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Djir-Sarai wirbt für Schwarz-GelbZappeln vor dem Untergang

Daniel Bax
Kommentar von Daniel Bax

Die ständigen Angriffe der FDP auf ihre Koalitionspartner? Ein letztes Aufbäumen der Liberalen.

Zeigt mit dem Finger auf andere: Bijan Djir-Sarai (FDP) Foto: Bernd Weißbrod/dpa

B ei der FDP herrscht nackte Panik. Sie gleicht einem Ertrinkenden, der aus Verzweiflung immer wilder um sich schlägt. Doch das bringt sie dem Untergang nur noch näher. Am Sonntag hat Generalsekretär Djir-Sarai noch für eine Koalition mit der Union auf Bundesebene geworben: Das sei besser, als mit SPD und Grünen zu regieren. Am Montag erklärte Marie-Agnes Strack-Zimmermann dann, die FDP werde eine zweite Amtszeit von EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen – der Kandidatin der Union – möglicherweise nicht unterstützen. Wer soll das verstehen?

Entsprechend kühl reagiert Friedrich Merz auf die Avancen der FDP. Der CDU-Chef weigert sich, der FDP einen Strohhalm zu reichen, und kündigt schon mal an, im kommenden Wahlkampf keine Rücksicht auf sie nehmen zu wollen. Regierungssprecher Hebestreit wiederum kommentierte trocken, die Aussagen von Djir-Sarai seien schlicht „nicht ernst zu nehmen“.

Klar, die FDP hat es nicht leicht. Ihre An­hän­ge­r*in­nen wollen, dass ihr Profil in der Ampel erkennbar bleibt. Dafür muss sie sich auch mal querlegen. Weil sie das aber ständig macht, nimmt sie kaum noch jemand ernst. Anfangs hoffnungsfroh in eine „Fortschrittskoalition“ gestartet, scheint sie ihre Rolle nur noch darin zu sehen, Sand in deren Getriebe zu streuen.

Damit schadet sie dem Erscheinungsbild der gesamten Ampel: Wer traut schon einer Regierung, deren Mitglieder ihre Koalitionspartner als „Sicherheitsrisiko“ (Djir-Sarai über die Grünen) bezeichnen? Sie schadet damit aber vor allem sich selbst. Das schrille Gepolter wirkt unglaubwürdig, denn für einen Seitenwechsel fehlt der FDP die Machtoption.

Dass viele in der FDP lieber mit der Union regieren würden, überrascht nicht. Als sich das letzte Mal die Gelegenheit dazu bot, schreckte sie aber davor zurück. Es sei „besser, nicht zu regieren, als falsch zu regieren“, sagte Christian Lindner 2017, als er die Sondierungsgespräche für eine Jamaika-Koalition platzen ließ. Mittlerweile dürften das viele An­hän­ge­r*in­nen wieder ähnlich sehen. Diese FDP ist schlicht nicht regierungsfähig.

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Daniel Bax
Redakteur
Daniel Bax ist Redakteur im Regieressort der taz. Er wurde 1970 in Blumenau (Brasilien) geboren und ist seit fast 40 Jahren in Berlin zu Hause, hat Publizistik und Islamwissenschaft studiert und viele Länder des Nahen Ostens bereist. Er schreibt über Politik, Kultur und Gesellschaft in Deutschland und anderswo, mit Fokus auf Migrations- und Religionsthemen sowie auf Medien und Meinungsfreiheit. Er ist Mitglied im Vorstand der Neuen deutschen Medienmacher:innen (NdM) und im Beirat von CLAIM – Allianz gegen Islam- und Muslimfeindlichkeit. Er hat bisher zwei Bücher veröffentlicht: “Angst ums Abendland” (2015) über antimuslimischen Rassismus und “Die Volksverführer“ (2018) über den Trend zum Rechtspopulismus. Für die taz schreibt er derzeit viel über aktuelle Nahost-Debatten und das neue "Bündnis Sahra Wagenknecht" (BSW).”
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11 Kommentare

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  • Da bettelt einer als letzte Rettung um eine Zweitstimmenkampagne. Nicht so sehr schade um die FDP - obwohl, die Stimme von Strack-Zimmermann würde noch dringend gebraucht.

  • Zu Risiken und Nebenwirkungen von Machtgeilheit fragen sie die FDP oder ihre Wähler.

    Den größten Fehler hat die FDP bei der letzten Bundestagswahl gemacht - in die Koalition mit SPD und Grüne zu gehen.



    Das hätten sie bleiben lassen sollen, denn als Oppositionspartei hätten sie eher deutlich zugelegt.



    So aber strafen sie ihre Wähler für die vielen faulen Kompromisse mit rot grün ab.

  • 0G
    06438 (Profil gelöscht)

    ""Wer soll das verstehen?""



    ==



    Wenn Lindner einen Satz mit seinem aufgesetzten Gestus formuliert stellen sich Bachschmerzen neben Abscheu ein wenn man seine Rede vor den Bauern am Brandenburger Tor Revue passieren lässt. Wird Zeit zu fragen woran das liegen könnte.

    Zitat aus Philip Manow zum Thema



    ""Politische Ökonomie des Populismus""



    „Der linke südeuropäische und der rechte nordeuropäische



    (rechtspopulistische) Protest gegen die Globalisierung als freie Bewegung von Gütern und Geld einerseits sowie von Personen andererseits richtet sich schließlich gegen ein Europa, das in den letzten drei Dekaden jene (rechtspopulistischen) Bewegungen enorm intensiviert hat.“

    Manow definiert einen Strang des Populismus als Bewegung die sich im Kern gegen Globalisierung - und deswegen auch gegen die EU richtet.

