Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?

Bei Pegida wird es eng im Genpool, Österreich scheitert beim Hitler-Tausch und mit dem Wiedervereinigen ist mal Schluss.

Barack Obama und Wladimir Putin trinken Sekt

Hat da jemand in den Sekt gepinkelt? Beim Prosten ist die Herrenrunde nicht glücklich. Foto: ap

taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht in der vergangenen Woche?

Friedrich Küppersbusch: Berliner Flughafen, G36, VW-Abgase … wir kriegen gar nichts mehr auf die Reihe.

Was wird besser in dieser?

Ich fühl mich hier langsam wohl.

25 Jahre ist Deutschland seit Samstag offiziell wiedervereinigt. Wie lang müssen wir noch?

Merkel, Gauck, Rammstein und das MDR-Unterhaltungsprogramm: Lassen sie uns eine Wahl? Wer hegemoniert wen? Die – zugegeben kleine – Gewinnerfraktion Ost wendet die Allheilkur gerade auf Griechenland an. Ist egal, wen ihr wählt; die Gesetze machen wir, und was im Osten Treuhand hieß, verscherbelt jetzt als „Privatisierungsfonds“ die griechischen Flughäfen an die westdeutsche Fraport. Die Frage kann man also auch andersherum stellen: Was wiedereinigen wir denn jetzt noch alles? Wenn es eine aufgeklärte Linke gibt, wäre es jetzt Zeit für so etwas Verblasenes wie eine gemeinsame Theoriebildung. Immer auf allen vieren in die Zukunft ist ja nun auch keine Perspektive.

Tja, da bietet sich schon der Gedanke an einen Wechsel in den VW-Aufsichtsrat an

Bei der UN-Generalversammlung reden US-Präsident Barack Obama und Russlands Präsident Wladimir Putin erstmals seit zwei Jahren wieder miteinander. Wen soll der „IS“ denn nun zuerst köpfen?

Das historische Schlechte-Laune-Prösterchen zwischen Barack Obama und Wladimir Putin ist die eisige Beerdigungsfeier eines Begriffs: Obamas Wort von der „Regionalmacht Russland“. Ohne im vergossenen Sekt zu rühren: Ukraine, Iran, Syrien – das war ein teurer Irrtum. Beide Seiten können sich jahrelang ihre Fehler gegenseitig referieren. Oder eben, angefangen mit dem Iran-Atomdeal, Halunkengeschäfte miteinander machen. Jeder Tote in Syrien und der Ukraine weniger macht die historische Bewertung ambivalenter. Und damit, erst damit läge der nächste, noch wahnsinnigere Vorschlag auf dem Tisch: Wer „IS“ nicht will – und das kann kein Humanist wirklich wollen –, müsste um gemäßigte Islamisten bettelnd aber mal so was von auf Knien nach Mekka.

Verteidigungsministerin Super-Uschi von der Leyen hat offenbar großzügig bei ihrer Dissertation plagiiert. Ist das nicht eigentlich scheißegal?

Tja, da bietet sich schon der Gedanke an einen Wechsel in den VW-Aufsichtsrat an.

Sie sind wieder da: Fast 10.000 Leute trugen neuerdings bei „Pegida“ wieder ihre braune Seele zur Schau. In Erfurt schreien gut 4.000 Rechte Worte wie „Judenpack“. Wie sollen wir die nur alle in die Gesellschaft integrieren?

Früher wies man auf dicke Brillen und scheele Augen hin, wenn man den inkriminierten Begriff „Inzest“ vermeiden wollte. Doch offen gesprochen: Wann wird es eng im Genpool? Wir reden über Gegenden, in denen seit 1933 im Stamm geheiratet wurde, und das erschütternde Ergebnis dieser nachhaltigen Unterfremdung läuft abends im Kreis und trägt Pappe spazieren. Der „Tag der Deutschen Einheit“ wäre willkommener Anlass gewesen, diese Zielgruppen behutsam darauf hinzuweisen, welcher Kultur sie 89 unbedingt beitreten wollten. Die SPD verteilt aktuell das Grundgesetz auf Arabisch. Das können die da doch erst recht nicht. Unser virulentestes Entwicklungsland heißt Packistan.

Bei den Landtagswahlen in Oberösterreich verdoppelt die rechtspopulistische FPÖ, in der auch Jörg Haider bis zu seinem tödlichen VW-Skandal war, ihr Ergebnis auf 30 Prozent. Wie müde lacht da wohl der Führer?

Oh Mann! Ich jetzt wieder! Die Arschkarte! Aber einer muss es tun: Weil die notorische, oft peinliche, krampfhafte und auch schon wieder völlig narzisstische „deutsche Vergangenheitsbewältigung“ immerhin einen Hauch besser funktioniert hat als die österreichische Idee, Hitler gegen Beethoven zu tauschen. Das kann man nur sehr klein und leise schreiben, weil: In der Sekunde, in der wir uns selbstgefällig auf die Schulter klopfen, wachsen da Wehrmachtsabzeichen.

Springer muss nach einem Urteil des Landgerichts Köln 635.000 Euro Schmerzensgeld an den ehemaligen Wettermoderator Jörg Kachelmann zahlen. Ist die Welt doch gerecht?

Man kann sich gegen den Affekt wehren, bereits beim Lesen des Halbsatzes loszujubeln “Bild muss zahlen …“. Doch – warum sollte man sich wehren? Von Wulff bis Kachelmann schimmert eine Argumentationslinie durch, die sinngemäß wiederholt wird: „Bist du für Bild oder gegen die Pressefreiheit“? Die Frage darf man ablehnen.

Und was machen die Borussen?

„Die Flüchtlingskatastrophe fürs eigene Image zu instrumentalisieren – das bringt nur Bild. Und „#BILD not wellcome“- Banner auf der Dortmunder Südtribüne.

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Jahrgang: gut. Deutscher Journalist, Autor und Fernsehproduzent. Seit 2003 schreibt Friedrich Küppersbusch die wöchentliche Interview-Kolumne der taz „Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?".

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