Die Wahrheit: Stadtbild mit Tandoori
Donnerstag ist Gedichtetag auf der Wahrheit: Heute darf sich die geneigte Leserschaft an einem Poem über eine abfällige Kanzlerbemerkung erfreuen.
Das Stadtbild von Bad Budenrode
wirkt aus der Nähe wie gemalt.
Die Style-Boutique zeigt Fashion-Mode,
für die man nur zwei Euro zahlt.
Gerahmt wird sie rechts, links von Dönern,
daneben steht ein Laden leer.
Sein Fenster zeigt – wohl zum Verschönern –
Prospekte von der Bundeswehr.
Der Asia-Imbiss bietet Nudeln
bis zwölf mit sattem Abschlag an,
was einer Kundin mit zwei Pudeln
doch sehr beim Sparen helfen kann.
Der Tedi hat schon Weihnachtsmänner
in Grabbelkörbchen aufgebaut.
Noch sind sie nicht der große Renner,
so skeptisch, wie ein Rentner schaut.
Der macht zu dieser Morgenstunde
mit seinem Trolly an der Hand
die wöchentliche Einkaufsrunde,
geht jetzt zu einem Kaffeestand.
Dort stehen schon Malteser-Leute
und sind vom Früheinsatz zurück.
Die beiden Obdachlosen heute,
sie hatten bei dem Nachtfrost Glück.
Und während sie noch weiter chillen,
bei Nebel und Espressoduft,
scheint jemand indisch anzugrillen.
Es liegt Tandoori in der Luft.
So würzig füllen sich die Tage.
Jetzt fehlt nur noch die Müllabfuhr.
Und während ich das hier noch sage,
kommt sie schon von der Montagstour.
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