    Wenn man wissen möchte was Manows Thesen zur Entstehung des Populismus mit der FDP zu tun haben sollte man sich die FDP-Politikerin Linda Teuteberg anhören.

    Teuteberg ist mit aller Konsequenz GENAUSO wie der affd Häuptling Chrupalla strikt gegen die Ansiedlung von Intel in Magdeburg. Dort werden künftig die weltweit modernsten High end Chips hergestellt mit Werten unter 2 nanometer - das bedeutet z.B. das die Plattform für ein KFZ nicht mehr in 8 Jahren sondern in 14 Monaten entwickelt werden kann.

    Das einer von künftig 1300 Mitarbeitern 7 - 8 weitere Mitarbeiter aus dem Mittelstand nach sich zieht interessiert weder Chrupalla noch Teuteberg - und auch nicht was diese Chips für die Industrie in Deutschland bedeuten - auch für die ökologische Transformation .

    Klartext:



    Die FDP ist dabei eine völlig schräge nationalistische Ideologie



    hinsichtlich des Mittelstandes einzuführen von der Chrupala meint das die 10 Milliarden für Intel lieber in den deutschen Mittelstand gehen sollten. (Wofür eigentlich?)

    Die FDP versucht bislang ohne Erfolg zu punkten indem sie Kernthesen der affd übernimmt und versucht abzugraben - bislang eher unbemerkt.

  • Verfestigen sich die aktuellen Umfragewerte, wird sich die Frage des optimalen Koalitionspartner für die FDP bei der Bundestagswahl wohl gar nicht mehr stellen.

  • Der fürs Grobe zuständige Generalsekretär und sein ratloser Boss wissen doch genau, dass die Konsequenz ihrer Sehnsucht nach der CDU weder durch ein neues 1982/3 noch durch Neuwahlen herbeiführen lässt.

    In den Berliner Nachwahlbezirken hat die FDP ganze 3.3% erhalten und die CDU gerade mal 20.6%. Während

    Da hat die CDU zwar von einem tollen Wahlsieg trompetet, ist aber gegenüber der kürzlichen Landtagswahl (damals 28.2%) oder gegenüber den telefonischen Umfragen ( am 13.02.24 :CDU 30,4% )total eingebrochen.

    Sobald die CDU in der Regierungsverantwortung sitzt, laufen auch ihr die Wähler davon.

    Wenn die FDP unbedingt Neuwahlen herbei redet und herbei führt, kann sie ja gleich den Herrn Kemmerich aus Thüringen holen.



    Und wenn die CDU im Bundesrat weiter zur Gesetzesblockade beiträgt , kann sich jede/r ausrechnen, wie alle "Systemparteien" abgestraft werden.

    Das wird nix mit Schwarz/Gelb, so oder so, Herr Djir-Sarai.



    Vielleicht merkt Lindner doch noch, dass seine ewige großgeldfreundliche Klientelpolitik aus der Zeit gefallen ist , und arbeitet noch zwei Jahre konstruktiv fortschrittlich in der Regierung mit.

  • Generalsekretär Djir-Sarai blufft. Wenn die FDP so aussteigt, wird sich das rächen. Dann sagen sie ja selber, wir haben nicht den richtigen Plan gehabt.



    Das Grundproblem ist, dass in Deutschland Mehrparteienkoalitionen eine neue Sache sind. Unsere politische Kultur will eine starke CDU/CSU oder SPD mit einem Partner und dann bitte Klarheit. Die neue Zeit ist leider nicht so. Das wird Generalsekretär Djir-Sarai hoffentlich noch begreifen können. Und solche Planspiele in aller Öffentlichkeit sind auch ein offenes Armutszeugnis. Im Grunde genommen macht sich die FDP damit noch schwächer als sie ist. Und ja, sie könnten aus Landtagen und sogar aus dem Bundestag fliegen. Aber liegt das an ihrer Koalitionspartnerwahl oder daran, dass sie eigentlich nur für zehnt oder fünf Prozent der Wähler wirklich was machen wollen?

  • Die haben doch längst ein Profil: Rücksichtslosigkeit, kommerzielle Gewinne, Unredlichkeit und keine Kenntnis von dem was "Freiheit" wirklich bedeutet....

  • Keine Schulden, keine Steuererhöhungen und sich beklagen Deutschland sei nicht wettbewerbsfähig...und es werden sich trotzdem wieder 5% finden, die sowas wählen....

  • Tscha, soviel zu Lindner's Schlachtruf: " Wir müssen unser Profil wieder schärfen." Das war der Anfang vom Ende!!! Ansonsten ist es einfach sein einsamer Kampf um den Wunschposten seines Lebens......

  • Ich versteh die heutigen Politprofis (Profis?) nicht.



    Seit ich mich für Politik interessiere und Wahlen verfolge, und das ist schon eine wirklich lange Zeit, war es immer so, daß in der Halbzeit der Legislatur, die Regierenden immer scheiße dastanden. Und auch die Landtagswahlen verloren. Ist doch alles ok und normal.



    Aber der FDP-Superstar, mit samt seiner Rowdies kriegen genau dann, wenn es drauf ankommt, Herzflimmern.



    Es wird kein 1983 geben.



    Für die Merz-CDU gibt es einen stärkeren Partner.

  • Jep! Auf den Punkt!



    Djir-Sarai sollte man beobachten: Der scheint sich zu radikalisieren ...