Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?
Bachmanns Hitler-Post, des Vermieters Toiletten-Fantasien und das Aus der Fernsehpreis-Aftershow-Party.
taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht in der vergangenen Woche?
Friedrich Küppersbusch: Die SPD findet Pegida doof (Generalsekretärin Fahimi) oder hört mal rein (Vorsitzender Gabriel) oder nachvollzieht deren Themen (Veteran Schily).
Was wird besser in dieser?
Die SPD erklärt sich grundsätzlich solidarisch mit allen, die Schwierigkeiten haben, sich in eine moderne Demokratie zu integrieren (Islamisten, Pegida).
Ganze zwei Tage lang zeigte das britische Boulevardblatt The Sun keine nackte Frau auf Seite 3. Nun sind die Nacktbilder schon wieder zurück. Was soll das?
Früher waren die Bilder PR, heute ihre Abwesenheit.
Pegida-Chef Lutz Bachmann postete ein Foto von sich als Adolf Hitler. Laut eigenen Angaben sollte das witzig gewesen sein. Darf Satire alles?
Sie durfte Walter Moers’ „Adolf. Äch bin wieder da!“. Und Timur Vermes „Er ist wieder da“. Und David Levys „Mein Führer“, trotz Helge Schneider. „Obersalzberg“ mit Michael Kessler. Wenn es sich zunehmend darauf reduziert, wer den stets gleichen banalisierenden Hitlerwitz macht: Dann soll halt Bachmann auch noch dürfen. Von allen Gründen, Bachmann unter Druck zu setzen, war das der dümmste. Wer auf Andersdenkende, Andersglaubende, schlicht Gott und die Welt einhasst, muss jederzeit mit Sprüchen wie „wir suchen den Dialog mit besorgten Bürgern“ rechnen. Wer einen blöden Witz zum millionsten Mal macht, wird untragbar. Ihn wegen des Hitler-Posts zu dissen sagt zwischen den Zeilen: Sonst haben wir nichts gegen ihn. Was uns bei Bild nun auch wieder nicht so sehr überrascht.
Wie das Düsseldorfer Amtsgericht entschieden hat, dürfen Vermieter keine Kaution einbehalten, wenn der Boden im Bad Spuren von Stehpinklern aufweist. Sollte man sich trotzdem hinsetzen?
Kann man eigentlich auch gegen Vermieter klagen, die ihre Freizeit mit fantasievollen Gedanken über die Toilettengewohnheiten ihrer Mieter verbringen?
Das Dschungelcamp kommt nicht so richtig in Fahrt. Langweilig, schreiben die meisten. Woran liegt’s?
Jede Nachrichtensendung ist gruseliger. Das Format atmet gerade in seinem Ekel vergangene Gemütlichkeit. Wenn RTL nicht in Richtung IS-Videos aufrüsten will, und es gäbe ein, zwei Gründe, die auch in Anbetracht der Kandidaten dagegen sprächen, ist das Format unzeitgemäß.
Die EZB kauft Staatsanleihen für mehr als eine Billion Euro. Was haben die SteuerzahlerInnen davon?
Welche? In überschuldeten Ländern Erleichterung, wenn die Regierungen die Kreditaufnahme klug umsetzen. In Deutschland Bürgschaftsrisiken und auch die Aussicht, weiterhin Waren exportieren zu können in ebendiese Länder. Angeschmiert sind eher Sparer, die – Nullzins minus Inflation – ihrem Geld beim Schmelzen zugucken können.
Laut Papst Franziskus brauchen sich Katholiken nicht wie die Karnickel zu vermehren. Zeit, aus der Kirche auszutreten?
Für Kaninchen eh. Franziskus hatte gleich zu Beginn seines Pontifikats qua weltweiter Umfrage herausfinden lassen, dass sich um die katholische Sexualmoral keine Sau resp. kein Karnickel schere. Das hilft ihm, sein Thema – Kampf gegen Armut – den leidigen Unterhosendogmen überzuordnen. Viele Menschen finden den Vatikan für Sex schlicht nicht zuständig, und der Chef des Vatikans hat da auch so seine Zweifel.
Der Deutsche Fernsehpreis wird nie wieder stattfinden, wenigstens nicht im Fernsehen. Werden Sie ihn vermissen?
Branchenweit begehrt war die Aftershow-Party, jährlicher Umschluss, Familienfest; entsprechend rigider wurden in den letzten Jahren die Regularien: Viele hatten sich die oft mehr als dreistündige Weihrauchsitzung gespart und versuchten, nur die Party hinterher mitzunehmen. Konkurrierend gibt es mitunter schrulliges Verständnis von Hochbegabtenförderung bei Grimme in Marl. Und, seit die glanzloseren Gewerke von Drehbuch bis Maske beim Fernsehpreis rausflogen, einen weiteren Preis der Fernsehakademie. Früher hatte jede Sendergruppe ihr innerbetriebliches Auszeichnungswesen („Goldener Löwe von RTL“, „Das goldene Kabel“, „Telestar“) – nun scheitert auch das Konzept vom bunten Abend der Konsensmilch. Immerhin, nach dem Krieg haben ja viele ihre Auszeichnungen weggeworfen; Fernsehpreise kann man vorerst behalten.
Und was machen die Borussen?
Wir erwägen, mit einer Wildcard nur am letzten Spieltag teilzunehmen und so überraschend Meister zu werden. Geht im Handball auch.
FRAGEN: Johannes Pitsch und Quentin Lichtblau
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
BSW in Koalitionen
Bald an der Macht – aber mit Risiko
Dieter Bohlen als CDU-Berater
Cheri, Cheri Friedrich
Selbstzerstörung der FDP
Die Luft wird jetzt auch für Lindner dünn
Hybride Kriegsführung
Angriff auf die Lebensadern
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“