung: Trotz Erreichen der Olympianorm beendet die 28-Jährige ihre Karriere. „Nach zwei erfolgreichen, aber kräftezehrenden Jahren mit Leistungssport und Referendariat habe ich mich aber nun dazu entschlossen, dem Leistungssport den Rücken zu kehren“, schreibt die Deutsche Meisterin über 1.500 Meter auf Instagram.
Katharina Trost
Die WM jüngst in Budapest hatte sie noch wegen einer Windpocken-Erkrankung abgesagt, aber die verbleibenden Monate, um sich auf Paris vorzubereiten, will sie nicht noch einmal angehen. Bei den Olympischen Spielen 2021 in Tokio war sie über 800 Meter im Halbfinale, 2022 bei der WM im US-amerikanischen Eugene gelang ihr das über 1.500 Meter, im Juli beim Diamond-League-Meeting im polnischen Chorzów hatte sie mit einer persönlichen Bestzeit von 4:02,32 Minuten über 1.500 Meter die Olympianorm geknackt.
Und jetzt? Ist Schluss. „Meine Prioritäten haben sich geändert, und deswegen freue ich mich jetzt wahnsinnig auf freie Wochenenden und darauf, mehr Zeit mit Familie und Freunden verbringen zu können“, schreibt Trost. Ihr Studium als Grundschullehrerin ist fertig, ihr Referendariat ebenfalls.
Im Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung zieht Trost eine gute Bilanz ihrer Jahre im Hochleistungssport. „Es waren definitiv mehr Höhen als Tiefen“, sagt sie, immerhin habe sei bei Weltmeisterschaften und Olympischen Spielen laufen können, sie sei um die Welt gereist, habe viele tolle Menschen kennengelernt, und von Verletzungen sei sie weitgehend verschont geblieben. Und doch macht sie zu einem Zeitpunkt Schluss, der zumindest Außenstehende überrascht. „Lange gehadert“ habe sie, sagt Trost. „Es war oft an der Grenze mit all dem Stress, auch gesundheitlich.“ Die Belastungen seien zu groß geworden: „Ich glaube, ich hätte das nicht noch ein Jahr durchgehalten.“
Trosts Entscheidung, den Preis für eine weitere Belastung in Sport, Beruf und Privatleben, nicht zu zahlen, verweist auf den Druck, dem Spitzensportlerinnen heute ausgesetzt sind, die einerseits das ganze große Programm absolvieren müssen, um mit der Weltspitze halbwegs mitzuhalten. Und die andererseits nie ernsthaft mit Prämien und Gagen rechnen können, die sie bräuchten, um sich nur auf den Sport und seine Anforderungen zu konzentrieren.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung
Böllerverbot für Mensch und Tier
Verbände gegen KrachZischBumm
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Entlassene grüne Ministerin Nonnemacher
„Die Eskalation zeichnete sich ab“