Diskriminierende Wohnungsanzeige: Nur mit „deutscher Abstammung“
Ein Wohnungseigentümer in Regensburg sucht Mieter – allerdings nur, wenn diese keinen Migrationshintergrund haben.
Drei Zimmer, Einbauküche und sogar eine Terrasse für 650 Euro Kaltmiete. Wer derzeit in Regensburg nach einer Bleibe sucht, ist vielleicht schon auf diese diese Online-Anzeige gestoßen. Allerdings sollte man Müller oder Meier heißen, um in die 65-Quadratmeter-Wohnung einziehen zu können. Auf Menschen mit Nachnamen wie Yilmaz oder Öztürk hat der Vermieter offenbar keine Lust. Nur „Bürger deutscher Abstammung“ mögen sich bewerben, war noch bis Dienstagmittag unter „Mietereigenschaften“ vermerkt, wie das Onlinemedium regensburg-digital berichtet.
In einer Email an die Redaktion, die der taz vorliegt, rechtfertigt das vermittelnde Immobilienunternehmen die Vorgabe des Vermieters. „(…) Sie (sollten) mal erleben, wie Wohnungen von anderen Kulturen und Traditionen gesetzlos ohne Wenn und Aber verlassen werden“, heißt es. Nach Angaben von regensburg-digital wurde die Abstammungs-Passage nach der Presseanfrage dennoch entfernt. In der aktuellen Version ist sie nicht mehr zu finden.
Dafür finden sich noch immer andere diskriminierende Vorgaben in der Anzeige. So will man beispielsweise keine Mieter mit Wohnberechtigungsschein und auch „kein Harz IV“. Dass der Autor des Beschreibungstextes das „T“ im Nachnamen des ehemaligen VW-Managers Peter Hartz vergisst, mutet besonders ironisch an, weil die künftigen Mieter über „einwandfreie Kenntnisse der deutschen Sprache in Wort und Schrift“ verfügen sollen.
Eigentlich müsste der Vermieter den Ausschluss von Menschen mit nichtdeutschen Namen gar nicht erst in die Wohnungsanzeige schreiben – faktisch werden Migranten auf dem Wohnungsmarkt ohnehin diskriminiert. Das belegt eine im Juni veröffentlichte Recherche des Bayerischen Rundfunks und des Nachrichtenmagazins Der Spiegel.
Bewerber mit türkischem und arabischem Migrationshintergrund werden demnach in jedem vierten Fall, in dem ein deutscher Interessent zu einer Wohnungsbesichtigung eingeladen wird, übergangen. In München haben Bewerber mit ausländischem Namen den Recherchen zufolge sogar nur eine halb so große Chance wie ein Deutscher ohne Migrationshintergrund, zu einer Wohnungsbesichtigung überhaupt eingeladen zu werden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Höfliche Anrede
Siez mich nicht so an
US-Präsidentschaftswahl
50 Gründe, die USA zu lieben
Bundestag reagiert spät auf Hamas-Terror
Durchbruch bei Verhandlungen zu Antisemitismusresolution
Grundsatzpapier des Finanzministers
Lindner setzt die Säge an die Ampel und an die Klimapolitik
Klimaziele der EU in weiter Ferne
Neue Klimaklage gegen Bundesregierung
Serpil Temiz-Unvar
„Seine Angriffe werden weitergehen“