Die Wahrheit: Merz und das Kroppzeuch
Now we are talking: Die libertäre CDU sollte sich jetzt bloß keinen Rückzieher mehr leisten beim Merz’schen Fünf-Punkte-Plan. Fuck the Grundgesetz!
I mmer wieder frage ich mich, warum die CDU-Spitze so inkonsequent ist. Dabei sieht es zwischendurch oft so aus, also seien der Parteivorsitzende und Kanzlerkandidat Friedrich „Brandmauer“ Merz und sein Generalsekretär Carsten „Schnellgericht“ Linnemann auf dem richtigen Weg. Und dann machen sie leider wieder einen Rückzieher.
Sicher, der Merz’sche Fünf-Punkte-Plan, über den noch in dieser Woche im Bundestag abgestimmt werden soll, ist schon nicht übel. Zur Erinnerung: Die CDU will Kontrollen an allen Grenzen und die Zurückweisung aller Menschen ohne gültige Einreisepapiere. Auch wenn sie Asyl beantragen. Abschiebungen sollen nun „täglich“ stattfinden, auch nach Syrien und Afghanistan. Um das zu garantieren, sollen ausreisepflichtige und straffällige Ausländer vorher inhaftiert werden. In neu zu bauenden „Bundesausreisezentren“. So weit, so prima.
Aber selbstverständlich wird es erst jenseits dieser Punkte sicherheitspolitisch richtig interessant. Und es ist ja nicht so, dass Merz und Linnemann nicht schon radikalere Ideen gehabt hätten. So forderte Merz Anfang Januar, man solle Straftätern mit Doppelpass die deutsche Staatsangehörigkeit entziehen. Und sie dann ebenfalls abschieben. Das nenne ich mal eine libertäre Idee: Fuck the Grundgesetz!
Linnemann konkretisierte dann in der vorigen Woche so ganz nebenbei, was man in der CDU unter „Straftätern“ versteht: Er erklärte, man sollte Menschen auch schon deportieren, wenn man sie zwei Mal beim Schwarzfahren erwischt hat. Now we are talking!
Radfahrer ohne Helm abschieben
Aber warum an dieser Stelle aufhören und die Dynamik stoppen? Genau hier muss die CDU meiner Meinung nach konsequent weiterdenken. Wenn man Ausländer nach dem zweiten Mal Schwarzfahren des Landes verweisen kann, dann vielleicht auch migrantische Autofahrer ab dem ersten Punkt in Flensburg? Oder Radfahrer ohne Helm? Ohne funktionstüchtige Luftpumpe? Oder die englischsprechenden Berliner Expat-Kellner und die in Badehose duschenden orientalischen Fitnessclub-Besucher, die Jens Spahn so ärgern?
Und – meine Güte, was soll der Geiz? – wenn man erst mal angefangen hat, kann man dann auch alle anderen Ausländer rausschmeißen. Erst die Nicht-EU-Bürger, dann auch Italiener, Spanier, Portugiesen et cetera. Raus mit dem Kroppzeuch!
Wer die Pläne von Merz und Linnemann allerdings konsequent zu Ende denkt, der kann und darf an dieser Stelle nicht aufhören. Der muss dann auch über seinen eigenen rassistischen Schatten springen und deutsche Straftäter ebenfalls des Landes verweisen. Da aber viele Straftaten Ersttaten sind, also von bis dahin unbescholtenen Bürgern begangen werden, muss man in einem letzten finalen Schritt eben alle Deutschen abschieben! Zum Beispiel nach Österreich. Erst wenn der letzte potenzielle Verbrecher das Licht ausgemacht hat – dann endlich ist Deutschland sicher.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Merz bricht Tabu
Die Abrissbirne der Demokratie
Antrag gegen Migration im Bundestag
Über die Merzgrenze
Antrag auf ein Parteiverbot
Merz ist kein Opfer der AfD
Bundestagsabstimmung gegen Migration
Die Ja-Sager und die Nein-Sager
Merkel zur CDU-Kooperation mit AfD
Merkel rügt Merz
Antrag auf AfD-Verbot
Die Zivilgesellschaft macht Druck