Dramatisierung der DFB-Männer: Mehr Redezeit für Nagelsmann
Die DFB-Elf hat unvermutet eine Todesgruppe in der WM-Quali erwischt. Wie nur Nordirland schlagen?

I st Fußball denn überhaupt nicht entdramatisierbar? Es mag sein, dass sich manche Hoffnung auf etwas mehr Stille aus der Nationalmannschaftsecke gemacht haben, als der DFB-Elf die WM-Qualifikationsgegner Slowakei, Nordirland und Luxemburg zugelost wurden. Was für ein Irrtum! Mehr Drama als zuletzt geht wohl kaum.
„Selten war ein Spiel gegen Luxemburg so bedeutsam“, so wurde am Samstagabend im ZDF die Hauptnachrichtensendung eröffnet. Die Erleichterung über den 4:0-Heimsieg platzte dabei aus jeder Silbe. Seit der Auftaktniederlage in der Slowakei liegt das bei der EM 2024 mühselig aufgebaute Selbstvertrauen (Bundestrainer Julian Nagelsmann: „Natürlich wollen wir Weltmeister werden“) wieder in Trümmern, auch weil ein immenser medialer Shitstorm sich seine Bahn brach. Eine Auswärtsniederlage in der WM-Qualifikation, so etwas hatte es ja noch nie gegeben.
So richtig beruhigt hat der Erfolg gegen die durch eine Rote Karte dezimierten Luxemburger die Lage freilich nicht. Denn jetzt wartet mit Nordirland ein richtiges Schwergewicht (Nagelsmann: „Das wird noch mal eine andere Hausnummer“) auf die DFB-Elf. Und selbst wenn das gut gehen sollte, steht immer noch das Rückspiel gegen die zuletzt so übermächtige Slowakei an. Angesichts der Erfahrung mit dieser unscheinbaren Todesgruppe sollte sich der DFB überlegen, ob er nicht die südamerikanische Initiative unterstützen sollte, das WM-Teilnehmerfeld für das Turnier 2030 auf 64 Teams auszuweiten.
Probleme über Probleme
Zu unzähligen Problemen hat Nagelsmann dieser Tage Stellung zu beziehen. Wobei er nach der Partie gegen Luxemburg zur Gegenkritik ausholte. Er klagte: „50 Prozent meiner Redezeit geht über Torhüter.“ Immer wieder wird er mit der originellen Idee konfrontiert, ob es nicht besser wäre, den 39-jährigen Manuel Neuer zurückzuholen.
Die anderen 50 Prozent muss er auf die Causa Wirtz, der weiter seiner Form hinterherläuft („Ich erlebe ihn total befreit“), auf die Causa Woltemade, der weiterhin torlos geblieben ist („Irgendwann trifft er“), und auf die Causa Kimmich verwenden. Letztere Diskussion, ob der Kapitän der DFB-Elf besser auf der rechten Außenverteidigerposition oder im defensiven Mittelfeld spielt, ist allerdings eine Steinzeitdebatte.
Bei all diesen schier unlösbaren Problemen und all diesen schweren Aufgaben hilft vermutlich nur mehr Redezeit für Julian Nagelsmann. Es bleibt spannend.
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