Die Wahrheit: Der Videot und seine Follower

Einige Anmerkungen zum allgegenwärtigen Fernsehdauergast Wolodomir Selenski und seinen sehr erfolgreichen TV-Predigten.

Wolodomir Selenski auf einem Videoschirm

Wolo so far, you’re a video star Foto: AP

Er ist der Herzbube im Kriegsquartett „Putins Krieg“, er ist Warlord wider Willen und der heimliche Posterboy aller Kriegslüsternen aus der grünen Mitte: Wolodomir Selenski. Aber was er ebenfalls ist: der Videot. Kein Fernsehevent der westlichen Welt ohne Schalte nach Kyjiw, keine Liveübertragung ohne die TV-Predigt des großen Waffennarrs aus der Ukraine.

Von Hollywood bis zur Berlinale, vom EU-Parlament bis zur Münchener Sicherheitskonferenz, überall wurde er zugeschaltet, um für ordentlich Kitzel, Tränen und Emotionen zwischen Betroffenheit und Vergeltungslust zu sorgen. Nichts und niemand ist vor ihm sicher – der kommende ESC samt Vorentscheide nicht, nicht die „Sesamstraße“, nicht das taz lab und schon gar nicht die alltäglichen Redaktionskonferenzen der überregionalen Zeitungen und Zeitschriften zwischen Hamburg und Berlin, München und Wien.

Und, das soll der Neid ihm lassen: Er ist damit sehr erfolgreich. So erfolgreich, dass fast jede seiner Forderungen nach noch mehr Waffen im Handumdrehen erfüllt werden und in weiten Kreisen der hiesigen Öffentlichkeit bereits eine Stimmung herrscht wie weiland im kriegsherrlichen Sommer 1914. Helle Kriegsbegeisterung aller Orten!

Schon haben sich erste Internationale Brigaden gebildet, zumindest aus Deutschen und Österreichern, das Kommando Rapp und die Gruppe Misik/Menasse üben sich zumindest vom Schreibtisch aus schon mal im heftigen Gefecht mit den feigen, verlogenen und egoistischen Altpazifistinnen der Gegenseite. Niemand weiß, woher diese Begeisterung der K-Gruppen – K wie Kleinkrieg – für ein ordentliches Gemetzel mit den Russen herrührt, es wird irgendwas zwischen Nepotismus und Napoleon-Komplex sein.

Glanzvoller Videostern

Dass der große Selinski jetzt Streubomben und im nächsten Schritt Nuklearsprengköpfe für seine bald eintreffenden Raketen fordert, macht ihn aber nicht zum Beschaffungskriminellen, sondern lässt seinen Videostern nur noch glanzvoller erscheinen, auf welchem Screen auch immer. Moment, Atomwaffen? Die Russen haben schließlich auch welche!

Verhandlungen mit dem Bösen sind sowieso vom Tisch. Oder besser, sie werden erst dann geführt werden können, wenn einer der Beteiligten schon unterm Tisch liegt oder die ganze Tafel wie die Freiheitsstatue im „Planet der Affen“ einsam am Strand liegt, natürlich nur am Schwarzmeerstrand. Mit Terroristen wird nicht verhandelt. Da sind Selinski und seine Follower ganz alte Schule.

Fragt sich nur, was der große Selinski nach dem großen Sieg machen wird. Landung mit der Cessna auf dem Roten Platz, live auf Tiktok? Ja, das hätte was.

Unterdessen wurde geleakt, dass der Narrische aus Moskau sich auch den Belarus einverleiben will, bis spätestens 2030. Alexander Lukaschenko hat sich vorsichtshalber schon eine Webcam und einen Satz olivgrüner Shirts besorgt. Ob er aber dabei das Sexappeal des großen Videoten ausstrahlt, sei dahingestellt.

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kari

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