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Diskussion über MenstruationsbeschwerdenBloody Mary am Pool

„Menstruationsurlaub“ ist ein absurdes Wort. Als würde man auf Kosten des Arbeitgebers mit einem Cocktail am Pool liegen, statt furchtbare Schmerzen zu haben.

Achtung, Ironie! Menstruationsurlaub, davon kann unsere Autorin nur träumen Foto: Lubitz + Dorner/plainpicture

E s ist immer wieder erstaunlich, mit welcher Paranoia und Hysterie feministische Forderungen im Mainstream aufgenommen werden. Damit meine ich nicht den „Girlboss“-Feminismus, der lediglich ein paar Ausgebeuteten zuflüstert, dass sie sich doch ein bisschen zusammenreißen und einfach mehr arbeiten sollten, statt zu heulen. Dem Status quo ist diese Art von Feminismus nämlich recht förderlich, deshalb bezeichnet man inzwischen alles, was bei drei nicht auf dem Baum ist, als „feministisch“ und hofft auf eine neue Klientel, der man denselben alten Schrott in Neonpink verkaufen kann.

Tatsächliche Emanzipationsbestrebungen wie das Einfordern ganz grundlegender Ar­bei­te­r_in­nen­rech­te werden dagegen schnell zur Gefahr erklärt. Etwa eine Krankschreibung von bis zu drei Tagen im Monat bei starken Menstruationsbeschwerden, wie es gerade in Spanien diskutiert wird. Der Gesetzentwurf, der diese Woche im dortigen Parlament bereits für Furore sorgte, spukt durch den halben Kontinent weiter in Gestalt einer gruseligen Hexe, die nur die eigene Bevorzugung im Sinn hat. Kein Wunder, denn die Schlagzeilen schreiben sich von selbst bei so einem alarmierenden Gesetzesnamen: „Menstruationsurlaub“.

Klingt irgendwie gar nicht nach einem 12 Tonnen schweren Lkw-Anhänger, der plötzlich mitten auf meinem Kreuz parkt.

Das Wort ist so absurd, ich muss direkt kichern, wenn ich es höre. „Menstruationsurlaub“, das klingt irgendwie gar nicht nach einem 12 Tonnen schweren Lkw-Anhänger, der plötzlich mitten auf meinem Kreuz parkt. Die Feuerwerkskörper, die im Stundentakt meinen Unterleib zerfetzen, die Schwindelanfälle beim Aufstehen, das ständige Gewitter unter meiner Schädeldecke – all das löst sich auf in diesem Versprechen von einem Wort: Menstruationsurlaub. In Zitrusfarben leuchten die Buchstaben vor meinem inneren Auge und heben ab wie Heliumballons.

Trefft mich auf meinem allerersten Menstruationsurlaub, wie ich mit einer Bloody Mary am Pool hänge, mein Bikini off-white, und die Brise über meinen Bauchnabel streicht. Der Himmel ist klar, die Cocktails sind hinterlistig und im Background läuft das rote Album von Rihanna auf Repeat. Jedes Mal, wenn der Song „Work“ ertönt, entfährt mir ein müdes Lachen über meine nicht menstruierenden Kolleg_innen, die jetzt im Homeoffice vor dem Rechner hängen und nebenbei ihre Kinder versorgen müssen.

Auf Menstruationsurlaub gibt es keine Zoom-Calls und Chat-Mobbings und aus dem Ruder laufende Überstunden. Es gibt Lichtschutzfaktor 30, Sand zwischen den Zehen und Tretboote, die aussehen wie Delfine, die ebenfalls ein bisschen zu tief ins Glas geschaut haben. Einschlafen ist nicht gleichbedeutend mit Doomscrolling, sondern mit Grillenzirpen von der offenen Balkontür her, oder für die, die es mögen, dem angenehmen Surren einer funktionstüchtigen Klimaanlage. Der Morgen beginnt nicht mit dem Ausräumen der Spülmaschine beim parallelen Zähneputzen, sondern mit Roomservice: ein paar fluffige Pancakes, zwei Scheiben Wassermelone, nichts Wildes, ein, zwei Mimosas vielleicht.

Die einzige Carearbeit, die auf Menstruationsurlaub geleistet wird, ist Selfcare. Eine Aroma­ölmassage vor dem Mittagessen, ein paar Stunden am Nachmittag zum Lesen unter dem Sonnenschirm, am Abend noch mal schnell rausschwimmen, bevor die Sonne untergeht. Nur leider ist der Urlaub so kurz, dass ich es nicht einmal schaffe, alle cremefarbenen Outfits, die ich mitgebracht habe, einmal getragen zu haben. Was solls.

