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Die WahrheitUniforme Unterhaltung

Handgestoppt: In den allermeisten Fernsehfilmen nach 19.30 Uhr, taucht ta-tü-ta-ta nach rund fünf Minuten die Polizei auf. Warum ist das so?

E in mehrwöchiger Aufenthalt in einer Rehaklinik brachte es unlängst mit sich, dass ich mir nach den täglichen Anwendungen dank eines riesigen Philips-Geräts, das mein Zimmer eher beherrschte denn möblierte, regelmäßig das abendliche TV-Angebot reinziehen konnte.

Auf diese Weise habe ich seit Langem mal wieder das lineare Primetime-Programm von ARD und ZDF checken können. Und siehe da: Was sich zunächst als frappierender Eindruck aufdrängte, verdichtete sich schnell zur verstörenden Erkenntnis.

Tatsächlich, so ergaben meine teils handgestoppten, teils grob geschätzten Zeitnahmen, dauert es in den allermeisten der nach 19.30 Uhr ausgestrahlten Filme und Serienepisoden oft keine fünf Minuten, bis erstmals der Schriftzug POLIZEI im Bild auftaucht. Sei es auf einem Peterwagen, auf dem Overall eines Ermittlers, auf dem Helm eines Scharfschützen, der Hasskappe eines stürmenden Elite-Polizisten oder an einem Schiffsbug der Wasserpolizei.

Am häufigsten jedoch sind es diese schwarzen, mit Leuchtstreifen abgesetzten Schutzmann-Uniformen, deren Träger und Trägerinnen die Buchstabenfolge POLIZEI über den gesamten Filmverlauf präsentieren. Angebracht entweder auf den Mützen- oder Brustschildern oder den Rückenpartien ihrer Beamtentracht, aber stets in diesen immer fetten, weißen Versalien: POLIZEI.

Überall muss ein Polizist dabeisein

Was das zu bedeuten hat? Dass offenbar in den allermeisten deutschen TV-Produktionen immer mindestens ein Polizist mitspielen muss. Meistens sind es sogar gleich mehrere, die dann – um nur ein paar aktuelle Titel zu nennen – in „Großstadtrevier – St. Pauli“, „In aller Freundschaft“, „Wolfsland“, Harter Brocken“, „WaPo Bodensee“ oder „Tatort“ (alle ARD) beziehungsweise in „Die Rosenheim-Cops“, „Die Chefin“, „Soko Wismar“ oder „Helen Dorn“ (alle ZDF) in einer Tour auftreten.

Und beinah ausnahmslos, nein immer sind sie als sympathische, hilfsbereite, rundum ausgeschlafene und vertrauensselige Figuren angelegt. Als ob so was wie in internen Chats rumhetzende Rechtsradikale, zu nervigen Belehrungen neigende Daddytypen oder brutale Schläger partout nicht vorstellbar sind in den Polizeidienststellen von ARD und ZDF.

Bleiben zwei Fragen. Warum? Und: Was soll das? Zwei mögliche Antworten: Das Sicherheitsbedürfnis hierzulande ist mittlerweile so aufgeheizt, dass sogar durch die Spielhandlungen deutscher Fernsehfilme ständig Polizisten pa­t­rouil­lie­ren müssen. Und zwotens: Den TV-Machern fällt einfach nichts anderes ein als immer nur Polizei, Polizei, Polizei. Als ob es keine anderen Berufe gäbe. Heizungsbauer zum Beispiel. Oder Excel-Listen-Spezialistin.

Ein kurioser Nebeneffekt meiner verstärkten Beobachtung des deutschen Primetime- beziehungsweise Polizeigeschehens ist übrigens, dass, wann immer ich jetzt Polizisten begegne, sofort denken muss: Ah, Dreharbeiten. Das deutsche Fernsehen produziert mal wieder frischen deutschen Unterhaltungsstoff.

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Fritz Tietz
Autor & Spezialist
Seit zig Jahren Wahrheit-Autor, schreibt, filmt und macht Radio für verschiedene Medien.
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