Die nächste Klimaklage: Karlsruhe soll CO2-Budget anordnen
Junge Menschen und die DUH klagen gegen das bereits verschärfte Klimaschutzgesetz: Das Verfassungsgericht soll eine CO2-Obergrenze einfordern.
„Das Bundesverfassungsgericht hat letztes Jahr mein Grundrecht auf Zukunft und Klimaschutz bestätigt“, sagte Gustav Strunz aus Hamburg, einer der Beschwerdeführer bei der Vorstellung am Mittwoch. Damals hatte das höchste deutsche Gericht in einem Beschluss mehr Anstrengung in der Klimapolitik der Regierung gefordert. „Trotzdem ist die Bundesregierung ihrer Verpflichtung aus dem Grundgesetz auch mit dem aktualisierten Klimaschutzgesetz nicht nachgekommen. Deshalb ziehe ich erneut vor Gericht.“
Den KlägerInnen und der DUH fehlt auch im neuen KSG, das im Herbst 2021 verschärfte Ziele bekommen hat, vor allem ein Budget für die Treibhausgase, die Deutschland auf dem Weg bis 1,5 Grad weltweiter Erwärmung noch ausstoßen darf. An diesem „Budget-Ansatz“ hatte sich auch das Bundesverfassungsgericht bei seinem Beschluss vom 24. März 2021 orientiert.
Deshalb habe „Deutschland das ihm zustehende Budget zur Einhaltung des Pariser Klimaschutzabkommens zu beachten“, sagte Rechtsanwalt Remo Klinger, der für die DUH schon viele Urteile zu Klimaschutz und Luftreinhaltung erstritten hat und auch an der wegweisenden Klage im letzten Jahr beteiligt war. Auch im neuen KSG sieht Klinger „die Zielsetzung zu niedrig, um auch nur ansatzweise dem Pariser Abkommen gerecht zu werden.“ Deshalb verstoße auch das novellierte KSG gegen die Verfassung.
Einen solchen „Budgetansatz“ fordert von der Politik auch der „Sachverständigenrat für Umweltfragen“ (SRU), ein Beratungsgremium der Bundesregierung. Darin würde ein weltweites „Restbudget“ von Treibhausgasemissionen bis zur Erreichung von 1,5 Grad globaler Erwärmung berechnet und pro Kopf weltweit auf Staaten heruntergebrochen. Der SRU beruft sich damit auf eine Modellrechnung des UN-Klimarats IPCC.
Die Bundesregierungen der Vergangenheit haben allerdings bisher diese Rechenmethode immer abgelehnt, weil sie nicht im Pariser Abkommen angelegt ist – und sicher auch, weil sie den Spielraum der Regierung noch deutlich stärker einschränken würde: Das „Budget“ Deutschlands wäre nach diesen Rechnungen etwa 2027 erschöpft – auch das neue KSG rechnet aber erst 2045 mit „Klimaneutralität“, also mit Netto-Null-Emissionen.
Die KlägerInnen unter dem Dach der DUH kritisieren am neuen Klimaschutzgesetz noch andere Punkte: So sei bislang völlig unklar, wie eine „Lastenverteilung“ zwischen dem Bund und den Bundesländern bei Maßnahmen zum Klimaschutz aussehen müsse. Das Gesetz brauche da eine Konkretisierung ebenso wie in der Frage, wie „Senken“, also Kohlenstoffspeicher in Wäldern, Böden und Mooren, in Zukunft verbessert und angerechnet würden.
Die DUH hat konkrete Vorschläge für die Umsetzung schärferer Ziele und die Einhaltung des „Budgets“: Ein Tempolimit auf Autobahnen, Landstraßen und in Städten bringe sofort acht Millionen Tonnen CO2-Einsparung pro Jahr; die Umwandlung von CO2-speicherndem Grünland und Feuchtgebieten in Ackerböden sei zu verbieten; der Neubau von jährlich 400.000 Wohnungen müsse „klimazielkompatibel“ etwa durch ein sofortiges Verbot von neuen Gas- und Ölheizungen umgesetzt werden, so die Forderungen. Für DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch ist klar: „Wenn sich diese Bundesregierung solchen konkreten Maßnahmen verweigert, müssen wir diese auf dem Klageweg durchsetzen.“
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