Ich werde bei meiner Rückkehr den gepackten Koffer einfach in meinem Wohnungsflur stehen lassen. Schließlich lässt der nächste Menstruationsurlaub nicht lange auf sich warten. Ich blicke zum Koffer und zähle ungeduldig die Tage, bis es wieder so weit ist, und Tante Rosa mir ein Flugtaxi rüberschickt – auf den Nacken meines Arbeitgebers.

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Fatma Aydemir
Redakteurin
ehem. Redakteurin im Ressort taz2/Medien. Autorin der Romane "Ellbogen" (Hanser, 2017) und "Dschinns" (Hanser, 2022). Mitherausgeberin der Literaturzeitschrift "Delfi" und des Essaybands "Eure Heimat ist unser Albtraum" (Ullstein, 2019).
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11 Kommentare

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  • Wer starke Schmerzen während der Menstruation hat, soll selbstverständlich krank geschrieben werden. Eine Freundin von mir, konnte sich zwei Tage lang kaum bewegen. Wenn das keine Krankheitssymptome sind?

  • Schon jetzt ist eine kurze Arbeitsunfähigkeit wegen Menstruationsbeschwerden möglich, aber "normal" sind solche Probleme doch nicht. Deswegen wird eine solche Zwangsläufigkeit doch etwas belächelt.

  • Sie haben recht. Dennoch finde ich, dass das Durchschnittsmenschen unterschätzt. Auf die Blöden zuviel Rücksicht zu nehmen, führt zu solchen Schoten, wie einem Bachelorstudium der Philosophie. Ich glaube die Menschen sind schon insgesamt in der Lage zu begreifen, dass ein Menstruationsurlaub nichts positives ist. Und sollte eine Frau es ab Tag zwei recht Schmerzfrei haben und trotzdem zuhause bleiben, würden die meisten sich doch für sie freuen.



    Meine Frage an die Autorin, was halten sie von einer neuen Framing-cultur, die progressiv ist, aber nicht auf gemutmaßte Dummheit Rücksicht nimmt?

  • Die ersten Tage waren von depressiven Verstimmungen und eher wenig Schmerzen geprägt. Ab Anfang 30 wurde es etwas besser, seit ca. 15 Jahren ist es vorbei. Meine Tochter hat Probleme mit dem Kreislauf, nicht so gravierende Verstimmungen. Ein paar Tage extra frei wären eine gute Sache.

  • Ich verstehe nicht, warum sich Frau nicht einfach krank schrieben lassen kann, wenn die schmerzen hat. Das ist doch problemlos möglich.

  • Ich wehre mich dagegen, dass neuerdings alle Welt so tut, als wäre es normal, während der Menstruation ein bis drei Tage arbeitsunfähig zu sein.



    Wer jeden Monat solche Schmerzen hat, dass eine Krankschreibung in Erwägung gezogen wird, hat eine Krankheit, die ärztlicher Behandlung bedarf. Wenn es nicht Endometriose ist, dann muss weiter gesucht werden, bis die Ursache gefunden wurde. Die Menstruation ist nicht die Ursache für diese Schmerzen, sie ist höchstens der Auslöser.

    • @Herma Huhn:

      Da kann ich mich nur anschließen, als Frau. Man sollte Frauen nicht einreden, dass die Mens nur schlimm ist. Durch eine solche Erwartungshaltung bzw. Angst kann sie es vielleicht erst werden.

  • Witzig ausgekostet, aber leider auf Kosten der Sprache. Man sollte das Sprachliche klären, bevor man so eine Tüte aufmacht. Die freien Tage heißen auf Spanisch nicht "Menstruationsurlaub", das ist eine Fehlübersetzung für "permiso menstrual" (oder "baja menstrual"), das heißt einfach "arbeitsfreie Menstruationstage" oder "Menstruationsabwesenheit". Anders die deutsche Begriffsbildung lässt sich aus dem spanischen Begriff nichts "Urlaubsmäßiges" herleiten oder die Tage als "Ferien" imaginieren, diese deutsche Konnotation von "Urlaub" schwingt da einfach nicht mit.

  • In der Tat irritiert der Begriff heutzutage. Vor 500 Jahren und davor bedeutete Urlaub aber tatsächlich die Erlaubnis, sich aus der Dienstpflicht zu entfernen.

  • Bei starken Menstruationsbeschwerden erfolgt eine Krankschreibung mit Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung.



    Wieso sollte eine darüber hinaus gehende Regelung nötig sein?

    www.frauenaerztinn...r-periode-erlaubt/

  • Wenn da mal nicht der Ploß aus Hamburg bald 2 freie Tage wg vorzeitigem Merzerguss fordert....